Doch wie klingt der Titeltrack des aktuellen Albums Wolf’s Cry denn nun mit dem Brooklyn AMP, statt meiner NAD-Endstufe? Kurz gesagt, detailreicher, präziser und etwas „aufgeräumter“, aber auch etwas weniger nachdrücklich und gewaltig. Ich habe das Gefühl, dass der kleine Digitalverstärker meine Lautsprecher etwas mehr im Griff hat und davon vor allem der Mittel- und Hochtonbereich profitiert. Die Natürlichkeit der Instrumente legt deutlich zu, wahrscheinlich da ihre Obertöne stärker herausgearbeitet werden. Einzelne Trommelanschläge kann ich eindeutiger und plastischer heraushören, die Verarbeitung von schnellen Impulsen scheint dem Brooklyn zu liegen. Die Durchzeichnung der Becken ist die bisher beste, die ich in meinem Setup gehört habe – und das mit einem Klasse-D-Verstärker! Sie schimmern unglaublich angenehm und seidig aus dem Mix heraus, ohne dass man das Gefühl einer Höhenanhebung hat. Der Gesamtklang erscheint allgemein etwas differenzierter als mit meinem NAD, sich jedoch eher in die Tiefe und weniger in die Breite öffnend. Die verschiedenen Instrumente scheinen klarer voneinander getrennt und ihre klangliche Ausdehnung ist etwas schärfer umrissen. Trotzdem musizieren sie nicht teilnahmslos nebeneinander her, sondern verfügen immer noch über genügend Zusammenhalt. Das Bandgefüge scheint nur nicht ganz so aus einem Guss, wie der NAD es zu reproduzieren vermag. Schlussendlich benötigt der kleinere der beiden Verstärker etwas mehr Dampf von der Vorstufe, um eine identische Lautstärke abzuliefern.
Das als nächstes gehörte Stück stammt vom Album Day Is Done des Brad Mehldau Trios und ist eine Neuinterpretation des Radiohead Songs „Knives Out“. Zwar habe ich das Stück immer sehr gemocht, jedoch ist es mir nie als akustischer Leckerbissen aufgefallen. Die Abmischung gerät im Vergleich zu Jazz-Klassikern recht modern und erschien mir immer leicht artifiziell. Der Brooklyn AMP belehrt mich jedoch eines Besseren: Der Klangfarbenreichtum der einzelnen Instrumente verblüfft mich über die Maße, das wiederum präsente Singen der Becken, der fein aufgelöste Obertongehalt des Klaviers und die Körperhaftigkeit des Kontrabasses habe ich vorher so noch nicht wahrgenommen. Das Stück erhält eine mitreißende Dynamik und das Album steigt deutlich in meinem Ranking der aufnahmetechnisch hörenswerten Alben, musikalisch hörenswert ist es allemal. Nach einigen getesteten Mytek-Produkten beginnt sich für mich langsam eine Art charakteristischer „Mytek-Sound“ zu manifestieren: geprägt von hohem Detailgrad und einer enormen Fülle an Klangfarben, gepaart mit einer gut kontrollierten Portion Kraft im Frequenzkeller. Dabei wirkt er an keiner Stelle übertrieben oder überbetont, und genau das ist es, was in Verbindung mit der Preisgestaltung meine Begeisterung für Mytek befeuert. Die Wiedergabe ist stets neutral, jedoch nie analytisch oder gar langweilig. Ich kann ebenso stundenlang sinfonischen Konzerten lauschen, mir Gitarrenriffs um die Ohren pfeffern lassen oder Mixentscheidungen treffen.
Jedes einzelne Instrument kommt perfekt zur Geltung und kann seinen charakteristischen Klang voll ausspielen – ganz egal in welchem musikalischen Genre ich mich bewege. Besonders hat mich bei allen Mytek-Produkten jedoch die Wiedergabe von Streichern begeistert. Was läge also näher, als Barbers „Adagio for Strings, Op. 11“ zu lauschen? Persönlich sagen mir die Interpretationen von Leonard Bernstein sehr zu. Die Aufnahme gemeinsam mit den New York Philharmonikern ist für mich noch etwas ergreifender als andere Aufnahmen. Außerdem enthält sie einen sehr präsenten Hochtonbereich und vermittelt den Klang der Streicher direkter, wenn auch weniger raumfüllend, als beispielsweise die Aufnahme mit den Los Angeles Philharmonikern. Mir persönlich gefällt genau dieser unnachgiebige Klang und ich weiß, dass es keine leichte Aufgabe wird, die Aufnahme zufriedenstellend zu reproduzieren. Doch tatsächlich gerät der Klang wohlgefälliger, als ich erwartet hatte, dennoch fehlt den Streichern keineswegs die leicht energische Note, die in manchen Aufnahmen und in manchen Ketten mitunter verloren geht. Obwohl die Aufnahme deutlich angenehmer reproduziert wird als erwartet, habe ich dennoch nicht das Gefühl, dass hier beschönigt wird. Ganz im Gegenteil, erstmalig wird mir das Konzert dargeboten, wie es eigentlich sein soll: ausgewogen, strahlend, so präsent wie die Aufnahmetechnik es vorsieht und mit einem umfassend durchgezeichneten Obertonspektrum. Der Brooklyn AMP und mein Brooklyn DAC+ sind tatsächlich ausgezeichnete Spielpartner. Gemeinsam laufen sie zu Höchstform auf. Bedenkt man den Phono-Eingang des Wandlers oder die Streamingfähigkeit der ebenfalls von mir getesteten Brooklyn Bridge, so erhält man für um die 5.000 bis 6.000 Euro eine fantastisch spielende Wandler-, Vorstufen, Endstufenkombi, die keine Wünsche mehr offen lässt.