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Transrotor Jupiter mit Ausbau-Optionen – Teil 1

16.11.2015 // Wolfgang Kemper

Der Jupiter kostet in der einfachen Komplett-Ausstattung mit dem S-förmigen Transrotor TR 800-S Tonarm (baugleich mit Jelco SA-250) und einem Goldring Elektra MM-Tonabnehmer 2500 Euro. In dieser Ausführung steht er hier zum ersten Hörtest. Es ist ein Weilchen her, dass ein Transrotor-Plattenspieler in meinem Musikzimmer stand – den Crescendo testete ich im Dezember 2012. Nicht nur daher habe ich für den Transrotor eine ganz bestimmten Klang-Schublade im Kopf: Ich assoziiere die Marke mit einem angenehm ruhigen, entspannenden Charakter. So war ich denn nicht wenig perplex, als ich die ersten Takte vernahm. Auf dem Teller lag die B-Seite von Captured for Good. Joo Kraus und das Tales In Tones Trio beginnen mit ihrer Version von Peter Gabriels „Sledgehammer“. Ich hörte ein eher schlankes, knackiges Klangbild mit extrem viel Drive. Der Sound passte irgendwie zum Titel des Stückes, weil richtig Punch in der Musik lag. Die Auflösung und Durchhörbarkeit war überraschend hoch und der Spaßfaktor vor allem wegen der forschen, dynamischen Gangart richtig hoch. Das Goldring Elektra kostet lediglich 135 Euro – separat, wenn man es nicht im Bundle kauft. Dem System allein will ich diesen musikalischen Auftritt nicht zuschreiben. Es muss auch die besondere Konstruktion des Jupiter damit in Verbindung stehen. Zur Wahrheitsfindung baute ich umgehend mein Clearaudio Da Vinci ein, weil es vom Klang-Timbre dem Elektra ähnelt und mir sehr vertraut ist, da ich es gern und oft benutze. Meine Ahnung bestätigte sich: Sofort waren die typischen Charakterzüge des Clearaudio unüberhörbar. Selbstredend spielte es auf einem anderen Niveau – bei beinahe dreißig-fachem Preis. Die Unterschiede waren in allen Bereichen deutlich. Ebenso klar und doch etwas überraschend war die Erkenntnis, dass der preisgünstige Transrotor-Tonarm gar nicht übel musiziert. Beinahe alles, was ich am Da Vinci zu schätzen weiß, brachte er zu Gehör. Es wurde offenkundig, dass der Drive und die dynamische Spielfreude eindeutig ihre Ursache im Jupiter-Laufwerk haben. An vielen anderen Laufwerk-Tonarm-Kombinationen konnte das Da Vinci nicht so explosiv und impulsfreudig aufspielen. Bei klassischer Musik – ich hatte da Herbert von Karajans DG-Einspielung mit den Berliner Philharmonikern mit Mussorgsky-Ravels Bilder einer Ausstellung auf dem Plattenteller – war der Hochtonbereich jedoch etwas harsch und wurde lästig. Die Ursache lag nahe. Zu dem preiswerten Tonarm kann logischerweise kein besonders hochwertiges Anschlusskabel gehören. Eigentlich hätte ich dessen rote Ummantelung schon als Warnsignal interpretieren können. Da für diesen Test auch ein Transrotor-SME 5009 Tonarm als weitere Ausbau-Option geliefert wurde, ersetzte ich das signalrote Kabel am TR 800-S Tonarm durch das hochwertige Silber-Kabel des SME-Armes, das aus dem Hause van den Hul kommt. Dies war genau das, was das Defizit aufhob. Jetzt war auch oben herum Glanz und Feinsinnigkeit zu vernehmen.

Ordentliche Arbeit in klanglicher Hinsicht leistet der preisgünstige Tonarm
Ordentliche Arbeit in klanglicher Hinsicht leistet der preisgünstige Tonarm

Inzwischen hatte ich etliche Stunden lang vielfältiges Plattenmaterial gehört und der Umgang mit dem Jupiter machte mir richtig Freude. Dadurch, dass der sechzig Millimeter hohe Teller linksseitig über den Rand des Chassis hinaus seine Runden dreht, kann ich ihn nach dem Stoppen des Motors per Taster prima manuell abbremsen, indem ich einfach in den Teller unten hineingreife. Ansonsten läuft der Teller dank hervorragender Lagerung und beachtlicher bewegter Masse lang nach. Bei der beschriebenen Art zu bremsen bleibt auch die glänzende Oberfläche außen von Handabdrücken verschont. Von unten ist der Teller Transrotor-typisch mit einem Rillenprofil zur Resonanz-Vermeidung versehen. Zum Lieferumfang des Jupiter gehört übrigens auch das edle Plattengewicht zum Beschweren und Andrücken des Vinyls. Oben im Teller ist die Transrotor-Teller-Auflage aus Acryl-Komposite eingelassen, einem Material mit Eigenschaften, die denen des Vinyls ähneln. So ist das Eigenresonanz-Verhalten von Teller-Oberfläche und Schallplatte in hohem Maße harmonisiert. Gelagert ist der Teller in einem invertierten Gleitlanger im Ölbad mit enger Toleranz.

Das Elektra ist ein MM Tonabnehmer und macht seine Arbeit nicht schlecht. Dennoch ist es nur als vorübergehende Einstiegs-Option akzeptabel, da Laufwerk und Tonarm musikalisch viel mehr können
Das Elektra ist ein MM Tonabnehmer und macht seine Arbeit nicht schlecht. Dennoch ist es nur als vorübergehende Einstiegs-Option akzeptabel, da Laufwerk und Tonarm musikalisch viel mehr können

Um wieder zur Musik zurückzukehren: Ich konnte mich nicht bremsen, den Transrotor Figaro Tonabnehmer anstelle des Clearaudio einzubauen. Der Figaro war bereits im besagten Transrotor-SME Tonarm vormontiert und eigentlich mit dem SME zusammen als maximale Ausbaustufe dieses Tests vorgesehen. Dirk Sommer testete das Figaro bereits im Juni , deshalb beschreibe ich es hier nicht näher. Es ist sicher etwas ungewöhnlich, in einen so preisgünstigen Tonarm einen Tonabnehmer einzubauen, der mit stolzen 2500 Euro zu Buche schlägt. Aber ich war neugierig, angetan von dem bereits Gehörten und wollte es einfach wissen. Im Übrigen hatte ich ja den Wert des TR 800-S Tonarm durch das klanglich klar überlegene SME Tonarmkabel schon deutlich nach oben korrigiert. Nebenbei bemerkt, harmonieren alle drei Tonabnehmer mechanisch problemlos mit dem TR 800-S. Die jeweiligen Eigenresonanzen liegen stets im idealen Bereich und das horizontale Abtast-Verhalten bei 315 Hertz ist einwandfrei. Das Figaro tastete auf Anhieb 80 Mikron ab und versetzte mich musikalisch sofort in Begeisterung. Ich gestehe, Tonabnehmer in dieser Preisklasse höre ich nicht alle Tage. Bei der Musikalität und Klanggestaltung des Figaro frage ich mich jedoch: Warum eigentlich? Ja, ein Tonabnehmer ist ein Verschleißteil und muss auch irgendwann überholt werden. Zudem ist er mehr als andere HiFi-Komponenten mechanischen Zerstörungs-Risiken ausgesetzt. Nur, was an dieser Stelle möglich ist, gibt zu denken. Gegenüber dem deutlich teureren, aber auch in die Jahre gekommenen Da Vinci, gestaltete das Figaro die Musik auf frappierende Weise neu: in puncto Plastizität der Instrumente, räumliche Anordnung und Festigkeit und besonders faszinierend in den Klangfarben – betörend. Dagegen wirkte alles andere zuvor beinahe blutleer.


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