So musste es ja kommen: Nach edlen Kopfhörern und speziell dafür entwickelten Verstärkern zu Summen, die nicht Hifi-affine Menschen vielleicht gerade einmal für Fernseher und Musikanlage zusammen zu investieren bereit sind, wurden vor einiger Zeit auch hochwertige Kabel in diesem Bereich zum Thema. Eines davon ist das Incanto von Portento Audio.
Wie mir Carsten Hicking, Mitinhaber des audionext-Vertriebes und dadurch mit dem aktuellen Kopfhörer-Boom bestens vertraut, erzählte, sind auch einige Kopfhörer-Fans gegenüber den üblichen Hifi-Exzessen nicht immun: Da darf die gerade angesagte High-End-Strippe schon mal teurer sein als der ganze Kopfhörer. Aber es soll ja beim heimischem Hobby durchaus auch hin und wieder vorgekommen sein, dass der Gesamtpreis für die Verkabelung den der Gerätschaften überstieg. Zumindest Besitzer von Audeze-Schallwandlern laufen mit den Portento-Kabeln nicht Gefahr, die Verhältnismäßigkeit aus den Augen zu verlieren: Egal ob mit vierpoligem Neutrik- oder 6,3-Millimeter-Klinkenstecker von Furutech konfektioniert kosten zweieinhalb Meter Incanto 300 Euro. Da das andere Ende mit Mini-XLRs von Neutrik bestückt ist, passen die Kabel lediglich zu den größeren LCD-Modellen von Audeze und nicht zur neuen, deutlich erschwinglicheren EL-8-Serie, die ja mit einfacheren Steckverbindungen ausgestattet ist. Damit ist – wie gesagt – ein preisliches Missverhältnis zwischen Kopfhörer und Incanto schon mal ausgeschlossen, obwohl ich nach über 20 Jahren High End auch ein Kabel für 300 Euro für einen Schallwandler zum Preis von 850 Euro nicht unvernünftig fände, wenn es denn klanglich noch einmal einen enormen Fortschritt bringt.
Die Leiter des Portento sollen aus Kupfer und Silber bestehen, und die Stelle, bis zu der die Kabel gemeinsam geführt werden, bevor sie für die rechte und linke Ohrmuschel getrennt werden, wird von einem gedrehten Stück Aluminium verstärkt. Sehr praktisch sind die laut Produktinformation Laser-gravierten Kanalbezeichnungen auf den Mini-XLRs, die im Gegensatz zu den kleinen, nur in grellem Licht zu identifizierenden schwarz in schwarz herausgearbeiteten Buchstaben beim Original-Kabel gut zu erkennen sind. Material und Verarbeitung des Incanto machen einen sehr guten Eindruck. Kein Wunder, denn der italienischen Hersteller Portento Audio nimmt für sich in Anspruch, für seine handgefertigten Kabel nur sorgfältig ausgesuchte Materialien höchster Qualität zu verbauen. Dies geschehe, um den musikalischen Inhalten zu dienen und eine zu Herzen gehende, grundsolide und dennoch aufregende Wiedergabe zu bieten. Portento hat Lautsprecher-, NF-, Netz- und USB-Kabel im Angebot. Ein Netzfilter und ein Stromverteiler runden das Lieferprogramm ab, das seit kurzen eben auch individuell gefertigte Kabel für verschiedene Kopfhörer von Audeze, Sennheiser und AKG umfasst.
Um mich nicht auf eine Anschlussart festzulegen, schickte Audionext zwei Incantos, eines mit dem üblichen Klinkenstecker und ein zweites mit einem vierpoligen XLR-Stecker für den symmetrischen Betrieb. Für den Test lieferte der Melco-Audio-Player die digitalen Signale an den superben Chord Hugo TT, dessen symmetrische Ausgänge mit dem Bryston BHA-1 Kopfhörerverstärker verbunden waren. Zuerst hörte ich den LCD-X mit den unsymmetrischen Incantos: Es betreibt keinerlei Effekthascherei. Wer also auch einen Dr Dre Beats in seiner Sammlung hat, sollte vom Incanto lieber die Finger lassen. Denn es offenbart seine Fähigkeiten nicht beim ersten schnellen Umstöpseln. Ich habe die Kabel beim Köln Concert zwei Mal gewechselt, bis ich mir sicher war, dass das Portento das musikalische Geschehen vor einem schwärzeren Hintergrund präsentiert, vor dem feindynamische Nuancen dann deutlicher hervortreten. Tonal bewegt es sich eher auf der etwas dunkleren Seite, was langes Hören angenehmer macht. Dagegen wirken die Audeze-Kabel ein ganz klein wenig scharf, wie mit künstlich aufgesetzten Glanzlichtern versehen und minimal weniger feinzeichnend.
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