Der Vollverstärker The Tune der Bochumer Edelschmiede ist die preiswerteste Option, einen Einstein-Verstärker zu besitzen. Macht er musikalisch eine ebenso gute Figur wie die edlen Großen? Und wie gut ist der brandneue, integrierte DAC, den wir als erste testen?
Ein Kompromiss muss es sein. Wie sonst kann der musikalische Anspruch der kreativen Entwickler im Hause Einstein umgesetzt werden? Dort zeichnet Uwe Gespers vor Volker Bohlmeier und Rolf Weiler für The Tune verantwortlich. Im Unterschied zu den kostspieligeren Einstein-Verstärken ist The Tune ohne Röhren aufgebaut. Schon das Entpacken des Vollverstärkers wird zum Erlebnis. Weiße Handschuhe mit Strickmanschette gehören zur Ausstattung, ebenso wie ein Pad zum Ablegen der schweren und hochwertigen Fernbedienung. Der Auspack-Vorgang weckt durchaus die Assoziation zum In-Empfang-Nehmen eines lang erträumten Neuwagens in einem noblen Autohaus. Besitzerstolz ist programmiert. Hat man die Schaumstoff-Hülle von The Tune abgelegt, gefällt das fein gearbeitete mattierte Aluminium-Gehäuse mit der traditionellen Einstein Acryl-Front. Der Einstein-Schriftzug ist dezent aber unübersehbar mittig in die Gehäuseabdeckung graviert. Die besteht aus einem Aluminium-Sandwich, um Resonanzen zu unterbinden. Auch unter Vernunft-Aspekten ist das matte, edle Aluminium-Kleid gegenüber den verchromten Chassis der großen Einsteins sicher im Vorteil – wenn es um die Pflege geht.
Man kann hinschauen, wohin man möchte: Allein die gediegen glänzenden, justierbaren Füße mit Gummi-Stellfläche zeugen von Liebe zum Detail. Die Lautsprecher-Anschlüsse für Bananas, Gabelschuhe oder freie Kabelenden sind auffällig solide. Sogar der Schraub-Anschluss für ein Erdungskabel (Phono) ist von ungewohnter Größe und Griffigkeit. Unterhalb der vier Lautsprecher-Anschlüsse befindet sich der harte Netzschalter. Im späteren Umgang wird sich zeigen, dass The Tune nur mit ihm ein- oder ausgeschaltet werden kann. Eine Betriebsart Standby haben die Bochumer nicht implantiert. Die Platzierung des Schalters empfinde ich als etwas unkomfortabel, wenn der Verstärker nicht frei aufgestellt sein kann. Also frage ich doch gleich mal nach und bekomme von Firmenchef Volker Bohlmeier dazu diese Erklärung: „Ja, natürlich hat das auch einen Grund. Wir haben die Netzverdrahtung bewusst so kurz wie möglich gehalten, um Störeinstrahlungen aus dem Lichtnetz weitgehend zu vermeiden. Es wurde darum auch ein Netzschalter mit eingebautem Netzentstörfilter verwendet. Ferner baut das gesamte Verstärkerkonzept auf eine spezielle Anlaufschaltung auf, die einen weichen, Bauteile schonenden Einschaltvorgang ermöglicht. Da wir kein Ausgangsrelais im Lautsprecherpfad haben, muss das auch so sein, um ein Einschaltknacken über den Lautsprecher zu verhindern oder extrem zu minimieren. Prinzipiell wäre eine Fernsteuerung des Netzschalters möglich, jedoch müssten dazu Schaltungssektionen im Gerät dauernd in Betrieb gehalten werden und dementsprechend Verschleiß unterliegen. Ferner fordert der Gesetzgeber heute, dass die Leistungsaufnahme in diesem Betriebszustand unter einem Watt liegen muss, was bei Verwendung des Touch Panels nicht realisierbar ist.“ Demnach dient also die Position des Schalters einem höheren Ziel. Hätte man ihn nach vorn, beispielsweise unter die Fronplatte gelegt, wären Kabelumwege zwingend nötig gewesen. Und genau dies soll vermieden werden. Volker Bohlmeier empfiehlt denjenigen The-Tune-Besitzern, die mit dem rückwertigen Kippschalter nicht zu Recht kommen, eine schaltbaren Netzleiste. Auch ich schalte meine Anlage über eine MudrAkustik Max Netzleiste und empfinde schon deshalb den Vorschlag als sehr praxisgerecht.
Die Rückseite von The Tune beherbergt natürlich sämtliche Anschlüsse für die Peripherie-Komponenten. Die Eingänge sind allesamt in Cinch ausgeführt. Symmetrische Eingänge offeriert The Tune nicht. Folgende vier RCA Eingänge sind vorhanden: Phono-MC-(high Output) oder -MM, CD, Tuner und Line. Letztere drei sind gleichwertige Hochpegel-Eingänge. Ein Paar Cinch Ausgänge namens Output ist wahlweise konfigurierbar. Mittels entsprechendem Umsetzen je eines Jumpers pro Kanal im Inneren des Gerätes ist wahlweise eine feste Ausgangsxpannung oder ein vom Lautstärkeregler abhängiges Ausgangssignal (Ausliefer-Zustand) einstellbar. Das ist leicht zu machen, wenn man weiß, wo sich die beiden Jumper befinden. Die Bedienungs-Anleitung gibt dies nicht an. Der Fachhändler oder der Kontakt zu Einstein bringt da bei Bedarf Klärung. Die Werkseinstellung (Lautstärkeregler-abhängig) ist ohnehin wohl die gebräuchlichere. So kann ein Subwoofer oder eine weitere Endstufe für das horizontale Bi-Amping (eine Endstufe Bass links und rechts, eine Endstufe Mittel-Hochton links und rechts) angesteuert werden. Ein Umschalten der Output-Charakteristik auf nicht geregelten Pegel macht Sinn für ein Aufnahme-Gerät.