Jetzt, nach ein paar Tagen, ist ein Teil der Begeisterung verschwunden, die ein ganz eigenes Merkmal dieses Verstärker zu sein scheint, und ich kann versuchen, mich auf die Hifi-typischen Aspekte des Klanges zu konzentrieren: Was mich am meisten beeindruckt hat – natürlich von dem, was ich oben beschrieben habe, einmal abgesehen – war eine realistische, nahezu greifbare Klangbühne. Sie wirkte so realistisch, weil sie sich bei jeder Aufnahme anders darstellte. Es gibt viele Geräte, die beispielsweise eine riesige Bühne bieten – unabhängig davon, wie sie bei der Aufnahme aussah. Aber hier war es, als ich Jazz at the Pawnshop spielte, fast offensichtlich, dass sich die Musiker auf der kleinen Bühne des Pawnshop-Club drängelten. Obwohl jedes Instrument dabei die richtige Größe hatte, richtig auf der Bühne platziert war und auch die Abstände zwischen den eng gedrängten Instrumenten schön definiert waren, erlaubte mir die hervorragende Durchzeichnung des Souga, den Klang desjenigen Instruments zu genießen, auf das ich mich in gerade diesem Moment konzentrierte. Wenn ich aber meine Lieblingsversion von Carmen oder The last seven words of Christ on the cross hörte, dann war die Bühne riesig, weil beide Aufnahmen in großen Sälen gemacht wurden (bei letzterer war es, um genau zu sein, eine Kirche).
Ich war einfach begeistert von dem, was der Souga zu bieten hatte, angesteuert von einem Vitus auf „Einsteiger-Niveau“. Der RD-100 ist eine Neuheit des dänischen Herstellers und entstammt der Reference-Linie. Aber laut Ole Vitus ist „Reference“ erst der Anfang dessen, was seine Firma zu bieten hat – und deshalb „Einsteiger-Niveau“. Egal – es klang sehr gut, aber da war preislich noch ein großes Missverhältnis zwischen dem RD-100 und dem Souga. Deshalb wollte ich noch mal etwas anderes probieren. Ich entschloss mich, meinen eigenen ModWright LS100 Vorverstärker zwischen Vitus und Kondo auszuprobieren. Das veränderte den Klang der Kette, war aber eher ein klangliche Alternative als ein eindeutiger Fortschritt. Der Klang wurde ein bisschen wärmer, ich denke, auch ein wenig geschmeidiger, verlor aber gleichzeitig auch einen Hauch seiner großen Transparenz und Klarheit. Da ich keine Gelegenheit hatte, eine Kondo Vorstufe auszuleihen, bat ich meinen Freund Jacek, den stolzen Besitzer von Reimyo-Komponenten, um einen Gefallen, nämlich dass er einmal mit einigen seiner Geräte vorbeikommen würde. Jacek kam (nochmals vielen Dank!), und brachte seinen CAT-777 Vorverstärker und den D/A-Wandler und CD-Transport mit. Als wir die Geräte mit dem Souga kombinierten, klappte er wieder, der alte Audio-Trick, den viele von Ihnen, wie ich glaube, schon mehr als einmal erlebt haben. Sie dachten, dass Ihre Anlage bereits klangliche Höchstleistungen brachte, aber als Sie eine Komponente gegen eine andere austauschten, merkten Sie, dass das Unmögliche möglich wurde und sich der Klang noch einmal verbesserte und ein Niveau jenseits Ihrer Vorstellung erreichte.
Jetzt wurde deutlich, wie differenziert der Souga verschiedene Aufnahmen wiedergeben kann – nicht nur in puncto Bühnengröße. Ich bin kein so großer Kenner, dass ich sagen könnte, welcher spezielle Flügel bei welcher Aufnahme verwendet wurde, oder wer die gerade gehörte Geige gefertigt hat oder wer sie gerade spielt (ok, das gelingt mir manchmal, aber sicherlich nicht immer. Aber der Kondo Verstärker arbeitet die Unterschiede zwischen Instrumenten, zwischen der Art, wie verschiedene Musiker sie spielen und auch zwischen verschiedenen Aufnahmetechniken deutlich heraus. Ray Browns Bass klingt auf Soular Energy anders als auf The red hot und wieder anders auf der Doppel-CD Live from New York to Tokyo. Verschiedene Orte, unterschiedliche Akustik, eine andere Gemütsverfassung – einfach verschiedene Zeitpunkte, zu denen die Musik auf Band aufgezeichnet wurde, und dementsprechend ein anderer Klang desselben Instruments, vom selben Musiker gespielt: manchmal mit mehr Elan, manchmal etwas ruhiger, die Band antreibend oder nur im Hintergrund spielend. Auf einigen Aufnahmen wirkt der Bass größer, als er in Wirklichkeit ist, auf anderen wird er so sanft gespielt, dass er nur die halbe Größe zu haben scheint.
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