Vorweg aber eine kleine Bemerkung am Rande: Ein interessantes Phänomen konnte ich zwischen den Hörgewohnheiten von Musikern und manchen Highendern feststellen. Highender ist übrigens so ein Wort, das ich eigentlich hasse, da muss ich immer an Zwölfender denken. Egal, ein Musiker orientiert sich eher an der Interpretation, und vielleicht noch Dingen wie korrekte Stimmung der Instrumente, rhythmisch genaue Spielweise und so fort. Der besagte Highender achtet manchmal auf Dinge, die mit der Musik nichts zu tun haben. Beispielweise Tiefenstaffelung, Breite der Bühne, Nebengeräusche der Instrumente, Husten in der 5. Reihe links...
Dies kann man gut bei der CD Keith Jarrett The Köln Concert nachvollziehen. Fragen Sie einmal einen Kollegen, was ihm bei der CD auffällt. Oft kommen dann Antworten wie oben genannt, mit Nebengeräuschen ist man bei Keith Jarrett ja meistens gesegnet. Bisher hat aber jeder Musiker sofort und als erstes genannt: der Flügel ist verstimmt! Der eigentlich für das Konzert ausgesuchte Flügel wurde nicht geliefert, statt dessen musste ein vorhandener Stutzflügel mäßiger Qualität, mit einigen klemmenden Tasten herhalten. Jarrett hat hier auf geniale Weise das musikalische Geschehen den Möglichkeiten auf diesem Instrument angepasst.
Nichtsdestotrotz kommen bei dieser CD die primären Stärken des Preamp voll zum Tragen. Die dynamische Spielweise von Jarrett kann den Rest der Anlage allein im Diskantbereich vor große Probleme stellen. Richtig auffallen wird dies erst, wenn man die CD einmal über einen Vorverstärker wie diesen hört, der die Klavieranschläge realistisch abbilden kann. Das Klavier ist ein Schlaginstrument! Aber nicht nur die Dynamik ist entscheidend, sondern auch die körperhafte Darstellung des Flügels. Wenn der Grundton hier zu schwach ausgeprägt ist, bekommen wir es bei dieser Aufnahme ganz schnell mit einem Mickey Mouse Instrument zu tun. Hifi-Feinheiten sind für den Preamp natürlich auch kein Problem: als Anfangsmotiv hat sich Jarrett die Melodie des Pausengongs im Kölner Opernhaus ausgesucht, im Publikum sind daraufhin einzelne Lacher zu hören. Ganz leise nur und während Jarrett spielt, aber mit dem Preamp so deutlich wie noch nie zu hören. Etwas Anderes ist aber viel entscheidender, der Tube kann die unglaubliche Spannung, die in dieser völlig frei improvisierten Musik steckt, ins Wohnzimmer übertragen. Mit frei improvisiert meine ich übrigens keinen free Jazz, sondern Jarretts Art, einen Abend lang konzertante Musik ohne Vorplanung zu schaffen.
Nun ist der Preamp keineswegs ein Gerät, das nur Dynamik kann und sonst nichts. Deshalb habe ich mir eine CD mit einer Sopranistin herausgesucht. Dynamische Geräte haben manchmal die Eigenschaft, Sänger mehr aus dem Hals singen zu lassen als aus der Brust. Dies mag bei Popsängern mangels Stimmvermögen ja noch der Fall sein, bei einem klassisch ausgebildeten Sänger natürlich nicht. Deshalb kommt die Niederländerin Johannette Zomer einmal zu Wort, auf der CD L’Esprit Galant, begleitet von Fred Jones an einer französischen Théorbe. Dieses weniger bekannte Instrument aus der Renaissance könnte man vereinfacht ausgedrückt als Basslaute bezeichnen. Sie hat einen verlängerten Hals für die Basssaiten und hierfür einen zusätzlichen Wirbelkasten. Die biegsame und geschmeidige Stimme der Sopranistin macht aus dem vorher noch heftig zupackenden Preamp kein völlig anderes Gerät. Aber die Stimme wird feinfühlig, mit allen Facetten der Interpretation abgebildet. Allerdings weniger spielerisch und mit mehr festem Willen der Sängerin als ich es bisher kannte. Was nun richtiger ist, weiß man natürlich erst, wenn man Zomer einmal live gehört hat. Jedenfalls habe ich die Théorbe im Hintergrund noch nie so deutlich gehört und Jones als vollwertigen Interpreten wahrgenommen. Meistens erlebt man das Instrument bei dieser Aufnahme eher als Hintergrundsuntermalung.
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