Ich dachte, es wäre schon purististisch, Schallplatten nur von analog entstandenen Mastern zu fertigen. Aber auch da wird etwa beim Cover digital gesündigt: Bilder von Digital-Kameras, Layout aus dem Publishing-Programm und dann vielleicht auch noch Digitaldruck. Dass das nicht sein muss, beweist Florian Kaps mit seinem Projekt Supersense in Wien.
Für einen Besuch in Wien bedarf es nicht unbedingt eines Anlasses, diesmal waren wir aber in unsere Lieblingsstadt gereist, um uns im sechsten Bezirk in der Webgasse 2 das neue Mastering-Studio von Christoph Stickel anzuschauen, mit dem ich sowohl bei sommelier-du-son- und Triple-A-Produktionen sowie den MPS-Remasterings sehr einvernehmlich zusammengearbeitet hatte. Doch darüber ein anderes Mal mehr. Auf Christoph Stickels Anraten hin verbrachten wir einen Nachmittag nicht im Kaffeehaus, sondern im Cafe Supersense in der Praterstraße 70 im Zweiten. Wer sich – wie ich – bei dem Namen eine eher futuristische Location vorstellt, liegt völlig daneben. Im Cafe im Eingangsbereich geht es ganz klassisch um den reinen Genuss. Aber das beste kommt erst noch: An den Cafe-Bereich schließt sich ein auch architektonisch nobler Ladenteil an, in dem feine Papierwaren wie Kalender und ledergebundene Notizbücher, Fotoecken und Druckerzeugnisse angeboten werden. Weiter geht’s zwischen Tischen und Vitrinen mit Schreibmaschinen, Sofortbildkameras und den dafür benötigten Polaroids.
Dafür, dass es diese noch gibt, ist ebenfalls Florian Kaps verantwortlich: Mit seinen Impossible Project gelang es ihm, das letzte, 2008 geschlossene Polaroid-Werk in Enschede zu übernehmen und nach einigen Neuwicklungen wieder in Betrieb zu nehmen, um auch weiterhin Polaroid-Filme anbieten zu können. Natürlich ist er diesem Thema treu geblieben: In einem Gebäude auf der anderes Straßenseite, schräg gegenüber dem Cafe werden nun in Handarbeit Packfilme hergestellt, nachdem Fuji deren Produktion im Jahre 2016 unwiderbringlich einstellte und auch Verhandlungen zum Verkauf der dafür benötigten Maschinen ablehnte. Finanziert werden solche Projekte übrigens durch Crowdfunding.
In einem weiteren Bereich wird – nach dem Cafe – noch einmal der Geruchssinn angesprochen: Hier wird das „Revolutionary Smell Memory Kit“ feilgeboten. Auf der linken Seite des Raumes zieht der „Flabergasting Sound Elevator“ die Blicke auf sich: In der Aufzugskabine kann man nach Einwurf einer Münze seine eigene Single mit einer Laufzeit von 90 Sekunden aufnehmen – und hoffen, dass sich das Schicksal Elvis' noch einmal wiederholt. Das alles passiert natürlich rein analog im Direktschnittverfahren. Wenn es um die Untermalung der Stimme geht, ist man allerdings nicht ganz so streng: Das Playback muss nicht vom Band kommen.
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