Die alten Röhren der Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H genießen weltweit einen legendären Ruf und sind vor allem in Asien begehrte Sammlerstücke. Telefunken war im Jahre 1903 in Berlin aus einer Fusion von Siemens & Halske und AEG hervorgegangen. Gegen Ende des 2. Weltkriegs baute Telefunken das Werk in Ulm für die Produktion von Sende-, Empfangs- und später Bildröhren. 1949 wurden hier monatlich 150.000 Röhren hergestellt! In den 60er Jahren war allerdings der Zenith der Röhrenproduktion überschritten, Transistoren verdrängten langsam Sende- und Empfängerröhren. Das Ulmer Bildröhrenwerk wurde 1979 an die französische Firma Thomson verkauft und zwei Jahre später geschlossen.
Somit wäre die Geschichte hier eigentlich zu Ende, wenn es nicht einen ehemaligen Mitarbeiter der Firma Telefunken gäbe, der heute noch in der Röhrenproduktion aktiv ist. Es handelt sich um Dr. Klaus Schaffernicht, Gründer der Firma ELROG, die 1986 in Lüneburg gegründet wurde und mittlerweile im mecklenburgischen Lübtheen residiert. Schaffernicht dürfte der letzte Produzent von Vakuumröhren in Deutschland sein! Wie ja in einem früheren Artikel bereits erwähnt ist die Produktion von Röhren keine triviale Angelegenheit, das Know-how hierfür ist weitgehend verloren gegangen. Diese Erfahrung konnten etliche Liebhaber von Röhrengeräten mit billig produzierten Röhren aus Fernost bereits machen. Deshalb ist es ein Glücksfall für die Audioszene, dass es mit ELROG wieder einen Hersteller gibt, der sowohl das Know-how hat ,als auch noch über die nötigen Produktionsmaschinen verfügt. Einer neu produzierten Röhre mit der Qualität und Performance einer alten Telefunken Röhre steht nun nichts mehr im Weg! Nach der Entscheidung, Röhren für Audiozwecke zu bauen, war es für Schaffernicht von Anfang an klar, dass er nicht einfach alte General Electric oder RCA Typen kopieren würde.
Die ELROG Röhren sehen also nicht nur anders aus, sondern sind auch anders konstruiert. Hier wurden einige pfiffige Ideen umgesetzt, wobei man sich wundern muss, warum sonst noch niemand darauf gekommen ist. Am auffallendsten dürfte sein, dass die Elektroden nicht wie bei einer Glühbirne im oberen Teil der Röhre montiert sind, sondern unmittelbar über dem Sockel. Einfache Überlegung, große Wirkung! Diese Konstruktion ist natürlich viel stabiler und damit viel weniger mikrophonieempfindlich.
Geblieben sind die thorierten Wolfram-Heizfäden, ein Markenzeichen der 211 und 845 Röhren. Diese arbeiten bei Betriebstemperaturen circa 2000 Grad und leuchten deshalb im Betrieb gelblich-weiss. Wie bei den historischen Typen üblich, sind die Anoden aus Graphit hergestellt und aus einem massiven Block gefräst. Diese Konstruktion erlaubt – im Vergleich zur VT-4-C – eine höhere Anodenverlustleistung von 80 Watt gegenüber 75 Watt der NOS General Electric Variante. Damit ist auch eine höhere Ausgangsleistung von bis zu 25 Watt im Class-A1 Betrieb möglich. Auffallend ist auch die dunkle Zone in der Mitte der Röhre, hinter dem Schriftzug. Hierbei handelt es sich um eine Graphitbeschichtung. Über die im unteren Bild erkennbaren Fühler wird ein elektrischer Kontakt zwischen der Anode und dem Getter hergestellt. Wir erinnern uns, mit der Getterbeschichtung sollen die letzten noch vorhandenen Luftmoleküle in der Röhre absorbiert werden. Häufig werden hierfür Bariumlegierungen verwendet, also metallische Verbindungen. Dr. Schaffernicht hält nun nichts davon, wenn diese ein völlig undefiniertes Potential besitzen, wie es sonst in den Röhren der Fall ist. Zudem sorgen diese Fühler dafür, dass die Elektroden bombenfest in dem Glaskörper fixiert sind.