Norddeutsche Hifi-Tage 2025

06.02.2025 // Wolfgang Kemper, Finn Corvin Gallowsky (Fotos)

Brachte die neue Location, das Hotel Le Méridien Hamburg, An der Alster 52, mehr audiophiles Vergnügen als die Adressen zuvor? Ja, es gibt Erfreuliches über diese Norddeutschen Hi-Fi-Tage zu berichten: Die zentrale Lage des Le Méridien dürfte wohl ein Grund für die hohe Besucherzahl an beiden Tagen gewesen sein.

Dem Veranstalter unter der Leitung von Ivonne Borchert-Lima sei gedankt für die Auswahl des Hotels, nicht nur hinsichtlich der Lage. Denn die Erreichbarkeit war durch die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel oder per organisiertem Shuttle-Taxi vom zentralen Parkplatz Heiligengeistfeld für fünf Euro Tagesgebühr recht komfortabel. Schon am frühen Samstag füllten sich die Vorführraume in allen Etagen schnell. Es gab einige Präsentationen in sehr großen Räumen, wie beispielsweise bei Audio Reference im obersten Stockwerk. Das vielfältige Marken-Portfolio dieses Importeurs macht dies auch notwendig. Audio Reference hatte sich bemüht, nicht nur die kostspieligen Edel-Komponenten von Dan D´Agustino adäquat mit Wilson Audio zu kombinieren. Gleiches tat man mit VTL Röhrenverstärkern an einer Wilson Audio Puppy Aniversary, wo uns sogar VTL-Chefin Bea Lam höchst persönlich die mächtige Stereo-Endstufe S-400 Series II erklärte. Selbstverständlich fand man hier auch andere Marken aus dem Hause Audio Reference, wie etwa Nordost bei der Verkabelung, Velodyne und als Gäste sogar einen Thorens Reference mit Soulnote E2 Phonostufe. Alternativ zu den zwei Audio-Vorführungen, für die man sich vor Ort anmelden musste, um einen Hörplatz zu bekommen, gab es noch eine imposante Kino-Vorführung mit unzähligen Lautsprechern von Perlisten – ein einzigartiges Erlebnis auf dieser Show, wenn man denn mehr als zwei Kanäle zu schätzen weiß. Dank nicht stets geöffneter Türen vermied man einen unruhigen Wechsel im Publikum und ermöglichte intensive Vorführungen. Auch andere Aussteller ließen Interessenten nur zu festen Zeiten in den Hörraum. Das ist aus meiner Sicht grundsätzlich vernünftig, weil der Sache dienlich, aber nicht immer schön.

So ist es mir nicht gelungen, den kleineren Zwei-Wege-Lautsprecher von GGNTKT zu hören, den ich in dem relativ kleinen Hotelzimmer hinsichtlich seiner Bassfähigkeiten für angemessen und besonders interessant hielt. Ich war viermal dort und stets spielte der große Lautsprecher: ganz ordentlich, aber nach meinem Dafürhalten eben nicht raumadäquat. Ich gebe aber zu, dass meine Prioritäten beim Besuch dieser Ausstellung sicherlich andere waren als die „normaler“ Gäste, für die das alles ja schließlich veranstaltet wird. Mein Anspruch ist es, Ihnen hier möglichst viele Eindrücke darzustellen. Am Sonnabend waren Finn Corvin Gallowsky und ich meist nur in der Lage, Informationen zu sammeln und zu fotografieren. Bis auf wenige Ausnahmen waren für uns wegen des enormen Andrangs keine Hörerfahrungen möglich, die aussagekräftig genug wären, um darüber zu schreiben. Die Ausnahmen waren erstens Harzsch aus Castrop-Rauxel, wo Finn und ich gleich einen passablen Hörplatz ergattern konnten, um dem kleinsten Harzsch Lautsprecher, der kompakten Orchestra, zu lauschen. Der 2-Wege Bassreflex-Regallautsprecher wurde hier auf Ständern präsentiert. Er kostet 11.900 Euro. Das ist der Paarpreis, wie im weiteren Text bei allen Lautsprechern. Der stattlichen Summe entspricht ein erheblicher technischer Aufwand: So sind alle Harzsch-Modelle, auch die Standboxen Concert und Symphony, mit einem Beryllium-Hochtöner von SB Acoustics sowie einem Keramik-Tiefmitteltöner von Thiel & Partner Accouton bestückt. Die Frequenzweichen sind nicht nur mit hochwertigen Komponenten von Mundorf, sondern sogar symmetrisch aufgebaut. Mir gefiel die Harzsch Orchestra so gut, dass ich sie mir am Sonntag nochmals anhörte. Da lief gerade Hey Now von London Grammar. Die Musik wurde räumlich und der Tiefbass imposant dargeboten. Hannah Reids Gesang reproduzierte die Orchestra gleichermaßen schön wie glaubwürdig. Erfreulich war auch, dass mit preislich relativ bescheidener Elektronik vorgeführt wurde.

Den zweiten, wenn auch kurzen Höreindruck, der uns sehr ansprach, erlebten wir bei PureAudioProject, einem israelisch-amerikanischen Hersteller modularer Open-Baffle-Lautsprecher, also ohne Gehäuse. Diese werden aus Deutschland geliefert, zusammenbauen müssen Sie sie beides jedoch selber. Bei einem offenen Gehäuse ist das wohl kein Problem, wenn man Ikea-Erfahrung besitzt. Je nach Front-Optik kostet das gehörte Modell Trio10 mit Heil-AMT und zwei Tiefmitteltönern unter 7000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Die lebendige Spielweise der Trio10 gefiel uns. Angefeuert wurden die PureAudioProject von SPL Electronk, auch vom kürzlich hier besprochenen Endverstärker SPL Performer s900. Gewandelt wurden die Files von einem Regalaudio R2R-DAC101. Der letzte Besuch am Samstag begeisterte uns besonders: Bei Linkwitz.audio fanden wir klanglich sorgsam aufgestellte Lautsprecher vor. Die besondere analoge Frequenzweichentechnik befand sich pro Seite in eigenen Geräten mit fünf angepassten Endverstärkern für den Dipol-Lautsprecher. Darin arbeiten zwei Langhuber von Seas, die technisch speziell für die Dipol-Abstrahlung modifiziert wurden. Da die Kalotten-Hochtöner auf der Acryl-Schallwand prinzipbedingt nicht vor und rückwärts abstrahlen können, finden sich deren zwei übereinander angeordnet, die phasenkorrekt nach vorn und hinten gleichartig abstrahlen. Das komplette System LX521 kostet inklusive Elektronik und Lautsprecherkabel ab 23.700 Euro. Die Musikalität rechtfertigte diesen Preis zweifelsfrei.

Zum Vergleich wurden Aufnahmen des befreundeten niederländischen Musiklabels Sound Liaison gespielt: Die gleiche Musik unter gleichen Bedingungen, allerdings anders mikrofoniert, stand zum Vergleich. Es war frappierend, mit welcher Deutlichkeit des Linkwitz-Set die Unterschiede hinsichtlich Durchzeichnung und Auflösung im Raum vermittelte. Für das Label Sound Liaison sollte man sich interessieren, wenn man besondere Aufnahmen in DSD256 oder DXD zu schätzen weiß und der heimische D/A-Wandler diese Formate nativ reproduzieren kann. Ansonsten gib es die Aufnahmen auch in transponierten niedrigeren Auflösungen. Besonderes Ohrenmerk richtet Frans de Rond bei seinen neueren Aufnahmen auf die One-Mic-Technik. Nur ein Stereomikrofon, ein Josephson C700S, wird eingesetzt, und die Pegelverhältnisse werden durch die Platzierung der Musiker im historischen MCO Sudio 2 arrangiert. Die Aufnahmen, die wir über das Linkwitz LX521 hörten, klangen beeindruckend. Diese drei Erlebnisse machten den ersten Tag auch musikalisch erfreulich.


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