Es gibt übrigens keine Redaktionsrichtlinie, den Leser in diesem Sommer mit selbstkritischen Geständnissen zu inkommodieren. Wir sind aber ein Autorenmagazin, und darum blieb es Amré Ibrahim auch unbenommen, in seinem Bericht über den Lektor CDP-7 TL seine frühere Einschätzung einer früheren Version des Gerätes mit einem Anflug von Bedauern zu revidieren. Da Hifistatement glücklicherweise nicht in Rom, sondern in Gröbenzell beheimatet ist, erlaube ich es mir nun ebenfalls, eine frühere Erkenntnis zu widerrufen. Und dabei wären wir wieder beim Phonitor: Kurz nach seinem Erscheinen – damals war ich noch für ein Printmagazin tätig – hat mich das leicht nostalgische Erscheinungsbild mit den VU-Metern derart fasziniert, dass ich umgehend ein Exemplar zum Test bestellt habe. In bester, puristischer Hifi-Manier habe ich dann selbstverständlich alle Klangbeeinflussungsmaßnahmen ausgeschaltet und den Phonitor mit einem ebenfalls von SPL entworfenen Vierfach-Kopfhörerverstärker von Grapevine verglichen, der statt mit 1600 Euro gerade mal mit etwas über 200 Euro in der Preisliste stand. Die zweifelsohne vorhandenen klanglichen Vorteile des Phonitors mögen für einen Kopfhörer-Fan zwar über Gut oder Böse entscheiden, für einen Ignoranten auf diesem Gebiet – wie mich – schien die dafür erforderliche Mehrausgabe aber in keinem rechten Verhältnis zum zusätzlichen Genuss zu stehen. Mit dieser für mich ernüchternden Einsicht meinte ich damals, die Leser nicht behelligen zu müssen.
Inzwischen habe ich aber bei den Aufnahmen für die Hifistatement-Downloads in unserer Rubrik Statements From Birdland, für sommelier du son und für andere Label so viel Zeit unzufrieden unter Kopfhörern verbracht, dass ich noch immer – oder schon wieder – nach einer überzeugenden Lösung suche – allerdings fast ausschließlich auf Seiten der Schallwandler und nicht bei der Elektronik. Die einzige Ausnahme bildete bisher der auf der Swiss High End entdeckte und von Audio-Import vertriebene Smyth Realiser, der mit jeder Menge DSP-Power jedem guten Kopfhörer die Illusion der Lautsprecher in den heimischen vier Wänden entlocken soll. Ein erster kurzer Check war vielversprechend, aber noch nicht völlig überzeugend – und als Mitbetreiber eines Analog-Labels ist mir auch nicht sonderlich wohl dabei, klangliche Entscheidungen auf Grundlage von immensen digitalen Rechenoperationen zu treffen.Zwischenzeitlich schien mir dann der Stax 4070 samt Röhrenspeiseteil aus dem Fundus des Hifistatement-Herausgebers die Lösung zu sein. Der Stax ist zwar ein Muster an Feinzeichnung, weist letztlich aber auch eine Bassüberhöhung auf und klingt in den Höhen unnatürlich gebremst, so dass ich zwischendurch immer wieder zum Beyerdynamic DT 660 wechsele, den ein zweimal 15-Band-Equalizer auf den Frequenzgang meiner Lautsprecher im Raum zwingt, so dass ich zumindest während der Aufnahmen nicht mehr zu viel Bass vorgaukelt bekomme und mit einem deutlich unterbelichteten Tieftonbereich auf den Mitschnitten nach Hause komme.
Für die Demonstration der klanglichen Meriten von sommelier-du-son- und Statement-In-Sound-Produktionen auf dem Hifistatement-Stand auf der diesjährigen High-End habe ich mir dann bei einem unserer Standnachbarn SPL – oder in voller Länge: Sound Performance Lab – einen Kopfhörerverstärker ausgeliehen, nicht ohne SPL-Chef Hermann Gier nach seinem Schallwandler-Favoriten zu befragen. Im Laufe des Gesprächs, in dem in kürzester Zeit die Elektronik in den Mittelpunkt rückte, lernte ich dann, dass der Phonitor konstruiert wurde, um einen guten Teil der Probleme beim Monitoring per Kopfhörer zu lösen, die auch mir zu schaffen machen. Da wäre zu aller erst einmal der Frequenzgang: So führte Hermann Gier überzeugend aus, dass der Winkel zwischen den Lautsprechern und die Reflexionen beispielsweise des rechten Signals von der linken Seite des Raumes – oder schlicht: das akustische Übersprechen zwischen den Lautsprechern – zu einer weniger intensiven Wahrnehmung des Tieftonbereiches führten, als wenn der Schallwandler eines Kopfhörers das Bass-Signal direkt auf das Ohr abstrahlt. Mit dem CROSSFEED-Regler lässt sich lautstärkeabhängig der Einfluss verschiedener Räume auf den wahrgenommenen Frequenzgang nachbilden. So wird also beispielsweise im Bassbereich bei Aktivierung des CROS./SPK.-Schalters weniger Tieftonenergie an den Kopfhörer geliefert als bei der linearen Betriebsart ohne Korrekturschaltung.
Während die CROSSFEED-Schaltung also vorrangig den Frequenzbereich beeinflusst, variiert die SPEAKER ANGLE-Einstellung hauptsächlich die Laufzeitunterschiede eines Signals auf den beiden Kanälen. Mit beiden Reglern zusammen soll es dann möglich sein, ein Klangbild zu simulieren, das dem der Lautsprecher im heimischen Hörraum recht nahe kommt. Dazu muss man allerdings auch noch den Pegel eines virtuellen Mittensignals feinfühlig absenken, da dies durch die beiden anderen Korrekturen ansonsten ein wenig zu laut wahrgenommen werden würde. Das Zweitbeste nach der Möglichkeit zur Raumsimulation ist bei all diesen Schaltungen, dass sie in bester SPL-Manier rein analog aufgebaut sind. Das Grundkonzept des Phonitors dürfte so gut wie einmalig sein: Um bei jeder Leistungsanforderung genug Spannung und Strom liefern zu können, setzt SPL auf sogenannte SUPRA-OPs, von Chefentwickler Wolfgang Neumann entworfene, diskret aufgebaute Operationsverstärker, die ihre Energie aus einer 120-Volt-Stromversorgung beziehen. Sie bieten einen Signal-Rauschabstand von 116 Dezibel und eine Übersteuerungsfestigkeit von 34 Dezibel. Bei einem Dynamikumfang von 150 Dezibel ist eine völlig unangestrengte, fließende, von jeglichen Verzerrungen so gut wie freie Wiedergabe garantiert.