Eine lange Aufwärmphase schien der Verstärker nicht zu benötigen, da bin ich als Röhrenverstärker-Fan doch anders konditioniert. Dank hochintegrierter Bauteile war das Gerät bereits nach wenigen Minuten thermisch stabil und auch eine Art Burn-In-Phase durchlief der Classic Integrated Amplifier offenbar nicht. Jedenfalls nahm ich im Laufe der Hörtests über etliche Tage keine weiteren Veränderungen in der Klangcharakteristik mehr wahr. Grundsätzlich hatte ich zunächst einige Vorbehalte, ob dieser Verstärker denn überhaupt technisch mit meinen Hochwirkungsgradlautsprechern harmonieren würde, 60 Watt an acht Ohm bedeuteten für meine Situation ja eigentlich einen Leistungsoverkill. Da ich vermeiden wollte, dass der Verstärker an meinen Lautsprechern quasi im Standgas dahintuckert, hatte ich sogar ein älteres, von mir in meiner Jugend heiß geliebtes Pärchen Dynaudio Contour 1.3 MK II für Vergleichszwecke reaktiviert. Ganz platt gesprochen sind Lautsprecher von Dynaudio ja nicht gerade als Kostverächter bekannt, sondern eher als Stromsäufer verschrien.
Los ging es aber zunächst mit meinen Breitbändern, die den Verstärker leistungsmäßig kaum forderten und generell wenig Kontrolle, sondern allenfalls einen kleinen Tritt in die Schwingspule benötigen. Der M2Tech überzeugte mich sofort mit schönem Drehmoment im Bass und damit einhergehend mit guter Tieftonkontrolle, ohne dabei wie ein Schraubstock die Musikalität abzuwürgen. Tiefe Bässe kamen mit feinem, schön federndem Kick. Das mag auch mit daran gelegen haben, dass mir der ungewohnte Leistungs-Headroom gegenüber meinen Kleinleistungsröhren-Eintaktern ein willkommenes Spielfeld bot, es in Sachen Lautstärke mal ordentlich scheppern zu lassen, gleichwohl hohe Pegel allein keine besondere Aussagekraft besitzen. Meine Lautsprecher reagieren bisweilen etwas zickig bei zu hoher Gegenkopplung, selbst bei einigen „moderneren“ Röhrenschaltungen und insbesondere bei Transistorverstärkern ist mir dies hin und wieder schon aufgefallen. Das Ergebnis ist dann oft eine müde, uninspirierte und blutleere Vorstellung ohne besonderes Rhythmusgefühl. In dieser Hinsicht leistete sich der Classic Integrated Amplifier nicht den kleinsten Schnitzer, was diesbezüglich auf eine saubere technische Auslegung hindeutete, ohne dass ich freilich die Schaltungsparameter konkret kannte um diese Aussage objektiv substantiieren zu können. Ansatzlos, zackig und grobdynamisch vollends überzeugend nahmen mich R.E.M.-Stücke wie „Überlin“ (Collapse into now, Warner Brothers, 2011), „Man on the Moon“, „Everybody Hurts“ oder „Nightswimming“ (Automatic for the People, Warner Brothers, 1992) mit auf ihre musikalische Reise.
Nun werden DIY-Hochwirkungsgradlautsprecher nicht unbedingt die überwiegenden Spielpartner für den M2Tech-Verstärker „da draußen“ sein, daher baute ich mein altes Pärchen Dynaudio Contour 1.3 MK II wieder auf, das ich vor drei Jahrzehnten mit einem 150 Watt an vier Ohm liefernden Vollverstärker betrieben habe – einem AVM Evolution A1 –, der meiner Erinnerung nach trotz aktiver Kühlung per Lüfter oft in die Knie ging und sich regelmäßig eine thermische Auszeit zum Abkühlen nahm. Das passierte dem M2Tech-Gerät an diesen anspruchsvollen Lautsprechern kein einziges Mal, vielmehr begeisterte mich wieder dieser kraftvolle, kontrollierte Tiefton, der zu meiner Freude den in Grenzbereichen früher häufig erlebten honigartigen Durchzug im Bass komplett vermissen ließ! Ich hatte diesen Effekt stets den Dynaudios angelastet, jetzt weiß ich, dass in dieser Hinsicht Wohl und Wehe von der Qualität des Verstärkers abhängen. Für mich ganz erstaunlich, denn nominell bringt der Classic Integrated Amplifier nur circa zwei Drittel der Leistung meines damaligen AVM-Verstärkers auf die Waage. Da ich meine Dynaudios nun wieder ganz liebgewonnen hatte, sollten die weiteren Hörsessions mit ihnen auch weitergehen, schließlich schienen der M2Tech-Amp und die beiden Contour 1.3 MK II prächtig zu harmonieren.
Auch die Mittelhochtonkalotten der Dynaudios hatten sich mittlerweile wieder ordentlich freigespielt und offenbarten die Qualitäten unseres Testprobanden. Wie der Classic Integrated Amplifier Feindynamisches herausarbeitete, war wirklich faszinierend, wie zum Beispiel bei „Downbound Train“, „I‘m On Fire“ oder „Dancing In the Dark“ von Bruce Springsteen (Born in the U.S.A., Columbia Records, 1984). Das Darstellen feinster Nuancen von Beckenanschlägen, Hi-Hats oder feinste Geräusche beim Anreißen von E-Gitarrensaiten gaben der Musik erst ihre volle Authentizität. Selten hat mir dieser Mainstream-Evergreen so viel Spaß gemacht!