Der Osten Europas scheint hinsichtlich audiophiler Produkte enorm kreativ zu sein. Es existieren dort viele junge, bei uns oftmals unbekannte Marken, was übrigens den Besuch der alljährlichen Warschauer Hifi-Show reizvoll macht. Diese Hersteller kommen nach meiner Wahrnehmung aus den baltischen Staaten und besonders aus Polen. Nun ist aber Circle Labs kein junges Unternehmen, das wirtschaftlich möglicherweise auf wackligen Beinen steht. Das Unternehmen um Krzysztof Wilczyński beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit anspruchsvoller Elektronik. Denn Circle Labs, so ist auf der Website zu lesen, entwickelt und produziert seit Jahren Spezialgeräte für die mikrobiologische Forschung, die in vielen hochmodernen wissenschaftlichen Einrichtungen in Polen und weltweit ihren Dienst tun. Die Liebe zur Musik in Kombination mit dem technischen Knowhow und ein gewisses Anspruchsdenken ließen die Audio-Komponenten entstehen. Angefangen hat es mit Circle Power Mono-Endverstärkern, die in der Szene viel Aufmerksamkeit entfachten. Aktuell gibt es den A200 Vollverstärker und unsere Testkandidaten: den Vorverstärker P300 und die Stereo Hybrid Endstufe M200. Hybrid steht hier für Röhren-Eingangsstufe in Kombination mit Transistor-Leistungsstufe. Dieser Endverstärker ist von vornherein auch für einen Mono-Brücken-Betrieb konzipiert und umschaltbar. Jeder liefert dann stattliche 600 Watt an acht Ohm. Der Mono-Betrieb ist aber mangels eines zweiten Exemplars nicht Thema dieses Tests.
Kurze Kabelwege innerhalb eines Gerätes sind eine der Maximen bei Circle Labs. Der Vorverstärker P300 ist gänzlich symmetrisch in einer von Circle Labs entwickelten Schaltung mit modernsten JFETs und BJTs aufgebaut. Die Stromversorgung erfolgt über zwei, für jeden Kanal getrennte Transformatoren mit LL-Kern und Elektrolyt-Kondensatoren vom Typ Elma Silmic II. Die Stromversorgung wird in zwei aufeinander folgenden Stufen stabilisiert. Die diskret aufgebauten Stabilisierungen profitieren von einer per LED-Matrix erzeugten Referenzstromquelle, die sich durch signifikant niedrigeres Rauschen auszeichnen sollen, als dies übliche Zener-Dioden können. Bemerkenswert finde ich, dass der P300 zwei Paar symmetrische Ausgänge besitzt, jedoch keinen asymmetrischen in Cinch-Ausführung, obwohl solche Eingänge dreifach vorhanden sind. Deshalb fragte ich Krzysztof Wilczyński, ob die nicht symmetrischen Eingänge symmetriert werden. Dies geschieht im P300 nicht, so dass an den XLR-Ausgangsbuchsen von Neutrik bei Verwendung eines Cinch-Eingangs auch kein symmetrisches Signal anliegt. Künftig wird es wohl, so erfuhr ich, eine Version des P300 auch mit Cinch-Ausgängen geben, um diesen Vorverstärker auch in anderen Konfigurationen flexibel einsetzbar zu machen. Die Cinch-Eingangsbuchsen stammen aus der hochwertigen Super Cu-Serie vom amerikanischen Lieferanten CMC. Der Signalweg vom Eingang zu den Ausgängen ist sehr kurz: Das Eingangssignal geht über die Lautstärke-Relais direkt auf die kleinen Verstärkerplatinen, die sich an der Innenseite der Geräte-Rückwand befinden. Die Ausgangsbuchsen sind direkt auf die Platine gelötet und tragen diese. So werden problembehaftete Zwischenstrecken per Kabel und überflüssige Kontakte vermieden, was der Sauberkeit des Signals nutzt. Diese Art der Montage erfordert ein sehr hohes Maß an Genauigkeit, da darf nichts schief sitzen. Der Endverstärker M200 besitzt Eingänge in Cinch und XLR, so dass er flexibel auch mit anderen Vorstufen wie beispielsweise in der Lautstärke regelbaren Streamer-D/A-Wandlern verwendbar ist. Auf den Anschluss der Lautsprecher-Kabel warten WBT-Nextgen-Polklemmen.
Ebenfalls auf der Rückseite ermöglicht ein Dreifach-Kippschalter mit den Werten 0/-8/-3 Dezibel die Beeinflussung der Eingangsempfindlichkeit und sorgt so dafür, dass die Lautstärkeregulierung am Vorverstärker im optimalen Bereich stattfindet. Diese Umschaltung nimmt auch ein wenig Einfluss auf den Klang. Krzysztof Wilczyński schrieb mir dazu: Die Anpassung erfolge durch die Tiefe der negativen Rückkopplungsschleife der Röhrenstufe. In der 0dB-Einstellung arbeite die Stufe ohne negative Rückkopplung. Bei der Einstellung -3dB komme es zu einer negativen Rückkopplung mit Verstärkungs-Abfall. In der -8dB-Position werde die Rückkopplung nochmals intensiver und die Verzerrung nehme ab, was seiner Meinung nach den Klang linearer und kontrollierter mache, aber auch die Lebendigkeit und Mikrodetails seien unterschiedlich. Je nach Anlagenkonfiguration könne eine der drei Schalterstellungen besser gefallen. Die M200 ist wie gesagt ein Hybrid-Endverstärker. In der die spannungsverstärkenden Vorstufe verrichten selektierte NOS-Röhren von Siemens aus den 60-er Jahren ihren Dienst. Diese Trioden vom Typ ECC8100 arbeiten mit einer konstanten Vorspannung, die aus einer Batterie pro Röhre als Stromquelle geliefert wird. Dieser Polarisationsstrom ist so gering, dass die CR2032 Knopfzellen extrem lange halten. Man kann sie aus Vorsicht zusammen mit den Röhren oder alle fünf Jahre wechseln. Die Verstärkerschaltung besteht je Kanal mit aus einer Röhre, einem Widerstand und einem Silber-Gold Ölkondensator aus Mundorfs Supreme-Serie. Das sorgt laut Circle Labs für einen extrem kurzen Signalweg und bestmögliche Übertragungs-Eigenschaften. Diese Röhrenstufe erhält ihren Strom von einem eigenen, mit Kupfer abgeschirmten EI-Kern Transformator. Im Netzteil finden zuerst Elektrolytkondensatoren und in der finalen Stabilisierung Polypropylenkondensatoren zur Pufferung Verwendung . In der nächsten Stufe arbeiten in jedem Kanal vier JFETs für die Ansteuerung der stromverstärkenden Leistungsstufe mit zwei Paar Sanken-Bipolartransistoren, die in einem parallelen Push-Pull-System die Ausgangsleistung erzeugen. Die Stromversorgung ist auch hier üppig: Zwei übereinander montierte Ringkerntrafos vom polnischen Hersteller Poltrafo werden mit hochwertigem Material nach Circle Labs Spezifikation gefertigt und versorgen jeweils einen Kanal oder im Mono-Betrieb jeweils einen Signalstrang. Sie könne jeder bis zu 400 Watt liefern. Acht Kondensatoren von Kemet sieben insgesamt mit stattlichen 200.000 Mikrofarad.