Trotz der kurzen Distanzen klang die Musik völlig losgelöst von den Lautsprechern. Noch frappierender empfand ich die Darstellung der imaginären Bühne, weil sie sich erfreulich in die Tiefe erstreckte, in der Breite deutlich über die Boxen hinausging und zudem und, das ist das Wichtigere, nicht sphärisch den Raum füllte, sondern die Instrumente und Stimmen gestaffelt und standfest ordnete. Die Musik gefiel mir so, wie gesagt, es war erst einmal Weihnachtsmusik und noch keines der üblichen Teststücke. Dennoch störte mich nach einiger Zeit doch die Intensität der oberen Tonlage und ich machte von einem der möglichen Justage-Features, die ein Phonar-SE-Lautsprecher bietet, Gebrauch: Auf dem Bi-Wiring-Anschluss-Panel sind vier schwarze Kontakte auf der einen Seite und vier rote Kontakte auf der anderen Seite zugänglich, in denen jeweils ein Jumper umgesteckt werden kann. Die rote Reihe sorgt bei der Verbindung der beiden mittleren Kontakte durch den Jumper für einen gleichmäßigen Hochtonfrequenzgang im Sinne der werksseitigen Abstimmung, bei der Kontakt-Kombination der oberen zwei für eine Anhebung um 1,5 Dezibel und bei der Verbindung der unteren Kontakte für eine Absenkung der Höhen um 1,5 Dezibel.
Letztere probierte ich aus und war nun sehr zufrieden mit der tonalen Balance unter meinen Hörbedingungen. Auch unter der Weihnachtsmusik fand ich audiophil ansprechende Musik, wie zum Beispiel verschiedene Aufnahmen von Händels Messiah Oratorium, die die Veritas nicht nur räumlich groß, sondern auch detailreich und mit authentischen Klangfarben widergab. Auf Wunsch der Familie war der Hörpegel oft leise; Das tat den positiven Eigenschaften der P9.2 SE keinen Abbruch. Das Klangbild blieb auch in Flüster-Lautstärke räumlich gestaffelt und voll, auch was die tiefen Tonlagen anbelangt. Die optionale Mittelton-Korrektur ist mit den Werten plus 0,5 Dezibel oder minus 1,5 Dezibel beschrieben. Hier war in meinem Raum aber keine Änderung des werksseitig vorgegebenen Wertes sinnvoll und so beließ ich diesen Jumper da, wo er war. Das doppelte Anschlusspanel der Veritas-Modelle ist mit hochwertigen Polklemmen von WBT zur Aufnahme der üblichen Bananas, Gabelschuhe oder blanken Kabelenden ausgestattet. Zum Lieferumfang gehört eine hochwertige Kabel-Verbindung, wenn der Lautsprecher, wie auch hier im Test, nicht im Bi-Wiring oder Bi-Amping betrieben wird. Die Veritas gibt es in einer Next- und einer SE-Version, die eine aufwändige Detail-Optimierung Next darstell. Hier hat man, so darf man vielleicht sagen, den Rotstift beiseite gelegt. Besonderes Merkmal der beiden Veritas SE-Modelle ist der seit Jahren bestens beleumundete 26-Millimeter-Hochtöner R3004 aus der Illuminator-Reihe von Scan Speak, der mit seinem starken Antrieb und patentierten zentralem Kegel-Aufsatz eine hohe Phasen-Stabilität verspricht und so bestens zu dem d´Appolito-Konzept der 9er und 10er Veritas passt. Er ist auf der Front der P9.2 SE in einer Höhe von etwa 75 Zentimetern eingebaut und wird nach oben wie unten von je einen 100-Millimeter-Mitteltöner sowie 160-Millimeter-Tieftöner flankiert. Diese vier Lautsprecher stammen aus dem Hause Peerless und sind identisch mit denen in den Next-Modellen. Die Chassis sind nahe zueinander montiert wie es die d´Appolito Konfiguration erfordert, um die ihr eigene homogene Abstrahlung zu ermöglichen. Mittel- und Tieftöner besitzen konkave Staubschutzkalotten. Die Veritas P9.2 SE ist nach dem Bassreflex-Prinzip konstruiert und besitzt rückseitig zwei Ventilier-Öffnungen, die 63 Zentimeter voneinander, etwas oberhalb des Anschluss-Terminals und 16 Zentimeter unterhalb des oberen Gehäuse-Abschlusses angeordnet sind. In beiden Ventilier-Rohren aus Kunststoff stecken Dämpfungs-Zylinder aus Schaumstoff, die man einzeln oder zusammen entfernen darf, um auf diese Weise den Bass-Charakter an seinen Hörraum zu anpassen. Ich habe sie erst einmal drin gelassen, weil das Klangbild mir so absolut zusagte, ja sogar mehr als erwartet ansprach, weil die Phonar trotz oder dank – das gilt es noch zu überprüfen – der sehr freien Aufstellung im Raum durch ihre emotional packende Musikalität überzeugte.
Eine entscheidende Veränderung gegenüber dem Next-Basismodell stellt bei der P9.2 SE laut Phonar die Optimierung der Frequenzweiche dar. Hier wurde die Güte des Hochtonbereichs verbessert, und dem Bass spendierte Phonar-Entwickler Gerd Lommersum besonders widerstandsarme Bassspulen, die zum sauberen Impulsverhalten in Tief- und Grundtonbereich entscheidend beitragen. Die Tieftöner lässt er bis zur Trennfrequenz von 280 Hertz arbeiten. Dort werden Tief- und Mitteltöner mit einer Flankensteilheit von beidseitig zwölf Dezibel voneinander entkoppelt. Die Übergangsfrequenz zum Scan Speak Illuminator liegt bei 2700 Hertz. Hier erfolgt die akustische Trennung steilflankiger mit 18 Dezibel in beide Richtungen. Die Veritas P9.2 SE gibt es in den Gehäuse-Ausführungen Wallnuss, hochglänzendem Weiß oder Schwarz und gegen Aufpreis in einer RAL-Farbe nach Wunsch. Der 110 Zentimeter hohe Lautsprecher steht auf Spikes aus massivem Aluminium, die per Feingewinde in über die Seiten der Gehäuse hinausragenden schwarz eloxierten Traversen aus Aluminium eingeschraubt werden und in der Höhe justierbar sind, um, wie in meinem Falle auf Fliesen platziert, Unebenheiten ausgleichen zu können. Die Traversen sind bei den SE-Modellen im Lieferumfang enthalten, bei den Next-Standard-Modellen kann man sie für ein paar 100 Euro separat erwerben. Das formschöne Gehäuse ist leicht nach hinten geneigt, was nicht allein der Optik, sondern besonders der Laufzeit-Optimierung der fünf Chassis zueinander dient. Das Gehäuse ist am Übergang von der Front zu den Seiten deutlich angefast. Diese Fasung wird nach oben und unten großflächiger, wodurch das Gehäuse, je nach Blickwinkel, leicht gerundet wirkt. Die mitgelieferte Frontbespannung kann auf Wunsch die Chassis verbergen. Nimmt man sie ab, fallen die vier aus der Front ragenden schwarz eloxierten Befestigungsstifte nicht auf. An der Verarbeitung dieser Lautsprecher finde ich keinerlei Makel.