Doch noch bleibt die dCS Clock außen vor. Den Network DAC in meine Kette zu integrieren, sollte eine leichte Übung sein: Er kann die Stelle des Lumin U2 einnehmen und die dort schon liegenden Netz- und Netzwerkkabel nutzen. Dann fehlt nur noch eine symmetrische Verbindung von den Ausgängen des Network DACs zur Vorstufe – dachte ich mir. Und so ist es auch, zumindest wenn ich Files von Qobuz streame. Obwohl die Verbindung mit dem Netzwerk klappte, habe ich aber keine Chance, über die UPnP-Verbindung Kontakt mit dem Melco-Datenspeicher aufzunehmen. Nach mehrmaligem Rauf- und Runterfahren aller beteiligten Gerätschaften gebe ich schließlich auf und rufe Alasdair McDonald an, um ihn um Hilfe zu bitten. Nicht einmal 30 Minuten später hat er ein Team-Meeting mit Phil Harris, Tech Support Specialst bei dCS, organisiert. Anfangs können sich auch die beiden Digitalspezialisten keinen Reim auf das Phänomen in meinem Hörraum machen. Bei einem eher zufälligen Kameraschwenk über das Rack, in dem ich den LINA untergebracht habe, entdeckt Alasdair McDonald dann dort das Ansuz PowerSwitch – und damit ist das Problem für Phil Harris so gut wie gelöst: Ihm sei eine gewisse Unverträglichkeit zwischen Ansuz-Switches und dCS-Streaming-Bridges bekannt. Ich müsse nur das Ethernet-Kabel zum LINA vom Switch abstecken und mit der zweiten RJ-45-Buchse des Melco verbinden und schon würde alles funktionieren. Und so ist es. Damit sind allerdings nicht alle Probleme beseitigt: Bei diesem Aufbau ist ein Vergleich zwischen dCS und meiner momentan genutzten Hifi Rose/Chord Electronics-Kombination schlicht unfair, weil nur letztere von den klanglichen Verbesserungen durch das PowerSwitch profitieren würden.
Da bleibt mir nicht anderes übrig, als statt des Gold Signature das SOtM-Switch samt 10-Megahertz-Clock in die Kette zu integrieren – trotz der extrem steifen Digitalz-D-TC-Gold-Signature-Kabel. Zu allem Überfluss sind die RJ-45-Buchsen im Ansuz- und im SOtM-Switch um 180 Grad versetzt eingebaut. Und bei dem geringen Abstand zwischen Rack und Wand gibt es keine Möglichkeit, die Kabel entsprechend zu drehen. Schließlich platziere ich das SOtM- kopfüber auf dem Ansuz-Switch. Beim Test der Vivaldis war mir aufgefallen, dass die Default-Settings, also die vom Hersteller voreingestellten Parameter, mit meinen klanglichen Präferenzen übereinstimmten, und das Upsampling auf DSD128 hatte sich ja schon vor Jahrzehnten bei Purcell und Delius bewährt. Also beginne ich auch beim LINA2.0 mit dem höchstmöglichen DSD-Upsampling, dem neuen Mapper 1, der mit 5,6 respektive 6,14 Megahertz arbeitet, und dem asymmetrischen DSD-Filter 5 mit nichtlinearer Phase und ohne Pre-Ringing für Files mit einer Abtastrate von 44,1 Kilohertz. Um mich ein wenig mit dem Klang des LINA vertraut zu machen, höre einige Alben der Plastic Art Foundation, dem Trio des Gitarristen Carlo Anton Crameri mit Arild Anderson am Bass und Paolo Vinaccia am Schlagzeug. „Basic“, der erste Track des Albums Epon beispielsweise zieht mich unwiderstehlich in seinen Bann – auch wenn ich nicht unbedingt ein Freund elektrischer Gitarren bin. Doch das Trio zwingt einen mit seinem packenden Groove geradezu, nicht still im Hörsessel sitzen zu bleiben. Der Bass hat Gewicht, die Becken strahlen nur so vor Energie und der imaginäre Raum passt perfekt zu den teils akustischen, teils elektrischen Sounds: ein Genuss! Oder anders ausgedrückt: Der LINA spielt rhythmisch auf den Punkt, verwöhnt mit satten Klangfarben und tonaler Ausgewogenheit. Kein Wunder, dass ich gleich drei Alben trotz gelegentlicher Ausflüge der Drei in freiere Gefilde voller Spannung und dennoch entspannt gehört habe.
Um die Qualitäten des LINA ein wenig präziser einschätzen zu können, greife ich zur „Improvisation“ Patrice Herals auf Michel Godards Album Le Concert Des Parfums in der von Qobus erworbenen 24-Bit-Version. Ohne direkten Vergleich überzeugt mich der LINA rundum: Raum, Dynamik, Energie im Bass und Detailfülle zeigen, auf welch hohem Niveau sich der Network DAC bewegt. Nach der Konfrontation mit meiner nun nicht mehr optimal aufgestellten etatmäßigen Digital-Kombination – der fehlen das Ansuz-Switch und der USB Fiber Optical Hub, da dessen Stromversorgung für das SOtM-Switch benötigt wird – ist aber klar, dass in Sachen Raumdarstellung und Spielfreude noch ein Quäntchen mehr geht, als der LINA bietet. Aber das kann man dem Network DAC aufgrund der recht beträchtlichen Preisdifferenz zwischen ihm und der über lange Zeit optimierten Kette keinesfalls zum Vorwurf machen. Außerdem musste der LINA2.0 bisher auf die LINA Master Clock verzichten.
Ich höre – da ich den Klang des LINA noch nicht verinnerlicht habe – dreimal den Anfang des ersten Satzes von Mahlers Symphonie Nr. 3 und dann noch einmal, nachdem ich dem Network DAC durch einige Klicks in der dCS-Mosaic-App erlaubt habe, auf die LINA Master Clock zuzugreifen. Den beträchtlichen klanglichen Fortschritt durch den externen Taktgeber hätte ich gewiss auch festgestellt, wenn ich das Stück zuvor nur einmal gehört hätte: Dank der Clock wirkt der Raum nun in allen Dimensionen ein gutes Stückchen größer, die Instrumentengruppen werden noch besser differenziert und unverrückbar auf Bühne positioniert. Der Tieftonbereich besitzt einen Hauch mehr Energie, und die Klangfarben wirken eine Nuance wärmer. Schon jetzt steht für mich fest: Wenn man den LINA2.0 auch nur kurz mit der Clock genossen hat, ist es unmöglich, wieder darauf zu verzichten.