In einem solchen „unitär gewichteten“ DAC werden im Gegensatz zu Ladder-DACs nicht jedes Mal die gleiche(n) Stromquelle(n) für dasselbe Bit verwendet: Der Ring-DAC verfügt über 48 Stromquellen, die alle die gleiche Strommenge erzeugen. Selbst für den maximalen Pegel müssen dort aber nur 32 Quellen aktiv sein, um den nötigen Strom bereitzustellen. Die 16 – oder bei kleineren Pegeln auch mehr – übrigen Stromquellen bilden eine Art Reserve und werden dann in den folgenden Samples verwendet. Verschiedene Algorithmen, die nun auch im LINA wählbaren Mapper, bestimmen in Kombination mit einem Field Programable Gate Array (FPGA), welche Quellen jeweils ein- und ausgeschaltet werden. So gleichen sich minimale Abweichungen der einzelnen Stromquellen vom Idealwert im Laufe der Zeit aus: Wenn das gleiche Bit dreimal vom Ring DAC dargestellt wird, sind daran immer wieder andere Stromquellen mit ihren geringen Abweichungen beteiligt. Bei einem Ladder DAC hingegen wird das Sample jedes Mal von derselben Flipflop/Widerstands-Kombination und daher mit der gleichen Abweichung vom Idealwert dargestellt. 32 gleiche Stromquellen können aber lediglich ein Sample mit fünf Bit abbilden. Daraus folgt, dass der Ring DAC mit genau dieser Bit-Tiefe arbeitet. Daher müssen alle Signale unabhängig von ihrer originalen Bitzahl und Abtastrate durch Oversampling auf 705,6 oder 768 Kilohertz gebracht werden, bevor sie von einem Fünf-Bit-Modulator verarbeitet werden. Der Ring DAC wandelt dann schließlich das Fünf-Bit-Signal mit 2,811 Megahertz. Um Sie und mich nicht zu überfordern, beende ich hier den Ausflug in dCS' proprietäre Wandlertechnik. Wer unbedingt mehr über die Vor- und Nachteile verschiedener Wandlerkonzepte wissen möchten, kann sich ja die Abhandlung Understanding the dCS Ring DAC™ zu Gemüte führen: überaus aufschlussreich, aber nicht ganz anspruchslos.
Aber der LINA2.0 ist nicht nur ein D/A-Wandler: dCS bezeichnet ihn als Network DAC, was nicht anderes heißt, als dass auch eine Streaming Bridge integriert ist, mit der er auf Files auf einem Netzwerk-gebundenen Speicher oder von Streaming-Diensten wie Tidal oder Qobuz zugreifen kann. Natürlich spielt der Lina in seiner Funktion als DAC auch Dateien von USB-Sticks und externen Festplatten ab. Eine USB-B-Buchse erlaubt die Verbindung zu einem Computer. Je eine BNC- und Cinch-Buchse sowie ein Toslink-Anschluss stehen für Signale nach S/PDIF-Standard zur Verfügung und schließlich gibt es zwei AES/EBU-Schnittstellen. Ein Upsampler, der ankommende Signale auf DXD, also 352,8 Kilohertz und 24 Bit oder DSD64 respektive DSD 128 hochrechnet ist beim Network DAC ebenfalls mit an Bord. Damit erfüllt der LINA2.0 in etwa dieselben Aufgaben wie der Vivaldi APEX DAC und der Vivaldi Upsampler mit seiner integrierten Streaming Bridge – und das für knapp 15.000 Euro. Für dCS-Verhältnisse geradezu ein Schnäppchen.
Da ich um die klangfördernde Wirkung externer Taktgeber weiß, habe ich die LINA Master Clock gleich mitbestellt. Sie kommt in demselben extrem soliden, aus gefrästen Teilen zusammengesetzten Gehäuse wie der LINA2.0 und der Kopfhörerverstärker – nur dass hier das einzige Bedienungselement der Stand-By-Schalter auf der Unterseite der massiven Frontplatte ist. Laut Alasdair McDonald, dCS' Export Sales Manager, sorgten allein schon die räumliche Trennung, der Schutz vor etwaigen Resonanzen und die eigene Stromversorgung dafür, dass die externe Clock bessere klangliche Ergebnisse liefert als die im Network DAC integrierte. Sehr ähnlich argumentiert übrigens auch Chorus Chuang, Chief Technology Officer bei Silent Angel, im Interview mit dem Kollegen Roland Dietl. Anders als bei der Silent Angels Genesis GX werden bei der LINA Master Clock aber nicht exakt dieselben Oszillatoren verwendet wie im DAC: Zwar stammen die spannungskontrollierten Oszillatoren für Signale mit einem Vielfachen von 48 Kilohertz beim externen und integrierten Taktgeber von selben Hersteller und tragen die dieselbe Modellbezeichnung. Das Exemplar in der Masterclock ist jedoch von Hand beschriftet, was auf eine strengere Selektion hinweisen dürfte. Der Ozillator im DAC für die Vielfachen von 44,1 Kilohertz, der nicht nur für PCM-, sondern auch für DSD-Signale verantwortlich ist, stammt ebenfalls von Golledge Electronics und ist unbeschriftet. Sein Pendant in der externen Clock ist ein beheizter Quarzoszillator des englischen Herstellers HCD Research – was meine Erwartungen an die Wirkung der LINA Master Clock natürlich noch ein wenig erhöht.