Deutlich wird dies auch bei Rimsky-Kosakovs Scheherazade der Berliner Philharmoniker und Herbert von Karajan. Die digitale Ausgabe in 96 Kilohertz und 24 Bit spiele ich direkt vom Melco-Server. Die Aufnahme klingt vergleichsweise wenig aufpoliert und eher unspektakulär, mit den Karlssons aber wird klar, dass sie in Sachen Natürlichkeit anderen „Hochglanzausgaben“ durchaus überlegen ist. Die Entfaltung der Klangeigenschaften einzelner Instrumente könnte ich mir nicht treffender wünschen. Geigen klingen lebendig, markig und dürfen ihren wahren Klangcharakter, der eben nicht immer nur seidig glatt, sondern durchaus auch mal etwas rau und scharf ist, voll ausleben. Die Bässe hingegen runden das Klanggeschehen mit ganz viel Wärme und Einfühlungsvermögen nach unten ab. Die von ihnen produzierten sehr langen Schallwellen stehen förmlich im Raum und erreichen mich sogar mit ihrem Körperschallanteil. Und dies, obwohl ihre Wellenlänge eigentlich überhaupt nicht in meinen Raum passt und ich mit der Lautstärke durchaus noch Rücksicht auf meine Nachbarn nehme. Der gesamte Bassbereich wird vollkommen ansatzlos und extrem schnell abgebildet – nach wie vor eine sehr beeindruckende Fähigkeit der Karlssons. Klarinetten, Oboen und Fagotte faszinieren durch ihre Griffigkeit und den großen Fokus ihres Klangfarbenreichtums, der sie gut eingebunden im gesamten Orchesterkörper erstrahlen lässt und ihre Melodien besonders ergreifend macht. Flöten wird eine große Leichtigkeit beschert und sie schweben geradezu durch ihre Melodieläufe. Pauken und große Trommel erklingen sehr akzentuiert und entgegen den Kontrabässen trocken, Becken sind nicht nur als Klangpunkt, sondern regelrecht als Klangkörper wahrnehmbar. Blechbläser schmettern ihre Klänge geradezu in den Hörraum. Der großen Dynamik der Aufnahme werden die Karlsson absolut gerecht und ich attestiere ihnen ohne Bedenken uneingeschränkte Klassik-Tauglichkeit!
Schlussendlich gilt natürlich noch herauszufinden, wie die Karlssons mit Stimmen umgehen. Dazu höre ich eine meiner Lieblingsbands Epica und ihre mir stimmlich sehr vertraute Sängerin Simone Simons mit der Ballade „Rivers“, die aus dem aktuellen Album Omega als ungewöhnlich ruhig heraussticht. Ein Finale mit E-Gitarren und Schlagzeug lassen sich die Niederländer trotzdem nicht nehmen. In meinem Hörtest steht dieses Stück synonym für alle erdenklichen Alben verschiedenster Musikrichtungen, die einfach „ganz normal“ und gut, aber eben nicht überragend produziert wurden. Das Stück beginnt mit extrem verhallten und verfremdeten Schlagzeug- und Klavierklängen. Die tiefen Trommelschläge kommen unheimlich schnell, ansatzlos und sehr tief daher. Wieder frage ich mich, woher die Karlssons dieses Volumen nehmen. Besonders reizvoll dabei ist, dass der Tiefbassanteil am untersten Ende des Frequenzspektrums nicht im Geringsten von Raumresonanzen maskiert wird, sondern ganz deutlich hörbar ist. Größere Lautsprecher liefern zwar mehr spürbaren Druck, stehen sich damit aber oft selbst im Wege, und diese feine, hörbare Komponente des Tiefbasses geht im Donner unter. Der Karlsson geht hier mit ganz viel Fingerspitzengefühl ans Werk und lässt diesen Anteil des Frequenzspektrums unglaublich geschmeidig und harmonisch mit dem musikalischen Geschehen verschmelzen – eine Ausnahmefähigkeit und wahrscheinlich das erste Mal, dass ich einen kleinen Lautsprecher ausdrücklich wegen seiner besonderen Fähigkeiten im Bassbereich wählen würde und nicht, weil er einem größeren Lautsprecher „nur“ in nichts nachsteht. Aber ich schweife ab, schließlich wollte ich mich zur Stimmwiedergabe äußern. Sie erhält trotz der Linearität des Frequenzgangs in den unteren Mitten einen subtilen, sehr angenehmen und natürlichen Schwung Wärme. Obere Mitten- und Hochtonanteile verhalten sich im Besten Sinne unauffällig und vermitteln genau das richtige Maß an Luftigkeit und Durchsetzungsvermögen. Es wird an keiner Stelle übertrieben, damit der Lautsprecher beispielsweise besonders frisch oder spritzig klingt. Somit suche ich nach artifizieller Härte vergeblich. Außerdem beweisen die Karlssons, dass sie sich bestens auf Detailreproduktion verstehen. Denn es fällt auf, dass die Stimme nicht ganz so frei und unbeschwert im Raum steht, wie es mit anderen Aufnahmen durchaus möglich ist. Im Direktvergleich sind die Karlssons in dieser Disziplin meinen Studiomonitoren von Neumann haushoch überlegen, obwohl auch diese, nach einer Frequenzgangkorrektur meinerseits, ähnlich linear spielen und Detailreproduktion eigentlich ihr Hauptjob ist. Solch feine Unterschiede können mit den Neumännern nur unter großer Anstrengung wahrgenommen werden. Ein glatter Frequenzgang allein ist eben nach wie vor noch nicht das ganze Geheimnis. Die Charakteristika einer jeden Aufnahme sind mit den Karlssons vollumfänglich durchhörbar, ohne dass sich die Karlssons dabei in irgendeiner Art und Weise aufdrängen. Was vom Produzenten vorgesehen wurde, wird einfach wertungsfrei und mit einer unnachahmlichen Leichtigkeit wiedergegeben. Und selbst wenn, wie auch in diesem Fall, kleine Unzulänglichkeiten einer Aufnahme aufgedeckt werden, bleibt das Hörvergnügen konstant überdurchschnittlich hoch.