Wie eingangs erwähnt stellt der Kopfhörer keine besonders hohen Anforderungen an den Zuspieler. Er lässt sich durchaus zufriedenstellend an einem Smartphone betreiben. Obwohl der HiBy R6 in meinen Augen ein Spezialist für In-Ears ist, hat er wie gesagt keine Probleme damit, den AEON 2 anzutreiben. Jedoch tun etwas leistungsstärkere Verstärkerschaltkreise dem Kopfhörer durchaus gut. An meinem portablen Kopfhörerverstärker/Wandler ifi micro iDSD Black Label kommt etwas mehr Leichtigkeit und Transparenz zustande. Deshalb werde ich diesen auch für eine eingehendere Beurteilung der klanglichen Eigenschaften des Magnetostaten heranziehen.
An Elliot Scheiner komme ich in diesem Hörtest einfach nicht vorbei. Viele von ihm produzierten Alben mögen in der HiFi-Szene eindeutig überhört sein. Jedoch klingt das von ihm produzierte Toto-Album Tambu mit dem AEON 2 einfach zu gut, um es Ihnen als Hörbeispiel vorzuenthalten. Gleich der erste Track „Gift of Faith“, kitschig wie er auch sein mag, zaubert mir ein Lächeln auf die Lippen. Meine gebrauchte CD-Ausgabe hatte aufgrund eines Kratzers einen Auslesefehler in diesem ersten Track. Umso mehr habe ich mich über die Hi-Res Veröffentlichung in 192/24 vor vier Monaten gefreut. Die ersten vier Takte kommen ohne Bassline aus, nur Schlagzeug und Gitarren sind zu hören. Die hart nach links gepannte akustische Gitarre lässt auf die Stereobreite des Kopfhörers schließen. Sie fällt angenehm großzügig aus, jedoch nicht zu ausladend. Das Schlagzeug klingt Scheiner-typisch einfach nur unbeschreiblich treibend und auf den Punkt – zu großen Teilen ist hierfür natürlich auch das groovend-präzise Spiel von Simon Philipps verantwortlich. Die sich krachend entladene Snare, die trocken schiebende Bass Drum und die behände gespielte Hi-Hat gehen eine Symbiose mit der durch die Aufnahmetechnik sehr flächig klingenden E-Gitarre und der eher isolierten akustischen Gitarre auf dem linken Ohr ein. Im 5. Takt setzt dann der Bass ein und das Grinsen ist in meinem Gesicht festgetackert. Ich bin eigentlich eher der Typ, der den Bassbereich zurückhaltend, ja eher unterbelichtet bevorzugt, aber der AEON 2 erwischt mich kalt. Zurückhaltend kann man ihn in dieser Hinsicht nicht bezeichnen, er wartet mit enorm viel Kraft und Tiefgang auf, ist dabei aber gleichzeitig derart kultiviert, dass manch offener Kopfhörer davon nur träumen kann. Die Umsetzung ist wirklich unglaublich gut gelungen und schrammt gefährlich nah am Suchtmittelgesetz vorbei. Die Bassline von Mike Porcaro fügt sich nahtlos in das musikalische Geschehen ein, ohne sich aufzudrängen und ist gleichzeitig einfach nur Bass in seiner reinsten Form, anders lässt sich der Sound nicht beschreiben. Jetzt muss nur noch die Reproduktion von Steve Lukathers Stimme passen, und ich bin umfassend zufrieden gestellt. Um es kurz zu machen: Es passt. So und nicht anders kenne ich Lukather. Leicht nasal, eher nach innen singend als nach außen, mit teilweise rocktypisch angerauten Gesangesklängen. Weder zu dick aufgetragen in den unteren Mitten, noch zu präsent oder hohl im oberen mittleren Frequenzbereich, so wie es sein soll. Der AEON 2 verhält sich weitestgehend neutral, ohne langweilig oder analytisch zu klingen. Die Höhen fallen wie auch beim Ether 2 eher gutmütig aus. Nur weil sie sich nicht in den Gehörgang schneiden, heißt noch lange nicht, dass sie nicht vorhanden seien. Die Glocken im Stück „Agape“ des Dead-Can-Dance-Albums Anastasis beweisen eindrucksvoll, dass Höhen ausreichend vorhanden sind. Für mich bedarf es nicht mehr. Die Verwebung der verschiedenen Instrumente fällt großzügig aus, was der Musikalität des AEON 2 sehr zuträglich ist. Trotzdem wird jedem Instrument genügend Entfaltungsfreiheit gegeben, und es ist ein Leichtes, einzelnen Instrumenten zu folgen. Nur eben nicht auf dem Seziertisch, sondern im musikalischen Kontext. Die virtuelle Bühne macht dabei einen weiträumigen Eindruck mit einer guten Tiefe. Tendenziell hat man das Gefühl, etwas näher und unmittelbarer an der Präsentation des Interpreten teilzunehmen, was ich neben der Abstimmung seines Frequenzgangs auch auf das geschlossene Prinzip zurückführen würde. Der AEON 2 closed klingt einfach verdammt gut. Punkt. So gut, dass während des Testzeitraums zu keinem Zeitpunkt der Wunsch erwächst, der Abstimmung mit dem Tuningset nachzuhelfen. Interessant ist dessen Effekt dennoch. Die drei verschiedenen Einlagenpaare wirken sich nicht ausschließlich auf die Höhenwiedergabe aus, sondern verändern auch den Gesamteindruck des Zusammenspiels verschiedener Instrumente. Gewissermaßen verschieben sie den Fokus der Klangwahrnehmung. Für Experimentierfreudige durchaus eine Überlegung wert, um verschiedenen Musikstücken oder Genres noch mehr Eigenständigkeit zu verleihen.
Auch in einem Genre, in dem ich eigentlich nicht zu Hause bin, macht der Kopfhörer eine sehr gute Figur. Ein guter Freund von mir, der immer mal wieder als DJ durch die Clubs von Hamburg zieht, versorgt mich mehr oder weniger regelmäßig mit angesagtem Musikmaterial aus der elektronischen Musikszene. Die meisten Interpreten habe ich noch nie in meinem Leben gehört, eines aber eint sie und das sind unanständig tiefe Bässe. Dabei ist es faszinierend, wie Bässe im eher üblichen Frequenzbereich wischen 60 und 120 Hertz vom AEON 2 präzise und trocken abgeliefert werden, während wirklich bösartig tiefe Samples zwischen 20 und 40 Hertz genauso großflächig schmatzend daherkommen, wie man es eigentlich eher von einem Subwoofer im Club erwartet. Dabei wirkt der Bass keineswegs aufgesetzt oder unnatürlich an den Rest des Frequenzspektrums angeheftet, sondern sehr homogen und natürlich. Auch bei hohen Lautstärken ändert sich daran nichts. Ich sehe den AEON 2 auch als ernsthaften Livebegleiter hinter den Turntables.