Drittens, und das finde ich sehr spannend, ist die Bestückung der Eingangsstufe mit einer 12AU7, alternativ ECC82, Doppel-Triode. Wir kennen ein solches Miteinander von Transistor und Röhre bei PS Audio vom aufwändigsten Vorverstärker, dem BHK Signature Preamplifier und den dazugehörigen Endstufen BHK Signature 250 und Signature 300 Mono. Von außen erlaubt rückseitig ein mit Tube Access beschrifteter, durch zwei Schrauben gesicherter Gehäusedeckel nach dessen Entfernen den Zugriff auf die Röhre. Das lädt ein zum Tube-Rolling. Die deutlichen hörbaren Auswirkungen durch den Austausch von Treiber-Vorstufen-Röhren habe ich unlängst bei meinen AirTight-Monos erfahren und sie so klanglich beachtlich aufwerten können, zumindest bezogen auf das Geräte-Miteinander in meiner Audio-Kette. In der Bedienungsanleitung der Stellar M1200 wird auf die Wechselmöglichkeit hingewiesen, auch mit dem Kommentar, dass ein Tausch der 12AU7 eine klangliche Veränderung mit sich bringe. Sicherlich darf man davon ausgehen, dass PS Audio, in persona Darren Myers als Verantwortlicher für diese Stellar Monos, sorgsam die Röhrenbestückung gewählt hat. Schließlich ist sein Anspruch der an Musikalität mit Transparenz, Wärme, Feinzeichnug und Dynamik, der ihn diesen technischen Weg, die Kombination zweier Welten, gehen ließ. Der optionale Tausch der Eingangsröhre ermöglicht dem Benutzer der Stellar M1200 eine individuelle Feinabstimmung in die eine oder andere Richtung, je nach persönlicher Vorliebe. Eine Aufforderung, hier Hand anzulegen, ist es gewiss nicht. Denn die musikalische Abstimmung der Monos gelang ganz hervorragend. Ich hatte keinerlei Bedürfnis, in meinem Test-Setup an dieser Stelle irgendetwas tonal zu verändern. Dennoch bleibt dieser Aspekt für mich bei der Beurteilung dieser Endstufen ein wichtiger. Ein Kaufpreis von 7400 Euro für das Paar ist gemessen am klanglichen Potenzial, das möchte ich jetzt schon sagen, eher günstig und wohl für Viele eine Langzeit-Investition. Da ist dieser Aspekt einer klanglichen Feinjustage durch den Röhrentausch eine feine und auch beruhigende Sache, weil für künftige Klangveränderungen hier einiges möglich ist. Hervorragende, gematchte Röhrenpaare dieses Typs bekommt man neu für unter 100 Euro.
Darren Myers Ziel bei der Entwicklung der M1200 war unbegrenzte Leistungsbereitschaft für jeden Lautsprecher bei lauter und komplexer Musik. Man kennt das leidige Problem, wenn der volle Klangkörper eines Orchesters nicht mehr sauber aufgelöst wird oder sich sogar etwas komprimiert anhört, da es dem Verstärker schlichtweg an Energie mangelt. Der M1200 bietet reichlich Leistung. Selbst an zwei Ohm ist er stabil und liefert an vier Ohm bei Bedarf mindestens 1200 Watt. Der Wirkungsgrad ist dank des neuartigen Class D-MOSFET-Konzepts hervorragend und liegt bei hohem Leistungsbedarf zwischen 70 und 80 Prozent. Diese Energie soll laut PS Audio nicht in erster Linie leistungshungrigen Lautsprechern dienen, wo sie natürlich um so mehr gebraucht wird, sondern vor allem unproblematischen, kleinen und sogar solchen mit ausgezeichnetem Wirkungsgrad. Unbegrenzte Leistung verhilft jedem Lautsprechern zu mehr Dynamik und Transparenz. Wer jemals hochkarätige Verstärker an vergleichsweise preisgünstigen Boxen probiert hat, weiß, was ich meine: Sie sind nicht wiederzuerkennen und wachsen klanglich über sich hinaus. Noch zu Beginn des Jahres hatte ich das Vergnügen, dies bei einem Freund zu erleben, der sich zu seinem Paar Canton Boxen für 2400 Euro die Brinkmann Monos geleistet hatte. Unglaublich, auf welchem Niveau die Canton damit spielen. Und genau auf dieses Ergebnis zielt das Energie-Konzept der M1200. Um das Class-D-MOSFET-Design tonal musikalisch zu optimieren, wurde den Monos in der symmetrisch aufgebauten Eingangsstufe die 12 AU7 Doppel-Triode spendiert, die ohne Gegenkopplung arbeitet. In dieser Stufe finden sich hochwertige Bauteile wie PRP-Widerstände und Rel-Kondensatoren. In der Leistungsstufe arbeitet das neueste ICE-Edge-Modul mit Leistungsfaktorkorrektur. Dessen Eingangstufe wurde zugunsten der Röhrenstufe umgangen. Dieses Miteinander von Röhre und hocheffizientem Class D bringt laut PS Audio spontane, unlimitierte Dynamik und musikalisches Feingefühl, ganz gleich an welchem Lautsprecher.
Man sollte die M1200 nicht starten und sofort ein gutes Hörergebnis erwarten. Es macht Sinn, die Monos mindestens eine Stunde zuvor im Standby-Modus vorzubereiten oder sie gleich in den Leerlaufbetrieb zu schalten. Der Stromverbrauch unterscheidet sich da kaum. Das kenne ich schon von meinem PS Audio DirectStream DAC. In meinem Hörtest habe ich die Mono-Endstufen mit drei Meter langen QED Lautsprecherkabeln und auch nicht im Bi-Wiring mit meinen Analysis-Audio-Epsilon-Bändchenlautsprechern verbunden. Nur so war ein schnelles Umstecken auf meine unlängst per neuer Treiber-Röhren deutlich verbesserten Air Tight Monos möglich. Die Epsilon sind keine problematischen Lautsprecher. Mit einem recht glatten Impedanzverlauf um vier Ohm stellen sie keine hohen Anforderungen an den Verstärker. Der Wirkungsgrad ist mit 86 Dezibel ziemlich niedrig. Mit diesen technischen Gegebenheiten dürften die Stellar M1200 leichtes Spiel haben. Nur zur Erinnerung: Beide PS Audio Stellar kosten zusammen 7.400 Euro, die ATM-3 seit Beginn dieses Jahres stattliche 20.000 Euro. Ganz fair ist da ein Vergleich nicht.