Die Bestückung und der technische Aufwand der Verus III sind beachtlich und würden, nicht nur auf den ersten Blick, einen erheblich höheren Preis akzeptabel erscheinen lassen. Fangen wir mal mit dem von vorn E an. Die mittels unsichtbarer Magneten arretierte, schwarze Frontbespannung lässt sich durch einen Griff in die dafür gestaltete Mulde im Rahmen leicht abnehmen und wieder aufsetzen. Der Akustikstoff ist blickdicht und lässt die Bestückung unsichtbar werden. Hinter ihm sind fünf Chassis in die stets schwarze, hochwertig anmutende Gehäusefront aus MDF eingelassen. Sehr schön gemacht ist die Einfassung der einzelnen Chassis mit einem Ring aus festem Gummi, so dass keinerlei Verschraubung zu sehen ist und zusätzlich unerwünschten Vibrationen entgegengewirkt wird. Im oberen Teil des Gehäuses nehmen zwei 135-Millimeter-Konus-Mitteltöner den 25-Millimeter-Kalottenhochtöner mit seiner AperionAudio ASR™ -Technologie in ihre Mitte. Die beiden Mitteltöner tragen in ihrem Membran-Zentrum Phase-Plugs aus Aluminium. Die Anordnung der drei Chassis ist an das d´Appolito-Prinzip angelehnt, entspricht ihm jedoch technisch nicht ganz, was schon an den Abständen der drei Chassis zueinander erkennbar ist. ASR steht für Axially Stabilized Radiator™. Das Ziel dieser Kalottenhochtöner-Konstruktion soll ein zu den tiefen Frequenzen hin ausgedehntes und in Verbindung zu den Mitteltönern homogenes Abstrahlverhalten gewährleisten. Die Trennfrequenz zwischen Kalotte und Mitteltönern liegt bei 2600 Hertz. Die Seidenkalotte ist zur Resonanz-Optimierung mit einer speziell entwickelten Dämpfungsmasse beschichtet. Eine Besonderheit von ASR™ ist hinter dem Diffusor in der Mitte der Kalotte deutlich sichtbar. Dort erkennt man eine Einbuchtung in der Membran, die zentral mechanisch arretiert ist und deshalb in ihrem Zentrum nicht frei schwingt. Eine mittige Stabilisierung ist nicht einzigartig, man findet sie ähnlich auch bei wenigen anderen renommierten Herstellern. Dennoch haben die Entwickler bei AperionAudio eine besondere Technologie angewandt, die Sie sich, falls es Sie im Detail interessiert, in der 23-seitigen US-Patentschrift anschauen können. Im Hause AperionAudio legte man bei dem patentierten Hochtöner besonderen Wert darauf, das in den tiefen Frequenzen erweiterte Spektrum der Seiden-Kalotte auch im harmonischen Winkel zum Mitteltöner abstrahlen zu können. Das Resonanzverhalten soll ebenfalls profitieren. Um die Belastbarkeit zu steigern, ist die Schwingspule des Axially Stabilized Radiator™ mit Ferrofluid gekühlt.
In den jeweils zwei Tiefton- und Mittelton-Chassis sorgen Kevlar-Membranen für die Ankopplung an die Luft. Kevlar ist bekanntlich sehr leicht, verwindungs- und resonanzarm. Die beiden Tieftöner arbeiten auf den weitaus größten Teil des Gehäuses. Vom Gesamtvolumen ist eine eigene Kammer für die beiden Mitteltöner und den Hochtöner abgeteilt. So können die Luftbewegungen, die durch die beiden Bässe erzeugt werden, die Mitteltöner nicht anregen und umgekehrt. Die zwei rückseitigen Bassreflex-Öffnungen sind mit Schaumstoff-Pfropfen verschlossen. Das ergibt maximale Präzision im Bassbereich, da es sich so um ein annähernd geschlossenes System handelt. Entfernt man einen von ihnen oder auch beide, verändert dies den Frequenzverlauf im Tieftonbereich und erweitert ihn auch etwas nach unten. Dafür verzichtet man ein wenig auf die Präzision des geschlossenen Konzepts. Es macht Sinn, im eigenen Hörraum in Ruhe zu probieren, um das Bass-Verhalten dem persönlichen Geschmack und den Gegebenheiten des Raumes anzupassen. Die Erfahrung zeigt jedoch – so war es auch beim Test der XTZ Divine Delta, dass auch eine feinere Abstimmung mit nur einer Öffnung zielführend sein kann.
Dass beide Öffnungen nicht ganz die gleiche Auswirkung auf den Frequenzgang haben, entnehme ich Folgendem: Auf der amerikanischen Website von AperionAudio ist die Verus III Grand Tower im Querschnitt abgebildet und bietet einen begrenzten Einblick ins Innenleben. Man erkennt eine Aufteilung des Gehäusevolumens oberhalb des unteren Ventilierrohres. Es handelt sich dabei um eine recht massive Rundum-Verstrebung des Kabinetts zu dessen Stabilisierung, die eine große Öffnung in der Mitte lässt. Die Druckverhältnisse an den beiden Ventilierrohren sind deshalb nicht unbedingt exakt gleich. In der unteren Kammer befindet sich die aufwändige Frequenzweiche und das Anschluss-Terminal. Letzteres ist mit zwei Paar vergoldeter Anschlüsse für Vier-MillimeterBananas, Gabelschuhe oder freie Kabelenden für Bi-Amping oder Bi-Wiring ausgelegt. Eine Aperion-Audio-eigene Verkabelung und nicht, wie anderswo oft zu finden, eine minderwertige Messingbrücke, verbindet für den Standard-Betrieb die beiden Anschlüsse für die Bässe und für das Mittel-Hochton-Trio. Eine Steckbrücke erlaubt durch einfaches Umsetzen – auch während des Spielbetriebs – eine Absenkung des Hochton-Pegels um drei Dezibel. Die interne Verkabelung erfolgt ebenfalls mit einer Aperion-spezifischen Verdrahtung, ihre Kontakte sind mit Flachsteckern ausgeführt. In der Weiche sorgen neben anderen, speziell für Aperion gefertigten Bauteilen Dünnschicht-Kondensatoren für geringste dielektrische Verluste. Die Leiterplatine ist rot lackiert, wie man nachlesen kann: Rot, als Farbe der Liebe, aus Liebe zur Klangqualität – warum nicht.