Wie in der Einleitung erwähnt wird tatsächlich und bewusst kein Frequenzbereich angegeben. Bei MrSpeakers ist man davon überzeugt, dass es nicht nötig sei, das „Spiel der Spezifikationen“ mitzuspielen wie es auf der Website des Herstellers heißt. Außerdem gäbe es in der Industrie ohnehin keine genaue Normung zur Messung und Angabe des Frequenzgangs von Kopfhörern, deshalb würden sämtliche Versuche diesen anzugeben, meist in wilden Übertreibungen ausufern. Für mich klingt das sehr sympathisch. Die V-planar-, zu Deutsch V-flächige, Treiber-Technologie verspricht eine tiefreichende und impulsgetreue Basswiedergabe, weniger Verzerrungen und mehr Dynamik. Die Membran wird dazu ähnlich wie bei einem Akkordeon nicht glatt, sondern mit leichten Falten, im Plissee, eingespannt. So kann sie Extremzuständen besser folgen, da sie sich weiter dehnen kann als ungefaltet. Diese Raffinesse haben die Entwickler von MrSpeakers zusammen mit Bruce Thigpen von Eminent Technology ausgetüftelt. Letztendlich entscheidet der Klang und kein Datenblatt.
Der Magnetostat wird in einem praktischen Hartschalencase, in dem sich nicht nur der Ether 2 selbst, sondern auch gleich ein passendes Kabel sicher verstauen lässt, geliefert. Die Abmessungen sind der des Kopfhörers so weit wie möglich angenähert und man verschwendet beim Transport nicht unnötig viel Platz im Koffer oder Rucksack. Die Klettbefestigung im Inneren verträgt sich leider nicht vollständig mit dem Kabel und raut die Oberfläche des Gewebemantels auf. Das sieht zwar nicht schön aus, schadet dem Kabel aber weiter nicht. Ich habe diesem Umstand Abhilfe verschaffen, indem ich das Kabel in einer kleinen Plastiktüte verstaut habe, bevor es seinen vorgesehenen Platz im Case einnimmt. Die Verarbeitung des Ether 2 ist hervorragend und die Materialien sehr hochwertig. Sogar Kohlefaser kommt als Abdeckung der Treibermembrane zum Einsatz, leider unsichtbar, zumindest meistens. Außer beim Austauschen der Ohrpolster, was durchaus öfter vorkommen dürfte. Nicht aufgrund von Verschleiß, sondern da neben dem mitgelieferten Standardpolster, welches aus hochwertigem Kunstleder besteht, noch zwei andere Varianten zur Wahl stehen. Eine davon ist ebenfalls aus glattem Kunstleder gefertigt, jedoch ist die Innenseite perforiert. Das dritte Pad hat eine Velouroberfläche.
Bevor ich die Auswirkung der verschiedenen Polster beurteilen werde, beginne ich mit einer allgemeinen Einschätzung des Gesamtklangs des Kopfhörers. Dazu nutze ich die Standard Kunstleder-Pads und das symmetrische Kabel mit XLR-Stecker samt Adapter an meinem Brooklyn DAC+. Ich erwarte wie bei Magnetostaten üblich eine kräftige Anbindung des Bassbereichs und fein aufgelöste Höhen bei einer tendenziell eher warmen Abstimmung. Den Mittenbereich wünsche ich mir möglichst neutral und die Chancen stehen gut, dass der Ether 2 diese Erwartung erfüllt. Noch immer klingt mein Festival-Sommer auf der heimischen Anlage nach. Die norwegischen Prog-Metaller Leprous haben mich nachhaltig beeindruckt, obwohl ich den Bandnamen nach wie vor äußerst ungewöhnlich finde. Eine meiner liebsten musikalischen Entdeckungen der letzten Zeit. Wie konnte ich diese Band vorher nur übersehen? Kurz vor ihrem Auftritt hat der Zuspielcomputer des Live-Racks den Dienst quittiert. Was genau alles über den Rechner gesteuert wird, kann man, ohne das genaue Rack-Setup zu kennen, schwer sagen. Sicher ist jedoch, dass der Rechner sämtliche Backingtracks und den Click für den Schlagzeuger zuspielt. Da Leprous live mit digitalen Profiling-Modeling-Gitarrenamps arbeitet, speziellen, kompakten Geräten, die den Klang von echten Gitarrenverstärken analysieren und nachbilden, ist stark davon auszugehen, dass sowohl diese als auch die Keyboards via MIDI-Signalen vom Zuspielrechner für den jeweiligen Song automatisch konfiguriert werden. Ohne Zuspielrechner passiert hier natürlich gar nichts automatisch. Eventuell laufen sogar die meisten Gesangseffekte über diesen Rechner. Im schlimmsten Fall sogar Lichtdesigns. Da sich der Computer nach knapp zwanzig Minuten noch immer nicht zum Mitmachen bewegen ließ, haben die Musiker das Konzert komplett ohne ihre technische Schaltzentrale gespielt. Old-School, wie Sänger Einar Solberg selbst anmerkte. Auf eine neue, ohne Computergehirn spielbare, Setlist wurde sich per Zuruf während des laufenden Konzerts verständigt. Selbiges war auch ohne den Computer dermaßen mitreißend, dass ich mich ernsthaft frage, was man an so einer Show überhaupt noch verbessern kann. Da Leprous im November tourt, werde ich dies bald feststellen können.
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