Die Warmlaufphase des Pick-ups dauerte übrigens nur ungefähr 25 Stunden und war damit sehr kurz. Der Zeitpunkt, wo sich am Klangcharakter nichts mehr signifikant zu ändern schien, war also schnell erreicht, was mein potenziell eher ungeduldiges Vize-Ego sehr freute. Stetiges Durchnudeln alter Vinylscheiben, nur um das (Gummi-)Lager des Nadelträgers schön durchzuwalken, ist ohnehin nicht meine Sache; hier machte sich also tatsächlich der erwartete Effekt der Silikon-Polymer-Mischung bemerkbar. Vielmehr variierte ich während des Einspielens gerne die Auflagekraft, hörte schon mal hier und da genauer hin – und siehe da, bei geringeren Auflagekräften knapp unterhalb von 17 Millinewton rastete das Klangbild förmlich ein. Ach ja, bevor ich es vergesse: Die Kapazität des Phonokabels sollte so gering wie möglich gehalten werden – Koaxialkabel scheiden also prinzipbedingt eher aus. Im Wesentlichen ging es während der Break-in-Phase also eher nur noch darum, dass der stete Stromfluss durch das Generatorkabel dieses nach dessen Extrusion elektrisch „geschmeidiger“ werden ließ.
So richtig spannend wird es trotz noch so interessanter technischer Details natürlich erst im praktischen Hörtest. Und dieser Hörtest dehnte sich zu einem wahren Marathon über Wochen aus, so sehr fesselte mich dieses Tonabnehmersystem! Beispiele gefällig? Das 2015er-Album Beneath The Skin von Of Monsters and Men ist für mich mittlerweile zu so etwas wie einem Teststandard mutiert – ohne dass mich die Stücke freilich mittlerweile emotional weniger berühren oder gar nerven würden. Nanna Bryndis Hilmarsdottir singt hier so facettenreich und eindringlich, wie ich es mit anderen Tondosen selten zuvor gehört habe. Dank des Fideles gewinnt Nannas Stimme an Farbe und Kraft, feinste Nuancen bei gehauchten Tönen werden deutlich detaillierter wiedergegeben als zum Beispiel über mein Ortofon OM40 Super. Oder wie wäre es mit dem erdigen Klassiker „Thunderstruck“ der Jungs von AC/DC: Das Stück, das bei mir – über gute Ketten wiedergegeben – die Luftgitarre immer griffbereit hält, rockt, fetzt und marschiert genauso, wie es der Rocker in mir liebt. Schnelle, spritzige und brettharte Gitarrenriffs gewinnen durch das extrem hohe Auflösungsvermögen, das beim Fideles nicht in analytische Härte abdriftet, mich aber sehr wohl an sehr gute MC-Tonabnehmer erinnert. Die Wucht und die Kraft hingegen, mit der Bassläufe und Drums in meinen Hörraum geschleudert werden, haben wiederum eher den Charakter humorloser, druckvoller High-Output-MCs. Ich liebe das genau so! Auch das atmosphärisch dichte Klassikeralbum The Joshua Tree von U2 nahm mich gefangen wie selten zuvor. Als ich mir in Erinnerung rief, doch endlich einige Notizen zu meinen Höreindrücken zu machen, lief das Fideles auch schon wieder in der Auslaufrille, so sehr tauchte ich in die Musik ein...
Die Klangbeschreibungen ließen sich mit beliebig vielen weiteren Beispielen unterfüttern, aber das Ergebnis wäre dennoch stets das gleiche: Ob Vivaldi, Michael Jackson oder Torfrock; ob mit The Smiths, The Pogues oder The Beatles: Die Wiedergabe gerät jedes Mal derart authentisch und emotional ansprechend, dass man förmlich gefangen genommen wird. Die typischen Kriterien wie Höhen, Mitten Tiefen oder Räumlichkeit möchte ich an dieser Stelle gar nicht herunterleiern – hier befinden wir uns stets auf der sehr sicheren Seite und alle Anforderungen werden zur vollsten Zufriedenheit erfüllt. Viel wichtiger finde ich persönlich jedoch, dass das Fideles ein extrem hohes Auflösungsvermögen ohne analytische Schärfe bietet und ungeheuer spritzig, schnell und grob- wie feindynamisch exzellent zu Werke geht. Das ganze mündet darin, dass das Tor zum Kern der Musik ganz weit aufgestoßen wird! Die emotional mitreißende, involvierende Art des Fideles-Tonabnehmers lässt sich einfach ganz schwer in Worte fassen und diese habe ich in der Form bei einem Tonabnehmer in der Preisklasse bis sagen wir einmal 2000 Euro noch nie erlebt.
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