Der neue Audia Flight FLS 10 Vollverstärkers war auf der diesjährigen Highend zu besichtigen. Hören konnte man ihn jedoch noch nicht. Es dauerte noch zwei weitere Monate, bis er das angestrebte technische und musikalische Niveau erreichte.
Beteiligt am finalen klanglichen Ergebnis des Audia Flight FLS 10 ist Jan Sieveking, der deutsche Importeur. Der bezeichnet sich selbst als Überzeugungstäter und ist nicht unkritisch, wenn er ein neues Produkt der von ihm vertretenen Firmen geliefert bekommt. Der neue Vollverstärker wurde nach der Highend bei Sieveking Sound in Bremen einem intensiven Hörtest unterzogen. Antreten musste er gegen die getrennten Bausteine der FLS-Linie der italienischen Manufaktur. Dieser Vergleich zwingt sich auf, da die Endstufe des neuen Vollverstärkers identisch ist mit der separaten Endstufe FLS 4. Erstmalig geht Audia Flight diesen Weg. Bisher wurden in Vollverstärkern keine separaten Endverstärker integriert, es waren stets komplette Neuentwicklungen. Die hier implantierte FLS 4 kostet allein schon 7500 Euro. Statt weitere 6000 Euro für den passenden Vorverstärker FLS 1 ausgeben zu müssen, erhält man nun für nur 2000 Euro mehr den neuen FLS 10. Weiteres Geld spart man, da beim Vollverstärker die Investition in ein zweites, adäquates Netzkabel sowie in eine entsprechende Verbindungsleitung von Vor- zu Endverstärker entfällt. Dem FLS 10 haben Jan Sieveking und ich sofort ein angemessenes Stromkabel gegönnt, nämlich ein 1,5 Meter langes Cardas Clear Power. Bei dieser Wahl habe ich der Erfahrung des Importeurs vertraut.
Es war das Ziel der Italiener, den Vollverstärker klanglich so nahe wie möglich an die getrennte Kombination heranzubringen. Bei der Zwei- in-Eins-Lösung enfallen immerhin ein weiteres teures Gehäuse und auch oft übersehene Kosten wie Verpackung und Waren-Logistik. Somit geht die Ersparnis keineswegs ganz zu Lasten der technischen und klanglich relevanten Investition. Die einschneidende Rotstift-Maßnahme besteht im Schaltungsaufbau: Der separate Vorverstärker FLS 1 ist komplett diskret konstruiert, unser Vollverstärker besitzt eine Vorstufe, die aus integrierten Schaltkreisen aufgebaut ist. Dazu wurden Kondensatoren in kostengünstiger Klebe-Technik verbaut. Dies war jedoch nur bis zum oben angesprochenen Hörtest in Bremen der Fall. Denn im direkten Vergleich mit den separaten Bausteinen war Jan Sieveking nicht wirklich zufrieden. Um herauszufinden, wo die Ursache liegt, betrieb er den Vorverstärker-Teil des FLS 10 über dessen geregelten Vorstufen-Ausgang mit der baugleichen separaten Endstufe FLS 4. Diesen Vorstufen-Ausgang besitzt der neue Vollverstärker, um entweder symmetrisch oder über Cinch eine zweiten Endstufe anzusteuern. Für diesen Bi-Amping-Betrieb bietet sich naturgemäß die identische FLS 4 an. Aber auch jede beliebige andere Endstufe lässt sich für Bi-Amping auf diese Weise mit dem FLS-10 kombinieren. Durch diesen Vergleich konnte Jan Sieveking die Vorstufen-Sektion des Vollverstärkers als Schwachstelle ausmachen. Mit entsprechenden Anmerkungen schickte er den Verstärker zur Revision zurück nach Italien. Die findigen Konstrukteure Massimiliano Marzi und Andrea Nardini hatten schnell ihre verklebten Kondensatoren als die fatale Fehlerquelle ausgemacht. Das Qualitäts-Defizit war zwar nicht groß, wäre andernorts vielleicht gar nicht aufgefallen, aber Jan Sieveking legt für den FLS 10 die Klang-Messlatte eben sehr hoch: Der soll klanglich der separaten Alternative extrem nahekommen und gleichzeitig einen erheblichen Preisvorteil bieten. Mit diesem Anspruch war die überarbeitete Version nach ihrer Rückkehr nun absolut im Einklang. Etwa Mitte Juli erhielt ich von Jan Sieveking einen Anruf, in dem er sich merklich über den Erfolg des Nachbesserung in Italien freute. Jetzt hatte er, was er wollte. Diesen FLS 10 brachte er mir dann schnellstens zum Test vorbei.
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