Auch unter dem entfernten Bodenblech setzt sich der bis dato sehr gute Eindruck fort: Der Verstärker ist frei verdrahtet und nutzt bauteilabhängig lediglich wenige Hilfsplatinen. Die teildiskret aufgebaute Phonosektion mit ihren beiden Operationsverstärkern ist durch ein separates Blechgehäuse abgeschirmt und befindet sich so weit wie möglich entfernt vom streuenden Netzteil. Dank separatem Trafo-Abgriff verfügt sie über eine eigene Spannungsversorgung. Auch wenn die Phono-MM-Sektion ohne Röhren auskommen muss, wird erkennbar, dass hier ein hoher Aufwand betrieben wurde – man sollte sich also davor hüten, diese voreilig als Alibi-Feature abzutun.
Neben den Phono- und Line-Eingängen verfügt der Vollverstärker noch über einen direkten Endstufeneingang zum Betrieb mit einem separaten Vorverstärker. In dieser Betriebsart wird das Lautstärkepoti per Relais umgangen und die Eingangsempfindlichkeit fällt gegenüber den Line-Eingängen ab: Circa 1.000 Millivolt werden für Vollaussteuerung benötigt. Ein praxistauglicher Wert, den jede gute Vorstufe einerseits aus dem Ärmel schüttelt, dem Vorverstärker andererseits aber genügend Potispiel im unteren Regelbereich lässt, ohne dass es dem Hörer auf „9 Uhr“ gleich die Ohren wegbläst – auch wenn der Wirkungsgrad der verbandelten Lautsprecher hier natürlich ebenfalls ein gehöriges Wörtchen mitzureden hat.
Die Schaltung des CS-88A würde ich als „klassisch“ bezeichnen mit einer 6SL7 Doppeltriode als Eingangsstufe und einer 6SN7 Doppeltriode als Treiber für die KT88 Beam-Power-Tetrode. Letztere erblickte erstmals 1956 das Licht der Welt und wurde von der General Electric Company (G.E.C.) entwickelt. Ein solches gematchtes Quartett von G.E.C. in New Old Stock Qualität aufzuspüren dürfte sich meines Erachtens als fast hoffnungsloses respektive außerordentlich kostspieliges Unterfangen erweisen – mitgeliefert werden freilich mit Cayin-Logo versehene Nachbauten, von denen ich mutmaße, dass sie vom chinesischen Hersteller Shuguang stammen. Die KT88 kommt hier in Push-Pull-Anordnung zum Einsatz und ist mit ihrer Anodenverlustleistung von 42 Watt in dieser Schaltung für 48 Watt Ausgangsleistung im Ultralinearbetrieb beziehungsweise für 27 Watt Ausgangsleistung im Pseudo-Triodenbetrieb gut. Mithilfe der Fernbedienung lässt sich bequem zwischen beiden Betriebsarten wechseln. Ein sehr schönes Gimmick stellt die Möglichkeit dar, statt der KT88 auch eine EL34 in die Sockel stöpseln zu können. Auf der Geräterückseite müssen dazu lediglich ein entsprechender Schalter verschoben und die BIAS-Anpassung respektive die Anpassung der Gittervorspannung vorgenommen werden – dank der Wippschalter auf der Front, der gut zugänglichen Trimmpotis und dem BIAS-Anzeigeinstrument auf dem Chassis ein Kinderspiel. Lautsprecherseitig gibt es Übertragerabgriffe für vier und acht Ohm – hier hätte ich mir persönlich die Wahlmöglichkeit zwischen acht und 16 Ohm gewünscht, obwohl vier Ohm Impedanz natürlich „massenmarktaffiner“ sind als 16 Ohm.
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