Eher zum Vergnügen, als um die Fähigkeiten des Transrotor in der ein oder anderen Disziplin zu überprüfen, habe ich dann Albeniz' Suite Espanola aufgelegt. „Castilla“ lief praktisch zur Einstimmung, beim Test-Klassiker „Asturias“ habe ich dann den Lautstärkeregler wohl ein wenig weit nach rechts gedreht – kein Wunder, denn das Orchester agiert auf einer breiten und tiefen Bühne, es gibt jede Menge Luft um die Instrumentengruppen und die Streicher kommen trotz des recht hohen Pegels ohne übertriebene Schärfe rüber. Da darf's ruhig ein wenig lauter werden: Die Wucht der Blechbläserattacken ist immens, selbst in den Fortissimo-Passagen bleibt die räumliche Ordnung stabil, und die Klänge der unterschiedlichen Pauken sind fein zu differenzieren: Das JR Tamino verbindet allerfeinste Durchzeichnung mit enormer Spielfreude und wird auch bei extremen Pegeln nie aufdringlich oder nervig. Absolut überzeugend!
Die nächste Scheibe findet eher selten ihren Weg auf den Plattenteller des LaGrange, wohl auch, weil mir in den letzten Jahren zunehmend die Entspanntheit für freieren Jazz fehlt: Full Force vom Art Ensemble Of Chicago. „Magg Zelma“ beginnt sehr ruhig mit vereinzelten – ja man kann es wohl nicht anders nennen – Geräuschen von Perkussions- und Blasinstrumenten sowie einer Trillerpfeife und einer Hupe. Die Klänge lassen einen großen Raum erahnen, kommen explosiv aus dem Nichts und beeindrucken durch ihre Farbigkeit. Bis nach dem Mark und Bein durchdringenden Pfiff habe ich den Song vor Jahrzehnten ganz gerne zum Testen verwendet. Aber trotz der dynamischen Höchstleistungen des JR Tamino greife ich nun nicht zum Tonarmlift, sondern drehe nur ein wenig leiser und lausche beiden Seiten der Scheibe. Spielfreude und Lebendigkeit stehen beim Transrotor-System nämlich nicht im Widerspruch zu einer niemals nervösen, aufdringlichen Wiedergabe. Das JR Tamino verbindet jede Menge Spannungsmomente perfekt mit einer grundsätzlich entspannten Darbietung.
Bisher arbeitete der Tonabnehmer auf einen Abschlusswiderstand von 40 Ohm. Bevor ich einmal die Stecker für 85 Ohm ausprobiere und damit eher am oberen Ende des Bereichs lande, den der Hersteller für das Transrotor empfiehlt, höre ich noch zweimal konzentriert „God Bless The Child“ in der Version des Keith Jarrett Trios: In einem so großen imaginären Raum sind drei ausgesprochen selten zu hören. Das JR Tamino verwöhnt mit der Illusion einer tiefen Bühne. Der Groove kommt genauso unwiderstehlich rüber, wie es sein soll, und trotzdem nervt das sonst oft ein wenig zu präsente Hi-Hat nicht. Das liegt vor allem daran, dass bei den Becken nun nicht mehr nur die Energie, mit der sie angeschlagen werden, das dominierende Attribut ist, sondern ihre Farbigkeit mindesten ebenso stark in den Fokus gerückt wird. Der Bass fasziniert mit einer gelungenen Melange aus sonorem Knurren und einer guten Portion Schub. Die höhere Abschlussimpedanz scheint die Temperatur im nun minimal größeren Aufnahmeraum um ein, zwei Grad zu senken, der Bass knarzt intensiver, verliert aber ein wenig Fülle. Die Becken kommen mit einem Schuss mehr Aggressivität, was dem Drive des Songs keinesfalls abträglich ist, mir aber letztlich doch ein wenig zu viel des Guten ist. Da das JR Tamino rhythmisch so wie so nichts anbrennen lässt und vor Spielfreude sprüht, verzichte ich in diesem Disziplinen auf eine weitere Zugabe und genieße lieber ein wenig mehr Tieftonenergie, Farbigkeit und Geschmeidigkeit an 40 Ohm. Denn genau das sind die Eigenschaften, die das JR Tamino von anderen Weltklasse-Tonabnehmern wie etwa den großen Lyras unterscheiden. Toll, wie das Transrotor hier Charakter zeigt. Daran könnte ich mich gewöhnen. Nein, viel schlimmer: Daran habe ich mich längst gewöhnt. Die Trennung wird tragisch werden. Aber bis dahin ist zum Glück noch etwas Zeit, denn nach der High End stehen ja noch die Aufnahmen für unsere Klangbibliothek an. Darauf dürfen Sie sich schon jetzt freuen.
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