Es würde mich nicht wundern, wenn Ihnen selbst als ausgewiesenem Analog-Fan die Firma Blue Amp bisher unbekannt sein sollte – obwohl sie schon seit 20 Jahren bestens beleumundete Phonostufen anbietet. Zum einen ist die feine Elektronik ein rares Luxusprodukt, zum anderen verzichtet Blue Amp auf jede Art von Marketing.
Blue Amp ist der Ausdruck von Rolf Beckers Leidenschaft für Musik und ihre analoge Wiedergabe. Als gelernter Radio- und Fernsehtechniker und Ingenieur für Bio-Medizinische Technik entwickelt er seine Phonostufen natürlich selbst und auch die Herstellung gibt er aus Qualitätsgründen nicht aus der Hand. Selbstverständlich werden die Gehäuse zugekauft, aber die Platinen bestückt und verlötet Rolf Becker nach wie vor eigenhändig. Eine solche Nähe zum eigenen Produkt ist in unseren auf Stückzahlen und Umsatzsteigerungen fixierten Zeiten ausgesprochen selten und daher um mehr hervorzuheben – besonders, weil die hochprofessionelle Fabrikation der Blue Amps neben einem anspruchsvollen Vollzeitjob stattfindet und damit praktisch unter Freizeitvergnügen fällt. Wer je mit Rolf Becker über seine Produkte oder auch nur über analoge Musikreproduktion gesprochen hat, dürfte – wie ich – fest davon überzeugt sein, dass ihm die Beschäftigung mit diesen Themen eine Herzensangelegenheit ist. Bei allem Spaß an der Sache gibt es aber ein paar Dinge, über die Rolf Becker nicht mit sich diskutieren lässt: Seine Phonostufen sind ausschließlich für Moving-Coil-Tonabnehmer konzipiert und besitzen symmetrische Eingänge. Das gilt auch schon für seine „Einsteiger“-Offerte zum Preis von 2400 Euro, das Model Blue MK II. Über das Model Surzur, das auf der Website „Aufsteigern“ empfohlen wird, gelangt man dann zu Blue Amps Bestem, dem Model 42, das seit Anfang des Jahres in der MK-III-Version erhältlich ist und über symmetrische Ausgänge verfügt.
Noch einmal kurz zurück zur Symmetrie: Zu unserem ersten Treffen hatte Rolf Becker nicht nur eine 42 – damals noch eine MK II – mitgebracht, sondern auch ein einzelnes MC-System und einen kompletten Thorens plus einer Menge langer Kabel, mit denen er mir dann anschaulich und ohrenfällig die Vorteile einer symmetrischen Signalaufbereitung demonstrierte. Und mit seiner kleinen, pädagogisch wertvollen Show hätte er mich wirklich von den immensen Vorteilen der Symmetrie bei der Verstärkung sensibler Signale überzeugt – wenn ich das nicht schon seit Jahrzehnten gewesen wäre! Brummprobleme, Einsprechen von Radioprogrammen in die Anlage und Knackser beim Betätigen von Netzschaltern beispielsweise von Lampen in der Nähe des Plattenspielers gehören in meiner Kette der Vergangenheit an, seit dort Einsteins The Turntable's Choice in der symmetrischen Version die Verstärkung übernommen hat. Zudem ist ein MC-Tonabnehmer eine der wenigen von sich aus symmetrischen Quellen. Zwar verlangt eine symmetrische Schaltung den doppelten Bauteile- und einen erheblich höheren Selektionsaufwand – denn nur wenn beide Schaltungszweige weitestgehend identisch sind, kann eine hohe Gleichtakt- und damit Störsignalunterdrückung erreicht werden – als eine unsymmetrische. Dem stehen aber die genannten klanglichen Vorteile gegenüber. Mit seinem Bekenntnis zur symmetrischen Signalverarbeitung rannte Rolf Becker bei mir offene Türen ein.
Auch seinem Vorschlag, mit dem Test einer 42 solange zu warten, bis eines der ersten Modelle der MK-III-Baureihe fertiggestellt sein würde, stimmte ich sofort zu. Im Herbst letzten Jahres verbrachte ich dann einige Tage im Elsass und am Kaiserstuhl und nutzte die Gelegenheit, einmal bei Rolf Becker vorbeizuschauen: Die kleine Werkstatt ist wirklich eine Manufaktur. Die Herstellung von größeren Serien wäre hier gar nicht möglich, aber die ist ja auch nicht beabsichtigt. Beachtlich ist allerdings der Park an Messgeräten. Rolf Becker gehört zu den Entwicklern, die hören und messen: Werkstatt und Hörraum sind lediglich durch eine Tür getrennt. Und schon nach ein, zwei Songs wird klar, dass der Fan von Flächenstrahlern zwar bei der Gewichtung einzelner Hifi-Kriterien etwas andere Akzente setzt, als ich das tue, seine Kette aber sehr transparent spielt und kleinste Veränderungen akribisch aufzeigt. Ich konnte auch kurz noch eine interessante Neuentwicklung im Prototypenstadium hören, von der ich jedoch lediglich verraten darf, dass sie nicht zur Gattung der Phonoentzerrer zählt.
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