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Transrotor Figaro

08.06.2015 // Dirk Sommer

Das Anschlussfeld gibt keine Rätsel auf. Der Abschluss des Figaro ist recht unproblematisch: Die Unterschiede zwischen 85 und 150 Ohm – Standardwerte bei Einsteins The Turntable's Choice – waren zu vernachlässigen
Das Anschlussfeld gibt keine Rätsel auf. Der Abschluss des Figaro ist recht unproblematisch: Die Unterschiede zwischen 85 und 150 Ohm – Standardwerte bei Einsteins The Turntable's Choice – waren zu vernachlässigen

Das wird auch bei einer alten Prestige-Scheibe zum Spaß: Drag 'em Out mit Shirley Scotts etwas ungewöhnlich besetztem Orgel-Trio. Statt eines Gitarristen ist Major Holly, der seine gestrichenen Soli gesanglich dezent begleitende Bassist, mit von der Partie. Obwohl die Oberfläche der LP alles andere als „mint“ ist, sind so gut wie keine Knackser zu hören. Roy Brooks sensibles Spiel mit den Besen kommt fein aufgelöst rüber, der Kontrabass groovt, wenn auch – aufnahmebedigt – in der Lautstärke ein wenig zurückgenommen, und die Hammond schillert und faucht in einem breiten Farbspektrum. Dank des Figaro merkt man der Scheibe weder ihr Alter noch ihren alles andere als perfekten Erhaltungszustand an: Die Musik steht im Mittelpunkt. Und so soll es sein.

Auch bei Speakers Corner Reissue des Concierto der Aranjuez begeistert das Figaro mit seiner Farbigkeit. Es ist zwar absolut stimmig und ehrlich abgestimmt und verzichtet auf jegliche Effekthascherei, darf sich aber dennoch einer leichten und überaus angenehmen Mittenverliebtheit rühmen. Die Solisten und Orchestergruppen werden exakt voneinander getrennt und festen Positionen auf der imaginären Bühne zugewiesen, die sich bei einigen mehrfach teureren Abtastern zwar etwas spektakulärer, aber nicht unbedingt glaubwürdiger in die Tiefe ausdehnt. Besonders hoch ist dem Transrotor anzurechnen, dass es nicht wie einige extrem hochauflösende Abtaster in den sehr leisen Passagen ausgezehrt und einen Hauch langweilig wirkt. Beim Figaro stehen die Gitarren auch in den verhalteneren Solopassagen plastisch, körperhaft und in realistischer Größe auf der Bühne. Da braucht man nicht gleich zum Lautstäkeregler zu greifen, um der Wiedergabe mehr Leben einzuhauchen. Das wäre auch schon deshalb keine gute Idee, weil das Figaro auch grobdynamisch kein Kind von Traurigkeit ist. Die Orchesterpassagen kommen mit jeder Menge Druck, Lebendigkeit und Frische.

Der Diamant im Aluminium-Nadelträger besitzt einen Vital-Fine-Line-Schliff
Der Diamant im Aluminium-Nadelträger besitzt einen Vital-Fine-Line-Schliff

Da das Transrotor bisher keine Vorliebe für bestimmte Genres erkennen lässt und bis auf die letzte Scheibe kein audiophiles Material benötigt, um seine beträchtlichen Fähigkeiten zu demonstrieren, vertraue ich ihm auch meine letzte analoge Neuerwerbung an. Und die ist alles andere als klanglich vielversprechend: ein Live-Mitschnitt des Deep Purple Konzertes in Montreux aus dem Jahr 2011, aufgezeichnet auf 96 digitalen Spuren. Die Menge der Mikrofone und Spuren war nötig, da die Rocker das 40-jährige Jubiläum der in „Smoke On The Water“ geschilderten Ereignisse zusammen mit den 38 Musikern der Neuen Philharmonie Frankfurt begingen. Trotz allem hätten mich digital produzierte LPs gewiss nicht zum Kauf verleiten können – wenn ich dem Toningenieur David Richards in seinem Voyager I Recording-Truck während der Aufnahme nicht hin und wieder hätte über die Schulter sehen dürfen.

Doch zurück von den Erinnerungen an Montreux zu den musikalischen meiner frühen Jugend: Nach einer kurzen Ouvertüre der Neuen Philharmonie – ein elektrisch verstärktes Orchester in einer unbestuhlten, wenig gedämpften Halle kann wohl nicht besser klingen – nehmen Ian Gillan, Roger Glover, Ian Paice sowie Steve Morse und Don Airey mit dem „Highway Star“ richtig Fahrt auf. Das klingt trotz oder besser wegen des recht zurückhaltenden Orchesters, das erfreulicherweise treibende Akzente setzt, statt die Musik auf einen schmuseweichen Klangteppich zu betten, ungemein frisch und mitreißend. Bei „Hard Lovin' Man“ aus dem In Rock-Album bin ich dann kurz davor, die Scheibe mit der Luftgitarre zu begleiten. Und das kann man dem Figaro – irgendwie wirkt der Name in diesem Umfeld eine wenig unpassend – nicht hoch genug anrechnen. Es bringt den Groove und den unwiderstehlichen Drive dieser auch nach 40 Jahren noch unverbrauchten Songs unheimlich emotional rüber. Selbst die allerfeinsten, hochauflösenden, detailverliebten und entsprechen hochpreisigen Nobeltonabnehmer haben bei mir nie den Wunsch aufkommen lassen, mal eine Rockscheibe aufzulegen. Beim Transrotor war der Griff zu Deep Purple zwar eher Zufall, aber jetzt bin ich sicher, dass es auch bei dieser Art von Musik eine Menge Genuss garantiert.


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