Das Folgende ist zwar sehr plakativ formuliert, macht aber die Richtung deutlich: Das Etna verwöhnt in erster Linie Vinyl-Fans, die ihre Scheiben auf höchstem Niveau genießen möchten, im Zweifelsfall einen Schuss mehr Drive und Spielfreude aber den letzten Millimetern des virtuellen Raums vorziehen. Das Olympos wendet sich an raum-verliebte Feingeister, denen satte Klangfarben noch wichtiger sind als das letzte Bisschen rhythmischer Emotionalität, und die ansonsten zurecht voraussetzen, dass ihr Tonabnehmer in allen erdenklichen Disziplinen Spitzenleistungen bringt. Keinen geringeren Anspruch hat die Zielgruppe des Atlas, die weder in puncto Spielfreude noch Wohlklang mehr erwartet, als in den Rillen verborgen ist und sich nur mit der Wahrheit und nichts als der Wahrheit zufrieden gibt.
Um auszuschließen, dass das Etna nur dank der Unterstützung des Mystere zu den beschriebenen klanglichen Höhenflügen ansetzte, montiere ich es noch einmal im SME V auf dem LaGrange: Und auch hier geht der Big Blues sofort unter die Haut, obwohl ich die Scheibe – wie gesagt – eigentlich immer zum entspannt gepflegten Einspielen nehme. Bei SME V fällt besonders das satte Plopp der Bass-Drum auf. Die Durchzeichnung ist nicht ganz so hoch wie zuvor, aber ein Fünfer eben ist auch kein Thales. Der – wohl imaginäre – Raum aus dem Mischpult gefällt besonders bei „Pavane For A Princess“, wo auch die Flügelhorn-Einsätze mit Macht rüberkommen. Nein, das Etna bedarf keines Mystere, um sein ungeheure Spielfreude zu offenbaren. Und auch seine anderen Fähigkeiten kommen mit SME und LaGrange fast vollständig zur Geltung – auch wenn der Thales und das LumenWhite-Laufwerk noch eine Spur nachdrücklicher zeigen, was das Etna alles zu bieten hat.
Es ist mir schon klar, dass die Aussage, eine Hifi-Komponente eigene sich besonders für eine ganz spezielle Musikrichtung, nicht gerade ein Kompliment darstellt. Deswegen habe ich das Etna bisher auch nicht nur mit Jazz, sondern auch mit einigen klassischen Living-Stereos gehört. Bei großen Orchestern konnte es ebenso überzeugen wie bei kleinen, swingenden Besetzungen. Aber der besondere, wenn auch leichte Akzent auf den Groove und die ungeheure Spielfreude verführen mich zum Griff nach, nein, nicht gerade einer alten Deep-Purple- oder Frumpy-Scheibe, aber doch nach einer etwas rockigeren Blues-LP, Alexis Korners 1974er Polydor-Album, das ohne Titel auskommen muss, aber durch Korners abgefahrene Brille auf dem Cover unverwechselbar ist: Bei „Wild Women & Desparate Men“ kann man selbst bei größter Disziplin die Füße nicht ruhig halten, die fünf Bläser und die Blues-Combo einwickeln einen unwiderstehlichen Drive, und dennoch entdecke ich hier und da ein bisher unbekanntes Detail. Auf „Geneva“ groovt Zoot Simss Elektrisches Piano, dass es eine Freude ist, und auf „Hey! Good Lookin'“ knallen die Drums, die Gitarre kommentiert schneidend Korners spezielle Stimme und der Bass treibt vorwärts: einfach Klasse. Nein, ich sage jetzt nicht, dass sich das Etna bei dieser Art Musik besonders wohl fühlt. Aber dass ich mich mit dieser alten Scheibe und dem Etna einfach pudelwohl fühle, kann ich beim besten Willen nicht verschweigen.
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