tests/15-04-27_lyra
 

Lyra Etna

27.04.2015 // Dirk Sommer

Ich bin also schon reichlich gespannt, wohin die Reise mit Etna geht, und montiere es im Mini-Headshell des Thales Symplicity, der aber schon seit einer Weile seinen angestammten Platz auf dem LaGrange verlassen hat und nun auf dem LumenWhite Mystere residiert, den ich Ihnen noch vor der High End an dieser Stelle näher vorstellen werde und dessen luftiger, ätherischer und dennoch extrem dynamisch zupackender Spielweise ich mich schon seit einiger Zeit erfreue: Eine bessere Basis als Mystere und Thales kann ich dem Lyra momentan nicht bieten. Und schon bei meiner Einspiel-Scheibe, Art Farmer und Jim Halls Big Blues, zeigt das Etna, das mehrere Tage nicht benutzt wurde, dass es zwar mit beinahe denselben Tugenden aufwarten kann wie ein Atlas, aber noch eine ganze Portion mehr – vielleicht auch überschäumende – Spielfreude mitbringt. Zumindest während der ersten zehn, 15 Minuten kommt mir der Hochtonbereich minimal grobkörniger vor als der des Atlas, das ich nun aber leider schon fast zwei Jahre lang nicht mehr gehört habe. Ganz sicher aber ist, dass einen das Etna mit dem gewissen Etwas verwöhnt. Die wohlvertraute Scheibe plätschert nicht einfach entspannt dahin, sondern fasziniert immer wieder mit grob- und feindynamischen Akzenten, von denen sich in meiner Erinnerung keine Spuren mehr finden lassen. Gut, vor einer endgültigen Einschätzung muss ich das zweitgrößte Lyra noch intensiver hören und vor allem auch auf meinem LaGrange, aber das ist eine Aufgabe, auf die mich schon jetzt freue.

Der Generator des Etna kommt ohne Polstücke aus. Vor und hinter den Spulen befindet sich ein Scheibenmagnet. Informationen über das rote Material, in das der Frontmagnet eingelassen ist, gibt Lyra nicht
Der Generator des Etna kommt ohne Polstücke aus. Vor und hinter den Spulen befindet sich ein Scheibenmagnet. Informationen über das rote Material, in das der Frontmagnet eingelassen ist, gibt Lyra nicht

Aber erst einmal bleiben wir bei der absolut stimmigen Kombination aus Mystere, Thales und und Etna. Auf dem Teller liegt nach langer Zeit wieder Cloud Dance, eine ECM-Scheibe aus dem Jahre 1975 mit Colin Walcott, John Abercrombie, Dave Holland und Jack DeJohnette. In den letzten Jahren habe ich, wenn überhaupt, zu Testzwecken sträflicherweise leider nur „Prancing“ gehört, einen Dialog zwischen Tablas und Bass. Der beeindruckt dank des Etna mit einer dichten Intensität, voller Groove und ist dennoch aller feinstens durchhörbar: eine perfekte Synthese aus Spielfreude und Analyse, wobei das Pendel im Zweifelsfalls in die erste Richtung ausschlägt. Heute gönne ich mir aber auch den Rest der beiden Seiten und schwelge beispielsweise in den Unisono-Linien von Walcotts Sitar und Abercrombies E-Gitarre und weiß plötzlich auch wieder, woher meine damalige ECM-Begeisterung stammte: Auch heute ist ein so voller und dabei realistischer Kontrabass-Sound wie hier leider noch immer nicht Standard. Tonmeister Martin Wieland hat Dave Hollands Viersaiter sehr lebendig, warm und bestens differenziert eingefangen, wie das Etna nachdrücklich klarmacht.

Da der Thales mit seinem Mini-Headshell einen schnellen Tonabnehmer-Wechsel erlaubt, ist der auf dem Mystere montierte Arm die erste Wahl für den Vergleich des Etna mit dem Olympos: Letzteres spielt noch ein Stückchen offener, die Bühne wirkt minimal breiter und auch tiefer, und dennoch erscheint beim Etna der Blick darauf etwas besser fokussiert. Instrumente und Gruppen werden hier minimal randschärfer abgebildet. In punkto Klangfarben hat das Olympos noch ein Quäntchen mehr zu bieten: Beispielsweise erstrahlt der Hochtonbereich hier etwas goldener, verglichen mit dem eher silbrigen Glanz des Etna. Rhythmisch agiert das Etna einen Tick zupackender, es kommt direkter zur Sache, lässt die Instrumente im Raum aber weniger intensiv atmen. Diese Beschreibung suggeriert trotz aller Vorsicht größere Unterschiede als sie realiter zwischen den beiden Abtastern bestehen: Weder wirkt die Raumdarstellung des Etna auch nur einen Hauch eingeschränkt, noch vermisst man beim Olympos einen akzentuierten Groove. Ohne direkten Vergleicht fühlt man sich mit jedem der beiden Lyras wie im Analog-Himmel.

Der Nadelträger befindet sich hier nicht im Zentrum der Bohrung und auch nicht in dem des Magnetfeldes. Dort ist er sich nur, wenn die Nadel die Rille berührt und die Auflagekraft wirkt
Der Nadelträger befindet sich hier nicht im Zentrum der Bohrung und auch nicht in dem des Magnetfeldes. Dort ist er sich nur, wenn die Nadel die Rille berührt und die Auflagekraft wirkt


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