Wie schon erwähnt habe ich den Achter zur Entspannung kurz vor dem Einschlafen gehört, und zwar an einem alten iPod Classic mit der 80-GB-Festplatte. Hier klingt er zwar besser als alles andere, das zuvor diesen Job erledigt hatte. Es wird aber trotzdem klar, dass der Kopfhörer dessen eingebautes Verstärkerchen an seine Grenzen bringt. Ich habe den EL-8 an anderen Kopfhörerausgängen schon souveräner gehört, und auch die maximal erreichbare Lautstärke lässt beim nostalgischen Schwelgen in Alben wie Aqualung, Goat Head Soup, Eric Burdons War, Led Zeppelin I bis III oder Tom Waits Bone Machine den Wunsch nach ein paar Milliwatt mehr aufkommen. Leistung ist überhaupt kein Problem mehr, wenn Chords Hugo die Wandlung und Verstärkung übernimmt. Das Signal bekommt der mobile High-End-Wandler während des Schreibens per Amarra aus dem Laptop.
Da kann ich es mir nicht verkneifen, auch einmal den ein oder anderen der üblichen Test-Songs in die Playlist zu laden: Beim Köln Concert nimmt der EL-8 Closed Back mit einer ungemein geschmeidigen, fließenden und – für mich die Überraschung – schwer zu beschreibenden weiträumigen Wiedergabe für sich ein. Ich bin nicht mit der Fähigkeit gesegnet, bei – egal welchem – Kopfhörer eine Vorne-Ortung zu empfinden. Aber der Audeze vermittelt mir eine präzise Vorstellung vom Aufnahmeraum: vom oft erlebten zweidimensionalen Ping-Pong-Eindruck zum Glück keine Spur. Deshalb bleibe ich auch bei beeindruckenden Räumen, wie zum Beispiel dem des Klosters in Noirlac, in dem Michel Godards Le Concert des Perfums aufgenommen wurde. Wie üblich habe ich daraus die „Improvisation Patrice Heral“ ausgesucht, die mit einer enorm spannenden Interaktion zwischen perkussiven Klängen und dem riesigen, leeren Gemäuer fasziniert. Doch dieses Klangspektakel höre ich erst einmal mit meinem Favoriten in einer deutlich erschwinglicheren Preisregion – konkreter ein wenig mehr als die Hälfte der Kosten für einen EL-8 –, dem PSB M4U: Auch hier bekommt man – vor allem im aktiven Betrieb inklusive Noise-Cancelling – einen recht glaubhaften wirkenden Eindruck von der Raumgröße. Allerdings schienen die perkussiven Klänge ein wenig an den Ohrmuscheln zu kleben.
Über den Audeze wirkt der Raum da noch ein gutes Stück größer, was er ja auch ist, wie ich bei der Aufnahme von „Trace Of Grace“ feststellen konnte. Wenn Sie selbst ein wenig in den Raum eintauchen möchten, können den letztgenannten Song übrigens hier in Hochbit und DSD herunterladen. Doch zurück zu Patrice Herals Improvisation: Der EL-8 hat gegenüber dem PSB nicht nur puncto Raum die Nase vorn. Tiefe Trommeln kommen hier differenzierter und dadurch dynamischer rüber. Beim PSB lässt sie die Fülle des Tieftonbereichs etwas behäbiger wirken. Dass auch eher Hochton-betonte Perkussionsinstrumente über den Achter noch differenzierter und dennoch ohne jegliche falsche Schärfe wiedergegeben werden, durfte man bei der bestehende Preisdifferenz zwischen dem aktiven, dynamischen und dem magnetostatischen Hörer erwarten.
Nicht erwartet hatte ich, dass der EL-8 Closed Back auch bei längerem Hören überaus angenehm bleibt, bringt er doch immerhin eine knappes Pfund auf die Waage. Aber es ging nicht vorrangig um das Gewicht: Ich hatte mit einer Ausnahme bisher keinen Kopfhörer gefunden, bei dem sich nicht nach spätestens 30 bis 40 Minuten eine starke Ermüdungserscheinung einstellt: Differenziertes Hören kostet immer mehr Konzentration. Die Wiedergabe erscheint im Laufe der Zeit hochtonärmer, weniger luftig und durchhörbar. Das Phänomen trat sogar beim Stax 4070 mit dem Röhrennetzteil auf. Die einzige Ausnahme war bisher der offene LCD-X. Bei der Aufnahme eines Statements From Birdland mit dem Ed Kröger Quintett, das in Kürze hier zum Download bereitsteht, habe ich beide Sets mit dem Audeze gehört, ohne dass die bekannte Beeinträchtigung auftrat. Natürlich ist das analysierende Hören mit einem der lauten Umgebung angepassten Pegel etwas anderes als der Musikgenuss zu Hause. Dennoch lässt das nahezu ermüdungsfreie Arbeiten unter verschärften Bedingungen vermuten, dass mit dem EL-8 in ruhigerer Umgebung langes, entspanntes Hören möglich ist. Selbst wenn der LCD-XC wie oben erwähnt noch mehr Auflösung bietet, ist der Achter für mich ein nahezu perfektes Arbeitsgerät.
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