„Die sehen ja schnuckelig aus!“ Solche Kommentare bin ich von meiner besseren Hälfte eigentlich nicht gewöhnt; zumindest nicht was HiFi anbelangt. Wobei ich bei dem Chiara-Design eher an ein amerikanisches Stealth Flugzeug denke. Was man auf den ersten Blick aber nicht sehen kann: „Schnucki“ hat es genauso faustdick hinter den Ohren!
Spiel doch mal... höre ich dann als nächstes. Offensichtlich ist die Neugier, was aus dem Designobjekt wohl an Musik kommen könnte, so groß, dass ich plötzlich eine CD von Dusty Springfield in die Hand gedrückt bekomme. Die Engländerin mit der unheimlich „schwarzen“ Stimme, die bei jeder Motown Produktion eine gute Figur gemacht hätte. Für dieses Label hätte sie wohl auch gerne gesungen, das war aber wegen ihrer weißen Hautfarbe damals schwierig. Also kommt The Windmills Of Your Mind ins Laufwerk. Die mir vorliegende Aufnahme ist nun wahrlich keine Sensation, mal positiv ausgedrückt. Aber was hier an Feeling rüberkommt, ist dagegen schon sensationell. Die älteren Leser unter uns, die diese Zeit noch miterlebt haben, können dies vielleicht nachvollziehen. Mit der Chiara gelingt es, über die Schwächen dieser Aufnahme hinwegzuhören und einfach die Musik zu genießen. Die Fehler sind natürlich allesamt zu leicht hören, treten aber nicht als Spaßbremse auf. Eines wird aber bereits mit dieser Aufnahme klar: Die Abbildungsfähigkeiten der Chiara sind hervorragend! Wenn das kein guter Anfang ist!
Geliefert wird die Chiara in einem professionellen Flightcase, das senkrecht aufgestellt, durchaus auch als begehbarer Kleiderschrank durchgehen könnte. Na ja fast. Wobei es sich bei der Chiara noch um das Leichtgewicht der drei verfügbaren Lautsprechermodelle handelt. Für den Transport des größten Modells Classic sind dann wahrscheinlich vier trainierte Sargträger vonnöten.
Zunächst aber ein paar Worte zu Kaiser Acoustics, die Firma hat es ja mit großem Erfolg geschafft, den Namen Kawero! in der deutschen HiFi Szene geheim zu halten. Warum sie nun konstant unter dem Radar fliegt... vielleicht doch Stealth Technologie? Dabei sind sie beileibe keine Newcomer, sondern überwiegend im professionellen Bereich tätig. Also akustische Optimierung von Studios und Konzertsälen. Als die Chiara geliefert wurde, wurden gerade die Studios des Bayerischen Rundfunks entsprechend umgebaut. Zudem besitzen die Untergriesbacher eine hochspezialisierte Möbelmanufaktur. Nun darf man sich hier nicht einfach eine große Schreinerei vorstellen, sondern Kaiser kann Holz in alle erdenklichen dreidimensionalen Formen verarbeiten. Bereits an der extravaganten Form der Chiara würde sich eine konventionelle Schreinerei die Zähne ausbeißen.
Nun reicht es für einen perfekten Lautsprecher natürlich nicht aus, lediglich in der Holzverarbeitung topfit zu sein. Die gesamte technische Entwicklung obliegt deshalb einem weiteren Profi, Rainer Weber, der auch das zweite Buchstabenpaar in dem Kunstwort Kawero! beisteuert. Wenn man nun die Chiara anhebt, um sie in eine geeignete Position zu bringen, wundert man sich, wo der kleine Kerl sein Gewicht hernimmt. 34 Kilogramm bringt er auf die Waage! Aufklärung bekommt man schließlich aus Untergriesbach: Die Gehäusewände sind aus Panzerholz gefertigt. Hier handelt es sich nun nicht um Holz vom seltenen Panzerbaum (Arctostaphylos Saileii), sondern um ein künstlich hergestelltes Verbundmaterial. Dabei wird dünnes Buchen-Furnierholz mit Phenolharz imprägniert und unter hohem Druck und den dann entstehenden hohen Temperaturen zu Platten gepresst. Diese haben dann nur noch 60 Prozent der ursprünglichen Dicke.
Kunstharzpressholz/Schwerfolien/Fiberglas-Sandwich nennt es der Hersteller. Nun ja, „schwer“ kann ich auf alle Fälle bestätigen. Mit dieser Konstruktion bekommt das Material fast metallähnliche Festigkeitswerte. Kleiner Nebeneffekt am Rande: durch das Panzerholz ist die Chiara praktisch kugelsicher! Man weiß ja nie. Nun ist die Form der Chiara nicht nur als Eyecatcher gedacht, sondern hat den Sinn, parallele Wände zu vermeiden. Damit sollen natürlich stehende Wellen im Gehäuse vermieden werden. Zudem hat man sich sehr viele Gedanken gemacht, wie man Vibrationen und Resonanzen von den Chassis fernhalten kann. Wenn man dies mit Dämmmaterial versucht, dämpft man natürlich nicht nur die Resonanzen sondern entzieht auch akustische Energie. Die bessere Idee wäre also, diese Resonanzen abzuleiten, ein akustischer Blitzableiter sozusagen. Dazu hat der Hersteller die Konstruktion so ausgelegt, dass alle Resonanzen vom Gehäuse in den Fuß abgeleitet werden. Was man von außen nämlich nicht erkennen kann; der Ständer hat es ebenfalls in sich, in den Fuß sind drei akustische Labyrinthe integriert, welche die Vibrationen absorbieren sollen. Diese Technologie wurde in Zusammenarbeit mit dem englischen Spezialisten Vertex AQ entwickelt. Dies hat auch den Nebeneffekt, dass im Gehäuseinneren kaum noch Dämpfungsmaterial benötigt wird.