Die Firmenangabe bezüglich einer empfohlenen Verstärkerleistung von 150 Watt habe ich erst einmal ignoriert. Ich stelle mir jetzt einfach den Besitzer einer großen Krell Endstufe vor, der eine Vorliebe für Aufnahmen von Yello hat. Ich weiß nicht, wie lange das gut geht. Das ist jetzt sicher ein bisschen extrem, aber meine Mayer 211 Elrog hatte überhaupt kein Problem mit dem Lautsprecher und die kann „nur“ 25 Watt Leistung abgeben. Allerdings ist der Verstärker auch mit einem extrem potenten Netzteil ausgestattet. Rein rechnerisch kann die Chiara dann einen maximalen Schalldruck von etwa 100 Dezibel wiedergeben, was für einen Heavy-Metal-Fan allenfalls als Hintergrundsberieselung taugt. Der würde sich aber sowieso nach etwas Anderem umsehen. Grundsätzlich ist mehr Leistung natürlich kein Fehler, solange der Verstärker qualitativ mithalten kann.
Der Vollständigkeit halber habe ich mir aus der Redaktion einen 200 Watt Transistorverstärker ausgeliehen und an die Chiara angeschlossen. Nun ja, irgendeinen Vorteil gegenüber der 211 Elrog konnte ich nicht finden. Aber dafür jede Menge Nachteile was Auflösung, Klarheit, Dynamik und Emotionalität anbelangt. Dies muss natürlich nicht zwangsläufig bei jedem 200 Watt Verstärker so sein, aber die Qualitäten der Chiara kommen mit der 211 voll zur Geltung. Trotzdem könnte ich mir in Zusammenhang mit einem Röhrenverstärker 50 – 70 Watt gut vorstellen, das funktioniert dann halt üblicherweise nur mit einer Push-Pull Schaltung.
Dieser Lautsprecher hat etwas, was ich in der Form bei einem anderen Lautsprecher noch nicht gehört habe. Die Wiedergabe ist sehr klar, oder vielleicht besser ausgedrückt entschlackt. Nun kann so etwas schnell dazu führen, dass die Sammlung nicht anhörbarer Musik gewaltigen Zuwachs bekommt. Das ist hier überhaupt nicht der Fall, die Wiedergabe bleibt völlig entspannt. Der Präsenzbereich wirkt sogar eher ein bisschen zurückhaltender. Das Ganze erinnert mich irgendwie an Musikabende am Sonntag, wenn das Netz weniger belastet ist und somit weniger Störsignale erzeugt; an solchen Abenden klingt die Musik dann auch ruhiger, entspannter und sauberer. Ich könnte mir durchaus denken, dass die ausgeklügelte Resonanzableitung für diesen Effekt mit ausschlaggebend ist. Das Gehäuse hat praktisch kein Eigenleben und die rückseitige Schallabstrahlung des Basstreibers wirkt offensichtlich kaum auf die Membran zurück.
Der AMT Hochtöner ist perfekt an den Bass angeschlossen, ich kann den Übergang nicht hören. Er fällt auch nicht aus dem Klangbild heraus. Mancher Leser erinnert sich vielleicht noch an die ersten ESS Modelle mit dem original Airmotiontransformer, bei denen der Bass mit dem rasend schnellen Hochtöner nie mitgekommen war. Bei der Chiara spielt alles wie aus einem Guss. Die Vorzüge kleiner Lautsprecher, nämlich einer punktgenauen Stereowiedergabe, verbindet die Chiara mit einem absolut souveränen, erwachsenen Sound. Anders ausgedrückt: die Chiara macht immer eine gute Figur, sogar wenn sie nicht spielt!
Faszinierend ist auch, was der Lautsprecher aus einer Scheibe wie Benny Goodmans Carnegiehall Jazz Concert macht. Diese Aufnahme ist weder audiophil noch sonst was, sie stammt aus dem Jahre 1938! Ich kenne hier sowohl Platte als auch CD und in beiden Fällen ist die Abbildung flach wie eine Pfütze und die Klangfarben weiß wie die Wand dahinter. Die Chiara strengt sich hier besonders an, das allerbeste herauszuholen und die Musik anhörbar zu machen. Und das gelingt ihr in bemerkenswerter Art und Weise. Das Ganze wirkt viel aufgeräumter und man glaubt überhaupt erstmals einen Hauch von Struktur zu erkennen. Die Platte führt aus oben genannten Gründen bei mir so ein bisschen ein Schattendasein, dabei ist es Goodman damals gelungen, fast alle Jazzgrößen der damaligen Zeit für dieses Konzert zusammenzubekommen. Der Jazz hatte seinerzeit noch etwas leicht anrüchiges, so war ein Konzert in der berühmten Carnegiehall ein sensationelles Ereignis. Der Trompeter Harry James soll beim betreten der Bühne gesagt haben: „Ich fühle mich wie eine Hure in der Kirche“. Über die Chiara angehört wird dieser Meilenstein der Swingära zu bisher unbekanntem zum Leben erweckt. Resümierend lässt sich in Anlehnung an Loriot sagen: Ein Leben ohne Chiara ist zwar möglich, aber nicht sinnvoll. Im Original ging es allerdings um Möpse, ich weiß.
Gehört mit | |
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Digitallaufwerk | Ayon CDT, Aurender W20 |
D/A Wandler | Borbely Audio, totalDAC d1-monobloc |
Laufwerk | Apolyt |
Tonarm | Triplanar |
Tonabnehmer | Clearaudio Goldmund, Van den Hul Grashopper |
Vorstufe | Shindo Monbrison |
Endstufe | Thomas Mayer 211SE Elrog, 6HS5 PSE, Shindo Cortese |
Lautsprecher | WVL 100i, Ancient Audio Studio Oslo |
Kabel | Audio Consulting Reference RCA, Swisscables Reference NF, Swisscables Reference LS, Auditorium23 LS, Swisscables Netz |
Zubehör | LeadingEdge Gerätebasis |
Herstellerangaben Kaiser Kawero! Chiara | |
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Bandbreite | 40Hz – 30kHz |
Empfindlichkeit | 87dB / 2.83V |
Impedanz | 4 Ohm |
Trennfrequenz | 3100 Hz |
Gewicht | 34 kg |
Höhe | 1160 mm |
Breite | 295 mm |
Tiefe | 470 mm |
Preis | 16.220 Euro (abhängig von der Ausführung) |
Hersteller Kaiser GmbH | |
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Anschrift | Hanzing 1 94107 Untergriesbach |
info@kaiser-acoustics.com | |
Web | www.kaiser-acoustics.com |
Interessenten können den Lautsprecher im hauseigenen Hörraum in Regensburg anhören. |