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Mystère ca11 und pa11

04.07.2013 // Jürgen Saile
Preisfrage, welches Geheimnis verbirgt sich hinter Mystère? Ein französisches Jagdflugzeug aus den 50ern? Eine Show in Las Vegas? Ein französischer Kriminalkommissar? Alles falsch! Bei Mystère handelt es sich um eine neue Verstärkerlinie des holländischen Vertriebs Durob Audio.
teaser


Durob selbst ist nun nichts Neues, die Firma ist seit 1975 am Markt, eher bekannt durch Marken wie Kiseki oder Prima Luna. Die Mystère Verstärker werden in Europa entworfen und in China gebaut, wie mittlerweile üblich geworden. Zumindest bis zu einer bestimmten Preisklasse. Hierzu muss ich auch einmal – ungefragt – meinen Senf geben. Gegenüber Produkten made in China besteht hierzulande ein gewisses Vorurteil, was Qualität anbelangt. Das mag in vielen Fällen auch berechtigt sein, trotzdem hängt dies letztlich auch vom Auftraggeber ab. Wenn dessen einzige Vorgabe ist, alles möglichst billig zu produzieren, dann darf man sich auch nicht wundern. China ist ein Land mit einer sehr langen handwerklichen Tradition, die hätten es schon drauf! Eine ähnliche Entwicklung konnte man ja seinerzeit in Japan sehen. Anfangs kam aus dem Land der aufgehenden Sonne nur Billigschrott, mittlerweile werden hier hochwertige Produkte hergestellt, allerdings zu Preisen wie bei uns. So!

Sieht fast aus wie ein Smiley. Dieser guckt hier nur deshalb so missmutig drein, weil er die Haube noch aufhat
Sieht fast aus wie ein Smiley. Dieser guckt hier nur deshalb so missmutig drein, weil er die Haube noch aufhat

Vor- und Endstufe ca11 und pa11 benutzen ähnliche Chassis und wirken im ersten Moment wie Zwillinge. Sie werden in schwarz glänzendem Pianolack geliefert und machen einen sehr hochwertigen Eindruck. Wegen der hiesigen Sicherheitsbestimmungen dürfen die Röhren nicht frei stehen und die Geräte müssen mit einer entsprechenden Abdeckhaube geliefert werden. Das Ganze erinnert mich von vorne dann eher an ein Mini-Parkhaus, also weg damit. Ich habe mich schon manchmal gefragt, was muss es in anderen Ländern, die nicht die deutschen Sicherheitsbestimmungen haben, für Unmengen an Elektrototen geben. Aber lassen wir das, es soll ja auch noch Familien mit kleinen Kindern geben. Jedenfalls sehen die beiden Verstärker  ohne Haube jetzt richtig cool aus! Für den Butler zum Auspacken sind noch weiße Handschuhe beigelegt. Sehr nobel! Nein, der Butler wird nicht mitgeliefert, ist – glaube ich – auch nicht als Option erhältlich. Die dazugehörigen Netzkabel habe ich sofort wieder in der Schachtel verschwinden lassen und durch die vom Vertrieb mitgelieferten Kabel der Firma Harmonic Technology ersetzt.

Um Störeinflüsse zu vermeiden, sind die drei unbenutzten Eingänge verschlossen
Um Störeinflüsse zu vermeiden, sind die drei unbenutzten Eingänge verschlossen

Die Vorstufe ca11 ist eine reine Linestufe mit vier Eingängen und einer Lautstärkeregelung, das war's! Ein Phonoverstärker müsste also extra bei einem Fremdanbieter besorgt werden, Mystère hat keinen im Programm. Zur Verstärkung werden zwei Paar Oktal Doppeltrioden vom Typ 6SN7 eingesetzt. Diese Röhre wurde früher in großen Stückzahlen für den Betrieb in Schwarz-Weiß Fernsehgeräten gebaut und dürfte somit als NOS Variante auch heutzutage kein größeres Beschaffungsproblem sein. Es sei denn, man möchte unbedingt eine aus den Militärbeständen der 40er Jahren haben. Die hier eingesetzten Röhren sind mit „Mystère“ gestempelt, man kann also nur vermuten, dass sie ebenfalls in China hergestellt werden.

Eine der beiden ist als SRPP (Shunt Regulated Push Pull) Stufe ausgelegt. Dieses eher weniger benutzte Schaltungskonzept wurde 1969 von dem Japaner Anzai aus der HF Technik weiterentwickelt. Leider etwas zu spät, weil in diesen Jahren jeder modern sein wollte und sich lieber einen Transistorverstärker zugelegt hatte. Ironie des Schicksals, dass über 40 Jahre später das Konzept wieder zu Ehren kommt. Die zweite 6SN7 ist als Kathodenfolger nachgeschaltet. Die Ausgangsimpedanz ist niedrig und liegt mit diesem Konzept bei circa 600 Ohm.

Grundsätzlich hat die SRPP Schaltung einige Vorteile zu bieten, wie hohe Verstärkung, niedrigen Ausgangswiderstand und niedrigen Klirrfaktor. So ganz trivial ist die Schaltung allerdings nicht, insbesondere in einer Linestufe. Sie muss sehr präzise optimiert werden. Mit einer Fehlanpassung am Eingang haben wir sonst ganz schnell einen prima Rauschgenerator! Die thermische Drift ist auch nicht zu verachten. Mit anderen Worten, die Schaltung kann sich äußerst zickig verhalten. Wenn diese in allen Fällen optimal funktioniert – und das tut sie hier -  verdient Durob meinen allerhöchsten Respekt!


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