Bei der Wahl des Tonarmes sind wir dann schon wieder beim Gehäuse: Da es vorne im mittleren Bereich über der Nadel keine gerade Kante aufweist, an der man sich bei der Justage orientieren kann, entschied ich mich für einen Arm, bei dem die Ausrichtung des Systems dem Nadelträger folgt. Das stellt prinzipiell die bessere Variante dar, da man ja nicht ungeprüft davon ausgehen kann, dass der Nadelträger – und auf diesen sowie den Abtastdiamanten kommt es schließlich an – exakt parallel oder im 90-Grad-Winkel zu einer Gehäusekante steht.
Diese Justage-Variante stellte Graham vor, sie findet sich daher auch beim neuen E-Go-Arm, wobei E-Go für EuroAudioTeam - Graham Original steht. Da dieser schmucke Zwölfzöller nicht zum Lieferumfang des Tonabnehmers zählt, entschied ich mich, das Yosegi in das Mini-Headshell des Thales einzubauen, meinen momentanen Tonarm-Favoriten, bei dem die Justage des System ebenfalls mit Blick auf den Nadelträger erfolgt. Das rudimentäre Headshell verlangt nach Tonabnehmer-Befestigungsschrauben mit relativ flachem Kopf, damit es problemlos in den Kopf des Arms eingeschoben werden kann. Erfreulicherweise passen die dem Yosegi beigelegten Schrauben so gerade. Alle weiteren Einstellungen gehen dann ebenso leicht wie schnell von der Hand, so dass nach kurzer Zeit – wie so oft – Art Farmer und Jim Halls Big Blues die Nadel in Bewegung versetzt. Die Scheibe verwöhnt mit fließend melodiösen Jazz und überrascht hin und wieder mit kräftigen Impulsen des Flügelhorns, während das Vibraphon in Klangfarben schwelgt. Die Platte gehört keinesfalls zu den üblichen Testscheiben, da sie keine speziellen Aufschlüsse in einem der einschlägigen Beurteilungskriterien liefert. Ich nehme sie eher als erste Lockerungsübung für den Tonabnehmer und zum privaten Genuss: Und davon vermittelt das Yosegi eine ganze Menge. Es spielt ungemein stimmig und geschlossen, kein Frequenzbereich zieht besondere Aufmerksamkeit auf sich, die Musik strömt ohne Ecken und Kanten, ganz so wie die Scheibe es vorgibt. Die Basslinien kommen sonor, geschmeidig und rund, die Abbildung wirkt recht groß, die Musiker wie in den Hörraum projiziert. Allein die Becken habe ich schon einmal ein wenig filigraner schwirren hören. Aber auch das ist schnell erklärt: Ein Anruf beim Vertrieb macht klar, dass das Yosegi lediglich für ein paar Fotos seiner Schachtel entnommen wurde, aber noch keine einzige Betriebsstunde auf den Spulen hat.
Zum Einspielen greife ich dann zu etwas Naheliegendem oder -stehenden. Im Plattenregal entdecke ich direkt neben dem Big Blues Pierre Favres schon längst in Vergessenheit geratene LP Singing Drums, ECM 1274, die der Schlagzeuger mit seinen Kollegen Paul Motian und Fredy Studer sowie dem Percussionisten Nana Vasconcelos eingespielt hat. Dank Toningenieur Martin Wieland und des Yosegi kommt das mannigfaltige Schlagwerk des Ensembles bestens differenziert, energiegeladen und dennoch frei von Effekten rüber, die bei reinen Perkussionsscheiben sonst oft den musikalischen Fluss überlagern. Und deshalb lege ich die LP nach einer längeren Einspielzeit dann auch gleich noch einmal auf den Teller des LaGrange: Schon beim „Rain Forrest“, dem ersten Song mit einer Vielzahl schimmernder, flirrender und schwebender Sounds, zeigt sich, dass die Auflösung im Hochtonbereich nun locker das hohe Niveau erreicht, das das Yosegi in den übrigen Disziplinen schon von Anfang an offenbarte: Lassen Sie sich etwa bei „Edge Of The Wing“, dem letzten Stück der Seite, von jeder Menge tieffrequenter Energie und einer tiefen imaginären Bühne faszinieren. Dank der enormen Breite der Darstellung werden die vier Akteure räumlich bestens differenziert abgebildet, so dass das Klangbild auch dann sehr gut durchhörbar bleibt, wenn sich die Rhythmen verdichten.
Das Yosegi musiziert nicht nur auf einen für seinen Preis überraschend hohen Niveau, sondern macht es einem auch nahezu unmöglich, den kleinsten Ansatzpunkt für Kritik zu finden, denn seine Fähigkeiten sind aller bestens austariert: Es spielt völlig aus einem Guss und erlaubt sich keine Auffälligkeit, in dem es etwa in einem Teilbereich Unter- oder Überdurchschnittliches leistet. Und daher stellt sich auch einem verwöhnten Analogfan wie dem Autor nie die Frage, was ein mehrfach teureres System noch mehr zu leisten im Stande wäre. Die Homogenität der Wiedergabe des Yosegi steht einer – zumindest in einem Test nicht unangebrachten – Bewertung von Teilbereichen entgegen. Da könnten höchstens die einschlägigen Testplatten und der Vergleich mit einem deutlich teuren Tonabnehmer seine Grenzen aufzeigen.
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