Der Leiter besteht aus 99,99 prozentigem Silber, die Drähte aus eigener Herstellung. Das Material wird zusätzlich noch cryogenisiert. Nach Anbringen der Steckverbinder wird das gesamte Kabel ein zweites Mal cryogenisiert. Davon verspricht sich Schmidlin einen ähnlichen Effekt, wie ihn seinerzeit Kondo durch ausgiebige Lagerung erreicht hat. Sämtliche Kabel werden in Handarbeit hergestellt. Zudem empfiehlt der Hersteller eine Einspielzeit von 100 bis 200 Stunden. Normalerweise würde ich denken, damit soll eher das Gehör eingespielt werden. Aber ich habe schon einige ungewöhnliche Effekte mit Produkten aus Commugny erlebt, so dass ich hier sehr vorsichtig geworden bin und dies einfach unvoreingenommen ausprobiere.
Dazu kommt noch etwas: Das Kabel ist ungeschirmt, man sollte es also nicht in unmittelbarer Nähe eines Netztrafos verlegen. Bei meiner Anordnung gab es mit Einstreuungen oder Brumm keinerlei Probleme. Und bei 97 Dezibel Kennschalldruck der Lautsprecher wird ein leichter Brumm ganz schnell zum ausgewachsenen Schiffs-Diesel! Nach eigenen Angaben hat der Hersteller mit verschiedenen Schirmmaterialien experimentiert, vom Graphitgeflecht bis zum silberbedampften Polyamidgewebe und jedes Mal die ungeschirmte Variante tonal vorgezogen.
Die Stecker haben eine Richtungsmarkierung, die normalerweise bei zweiadrig aufgebauten Kabeln auf den nur einseitig befestigten Schirm Rücksicht nimmt. Hier gibt es aber keinen Schirm, trotzdem empfiehlt Schmidlin beide Richtungen zu probieren. Hm, nach Rücksprache mit meinem HiFi-Psychiater meinte dieser: Denk nicht darüber nach, probier es einfach aus! Tja, wie komm’ ich nur aus dieser Nummer wieder raus? Aber es existiert tatsächlich ein minimaler Unterschied. In eine Richtung angeschlossen ist die Wiedergabe etwas heller, aber weniger plastisch, die Darstellung verliert an Faszination. Man merkt sofort, welche Richtung die bessere ist. Ich schreibe das sehr ungern, weil ich ein ausgeprägtes Kausalitätsbedürfnis habe und hier nicht weiß, warum das so ist. Aber es ist so. Sind Sie noch da?
Manche hassen Silber, manche lieben es. Bei Silberverbindungen besteht ja immer die Befürchtung, dass der Hochtonbereich zu metallisch, „silbrig“ wiedergegeben wird und dies einem nach anfänglicher Begeisterung über sagenhafte Hochtondetails schnell lästig wird. Insbesondere bei der Wiedergabe von Violinen. Nun gibt es keine eindeutige wissenschaftliche Erkenntnis, warum Silber für den Audiobereich besser geeignet sein soll. Außer, dass es gegenüber Kupfer ein etwas besserer elektrischer Leiter ist. Ob diese Tatsache allein in diesem Einsatzbereich eine entscheidende Rolle spielt, will ich einmal dahingestellt sein lassen.
Jedenfalls war ich sehr gespannt, ob das NF Kabel tonal auch in die helle, silbrige Richtung geht. Ich sag’ jetzt einfach das Kabel „klingt“, weil ich die Leser nicht ständig mit irgendwelchen verschwurbelten Satzkonstruktionen nerven will, um auf den wissenschaftlichen Sachverhalt hinzuweisen. Zunächst habe ich das Kabel zwischen Vor- und Endstufe geschaltet. Der erste Eindruck war, keine Ahs und Ohs, kein Schenkelklopfen: Das gibt’s doch nicht, sondern einfach nur Musik! Die Wiedergabe wird plötzlich sehr flüssig, homogen und organisch. Der Fokus liegt eindeutig auf Grundton und Mitten. In den ersten Minuten hat man vielleicht das Gefühl, es fehlt etwas Luft im Hochtonbereich. Das wirkt dann augenblicklich weniger spektakulär. Nach einer Weile und wieder zurückstecken auf das gewohnte Kabel (auch Silber) wirkt dessen ausgedehntere, allerdings auch dünnere Hochtonwiedergabe eher artifiziell aufgesetzt und stört irgendwie beim Musikhören.
Dennoch ist man mit dem Reference RCA nicht versucht, durch Lauter-Drehen mehr Details zu hören. Was sowieso nicht funktioniert. Die Details sind alle da, nur sind sie jetzt organisch in die Musik eingebunden. Wenn das Kabel dann seine Einspielzeit hinter sich gebracht hat, ist auch der Hochtonbereich nicht mehr so zurückhaltend. Das weiß ich deshalb so genau, weil ich das Kabel zum Einspielen an die Ancient Audio Oslo gehängt hatte und zunächst den Hochtonregler etwas aufgedreht hatte. Dieser wurde dann im Laufe der Zeit immer weiter zurück in Normalstellung gebracht. Abhängig von den restlichen Komponenten bleibt der Hochtonbereich aber trotzdem einen Tick zurückhaltender.
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