Natürlich habe ich die ANC-Schaltung des M4U 2 auch mal in der Ruhe der eigenen vier Wände aktiviert und zu meiner Überraschung festgestellt, dass ihr Einsatz auch Einfluss auf den Frequenzgang hat: Die leichte Bassanhebung verschwindet und das Klangbild wirkt noch einmal detailreicher und besser durchgezeichnet. Dieser Zugewinn an Informationen geht aber erfreulicherweise nicht mit einer Anhebung des Präsenz- oder Hochtonbereiches einher. Allein der Verzicht auf das – wie ich gern zugebe, in vielen Fällen sehr wohlige – zusätzliche bisschen Tieftonenergie erhöht die Feinzeichnung recht deutlich. Um es einmal plakativ zu formulieren: Der M4U 2 lässt einem im Aktivbetrieb die Wahl zwischen einem Genuss- und einem Analyse-Modus. Wenn es nicht darum ging, alten Rocksongs neues Leben einzuhauchen oder Tom Waits klanglich recht missratenes Album Bad As Me erträglich zu gestalten, habe ich den PSB die meiste Zeit mit aktivierter Geräuschunterdrückung gehört, da hier der Klang einfach noch offener und differenzierter ist. Vielleicht führt der Begriff Analyse-Modus doch ein wenig in die Irre, denn für mein Hörempfinden ist es bei den meisten Songs der richtigere, ehrlichere.
Ich bin bestimmt nicht der typische Kopfhörer-Nutzer. Für den reinen Musikgenuss greife nur zu nachtschlafender Zeit oder recht selten mal unterwegs zum PSB oder seinen Kollegen. Dennoch verbringe ich einige Zeit unter dem Kopfbügel: Bei Live-Mitschnitten – unter anderem denen für die Downloads auf diesen Seiten – bieten Kopfhörer oft die einzige Möglichkeit, das eigene Tun zu kontrollieren, denn nur an den wenigsten Aufnahmeorten kann man den Mix über Lautsprecher verfolgen. Und deshalb suche ich schon seit Jahren nach einem neutralen Kopfhörer. Bei meinem Anwendungszweck bleibt nämlich jegliche Abweichung von Pfad der Linearität nicht ohne Folgen: Wie oft war ich vor Ort der Überzeugung, eine stimmige Klangbalance hergestellt zu haben und dann zu Hause beim Hören über meine Lautsprecher tief enttäuscht: Die Kopfhörer hatten mehr Bass suggeriert, als wirklich auf Band oder Festplatte landete und im Hörraum klang es dann entsprechend dünn. Da selbst ein Stax 4070 samt Röhrennetzteil nicht völlig der Wahrheit verpflichtet ist, behelfe ich mich momentan mit einem 15-Band-Equalizer, der den Frequenzgang eines Beyerdynamic DT-660 an die Tonalität meiner Boxen im Hörraum annähert – und für jede Menge Klangeinbußen, nicht zuletzt durch Phasenfehler, verantwortlich ist.
Da mich der M4U 2 doch recht nachhaltig beeindruckt hatte, nahm ich ihn dann mal zu einer Aufnahme mit. Der erwähnte DT-660, ein Audio-Technica ATH-50, der Equalizer und ein Kopfhörer-Verstärker von SPL waren ebenfalls mit von der Partie. Natürlich habe ich den PSB im ANC-Betrieb benutzt, da er hier den ausgeglichensten Frequenzverlauf bietet. Dass das aktive Noise Cancelling, das sehr effektiv gleichbleibende Störfrequenzen ausblendet, auch gegen die Impulse von Kontrabass und Bass-Drum helfen könnte, hielt ich für unwahrscheinlich, zumal ein Versuch mit dem Bose QC 15 vor Jahren keine positiven Ergebnisse gebracht hatte. Doch egal ob am Ausgang des Mischpultes, dem der Nagra LB, am Kopfhörerverstärker mit vorgeschalteten Equalizer oder ohne: Der M4U 2 bot jedes Mal das transparenteste Klangbild und die aussagekräftigsten Informationen. Auch wenn der PSB schon ohne Frequenzgangkorrekturen das bisher überzeugendste Ergebnis aller getesteten Kopfhörer brachte, werde ich mich jetzt nicht zu der Aussage versteigen, die Suche nach dem besten Monitoring-Kopfhörer sei für mich beendet. Da ist erst noch eingehender Vergleich mit den Lautsprechern und dem Equalizer nötig. Aber so viel steht für mich fest: Momentan ist der M4U 2 für mich die Numero eins, wenn es um die Beurteilung eine Aufnahme in recht lauter Umgebung geht. Dass er auch beim Musikgenuss für sich einzunehmen weiß, hatte ich ja schon erwähnt.
© 2024 | HIFISTATEMENT | netmagazine | Alle Rechte vorbehalten | Impressum | Datenschutz
Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.