Während das Tonabnehmersystem bei einer Spannungskopplung im oberen Frequenzbereich durch Lastwiderstände bedämpft werden müsse, die jedoch nur Energie vernichteten, und man einen Kompromiss zwischen ausreichender Dämpfung und nicht zu großem Energieverlust zu finden habe, werde das System bei der Stromkopplung elektrisch so strak bedämpft, dass es perfekt kontrolliert werde, ohne dabei Energie zu vernichten, erklärt Carlos Candeias. Daher sei eine Impedanzanpassung bei seiner Schaltung keinesfalls nötig.
Der zweite Teil der RIAA-Entzerrung findet in der zweiten, rein spannungsverstärkenden Stufe statt. Diese sei leicht zu bauen, gibt Carlos Candeias zu Protokoll, da die Eingangsspannung hier schon relativ hoch liege. An dieser Stelle kann dann eine Einstellung der Verstärkung vorgenommen werden, um sie der Effektivität – und nicht der Ausgangsspannung! – des Systems anzupassen. Die Effektivität ergibt sich etwas pauschal betrachtet aus dem Verhältnis von generierter Spannung und Innenwiderstand des Tonabnehmers: So besitzen zum Beispiel ein System mit 0,28 Millivolt und 15 Ohm Impedanz und ein High Output MC mit 2,8 Millivolt und 150 Ohm eine ähnliche Effektivität. Und das hat zur Folge, dass nach der ersten Stufe der Direct-Injection-Schaltung annähernd dieselbe Spannung zur Verfügung stehen. Bei der Eingangsstufe – oder in der Terminologie des Entwicklers: dem Strom/Spannungs-Konverter – ist eine Verstärkungseinstellung prinzipbedingt nicht nötig.
In der zweiten Stufe des MCCI wird nicht nur die zweite RIAA-Frequenzgang-Entzerrung vorgenommen, sondern auch die sogenannte Neumann-Korrektur, die durch das Umsetzen eines Jumpers im Inneren allerdings auch deaktiviert werden kann. Carlos Candeias plädiert allerdings für ihre Verwendung: „Die klassische RIAA-Entzerrung läuft zu hohen Frequenzen hin mit unendlicher Dämpfung aus. Umgekehrt setzt dies voraus, dass die Schallplatten zuvor mit unendlicher Verstärkung zu hohen Frequenzen hin geschnitten wurden, was natürlich unmöglich ist. Insofern ist die klassische RIAA immer falsch! Für die Begrenzung zu hohen Frequenzen hin gibt es seit mehreren Jahrzehnten einen quasi-Standard vom Schneidmaschinen-Hersteller Neumann. Der Unterschied der Neumann-Korrektur im Pegel ist zwar klein, aber sehr gut hörbar. Die Phasen-Korrektur am oberen Ende des Übertragungs-Bereichs ist sogar noch wichtiger.‟ Schon überzeugt: Während des Tests bleibt die Neumann-Korrektur in Betrieb.
Verzichten werde ich allerdings auf das Subsonic-Filter und zwei weitere, per Jumper zu aktivierende Frequenzgangmanipulationen, deren Einsatz B.M.C. bei „Aufnahme-Fehlern‟ oder „etwas bass-armen Tonabnehmer/Tonarm-Kombinationen‟ empfiehlt. Damit ließe sich der unterste Tiefbass und/oder der „Wärme-Bereich‟ ein wenig anheben. Eigentlich keine schlechte Idee: Dank einer leichten Abweichung vom linearen Pfad der Tugend ermöglich der MCCI auch Besitzern nicht idealer Arm/System-Kombinationen genussvolles Hören. Es macht sowieso Sinn, beim schrittweisen Upgrading seiner analogen Quelle mit dem MCCI zu beginnen, denn seine schaltungstechnischen Spezialitäten dürften in einigen Fällen die Bewertung von Tonabnehmern über den Haufen werfen, die man mit eher konventionellen Phonostufen vorgenommen hat. Wenn auch fast alle MCs und auch High-Output-MCs gut mit dem MCCI funktionieren, so harmonieren doch System mit recht hoher Ausgangsspannung bei gleichzeitig niedrigem Innenwiderstand ganz besonders gut mit der Current-Injection-Schaltung. Und da fallen gewiss nicht nur mir die Kreationen ein, an deren Entstehen Matsudaira beiteiligt war, wie etwa das MY Sonic Lab oder AirTights PC-1 (Supreme). Auch einige neue Lyras und Ortofons A90 hat Carlos Candeias auf seiner Favoritenliste. Doch experimentieren Sie – wenn möglich – selbst. Ich folge einfach der Empfehlung des Entwicklers und nehme eines meiner Lieblingssysteme: das Supreme, denn das Lyra Olympus ist gerade in Japan, um für den Vergleich mit dem Atlas fit gemacht zu werden.
Doch bevor wir zum Klang des MCCI kommen, noch schnell ein Blick ins Innere des Gehäuses: Rechts befinden sich die beiden vierlagigen Signalplatinen für je einen Kanal. Die erste Stufe befindet sich unter einem verkupferten Schirmgehäuse aus Eisenblech und erlaubt nur durch einige schmale Schlitze zur Belüftung den Blick auf die SMD-bestückte Platine. Leider werden die Schrauben der Schirmdeckel mit Muttern unterhalb der Platinen gesichert, so dass man den Entzerrer beinahe komplett hätte zerlegen müssen, um auch diesen Teil der Schaltung abzulichten. Laut Auskunft des Entwicklers arbeiten in der Eingangsstufe zehn Spezialtransistoren mit hoher Stromverstärkung und einer typischen Rauschzahl von 0,3 Dezibel. Die Parallelschaltung reduziere das statistische Rauschen dann noch einmal um zehn Dezibel. Die verwendeten Metallfilm-Widerstände in Dünnfilm-Ausführung wiesen eine Toleranz vo lediglich 0,5 Prozent auf und seien aufgrund ihrer kappenlosen Bauart induktionsfrei. Die dank ihrer Wicklung ebenfalls induktionsfreien Polystyrene-Kondensatoren besäßen keine Eigenresonz und die „Balanced Current‟-Elektrolytkondensatoren der Stromversorgung zeigten eine symmetrischen Strom-Kennlinie und seinen üblichen Elkos weit überlegen.