Der Schöpfer dieser – man darf wohl sagen – ungewöhnlichen Phonostufe ist Carlos Candeias, der Inhaber und Geschäftsführer der 2009 etablierten B.M.C. Audio GmbH. Schon 1986 gründete er noch während seines Studiums an der TU Berlin seine erste Firma. Ich habe ihn erstmals zehn Jahre später vor einem Test seiner Laufwerks/Wandler-Kombination getroffen und zwar am Sitz von Candeias Audio Engineering in Stade. Seine Firma war damals nicht nur mit äußerst schmucken Komponenten unter dem Familiennamen des Elektroingenieurs am Markt vertreten, sondern entwickelte bereits für renommierte Hersteller aus Fernost. Schon zu der Zeit war es Carlos Candeias wichtig, dass man über jedes noch so kleine Detail seiner Kreationen informiert war, bevor man darüber schrieb. Und das völlig zu recht, boten seine Komponenten doch immer einige zuvor nie gesehene Lösungsansätze.
Den Test des MCCI hatten wir während der diesjährigen High End in München verabredet, dort aber noch nicht über schaltungstechnische Besonderheiten des Entzerrers gesprochen. Mal eben wie vor 16 Jahren in der Fertigungsstätte vorbeizufahren, um Informationen aus erster Hand einzuholen, ist momentan aber leider nicht mehr so einfach möglich, hat Carlos Candeias seinen Lebensmittelpunkt doch konsequenterweise schon 2001 nach China verlegt. Aus der Nähe von Shanghai leitet er Candeias Electronics, ein komplettes Industrieunternehmen mit eigener Entwicklungsabteilung, wie er auf der B.M.C.-Website verrät. Doch ganz anders als vor 16 Jahren spielen heute Entfernungen dank E-Mail, Telefon und Skype keine große Rolle mehr, so dass ich keinesfalls über einen Mangel an Informationen klagen kann.
Schon der Blick auf das Anschlussfeld des MCCI legt den Schluss nahe, dass der Entzerrer vollkommen symmetrisch arbeitet: Carlos Candeias bestückt ein Gerät nicht mit XLR-Buchsen für Ein- und Ausgang, wenn die Schaltung dies nicht vorgibt. Daran ändert auch der Cinch-Ausgang nichts. Die nächste Auffälligkeit ist das Fehlen von Mäuseklavieren oder Buchsen zur Aufnahme von Widerstandssteckern zur Impedanzanpassung des Tonabnehmers. Außerdem besteht keine Möglichkeit, den MCCI für MM- oder MC-Systeme zu konfigurieren. Mit den beiden Drucktasten auf der dunkel verspiegelten Frontplatte lassen sich lediglich die Intensität der Beleuchtung regeln und der Ausgang stumm schalten. Die Aufschlüsselung der Gerätebezeichnung gibt erste Hinweise auf die Eigenheiten der Phonostufe: MCCI steht für Moving Coil Current Injection. Der Entzerrer ist also allein für die Aufbereitung von Signalen von MCs gedacht und arbeitet – wie übrigens in einer von seinen beiden Betriebsarten schon vor Jahren der famose Antares von Omtec – mit einer Stromkopplung, so dass die bei einer Spannungskopplung notwendige Impedanzanpassung überflüssig ist.
Seine Current Injection genannte Variante der Stromkopplung, so Carlos Candeias, verwende, wie der Name schon sagt, den Strom, den das Tonabnehmersystem generiert. Die erste Stufe seiner selbstverständlich diskret aufgebauten Schaltung könne man als einen cleveren Strom/Spannungs-Konverter bezeichnen, der den vom System erzeugten Strom in eine höhere Spannung wandle, wobei an dieser Stelle auch der erste Teil der RIAA-Entzerrung vorgenommen werde. So könne die Frequenzgangkorrektur einerseits passiv, also ohne Gegenkopplung und auch ohne die sonst bei passiven Lösungen nötige Überverstärkung realisiert werden. Allerdings funktioniere diese Schaltungsauslegung nur in der symmetrischen Variante, was aber kein Problem darstelle, da ja alle Tonabnehmer konstruktionsbedingt eine erdfreie symmetrische Quelle seien. Mich braucht Carlos Candeias von den Vorzügen eines symmetrischen Entzerrers nicht mehr zu überzeugen. Allein die Immunität gegen Einstreuungen, Radioempfang oder Knackser beim Einschalten von Lampen rechtfertigen in meinen Augen den Mehraufwand – um von den klanglichen Vorteilen zum Beispiel durch einen größeren Headroom ganz zu schweigen.
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