Raumakustik Teil 3 – Raummoden: Fundamentaler Bestandteil der Akustik

16.07.2010 // Uwe Kempe

Was also tun, um einen bei tiefen Frequenzen möglichst gut klingenden Raum zu erhalten? Soweit dies möglich ist, d.h., vor allem dann, wenn der Hörraum noch nicht gebaut, sondern erst geplant ist, steht am Anfang die Auswahl einer guten Geometrie mit vernünftigem Abmessungsverhältnis und in sich abgeschlossener Bauweise. Die Wahl der jeweiligen Dimensionen wird dabei stark von den Anforderungen an den Raum geprägt. Dazu gehören Aspekte wie zum Beispiel die Größe der Hörzone und die Anzahl der eingesetzten Lautsprecher. Diese beiden Gesichtspunkte legen letztendlich geometrisch fest, mit welchen potentiellen Schwankungen im modalen Verhalten man zu rechnen hat und welcher prinzipielle Platzbedarf vorliegt. Selbstverständlich kann dies auch nicht losgelöst von den anderen akustischen Eigenschaften eines Raumes betrachtet werden!

Da die Raummoden sich als physikalischer Effekt bei tiefen Frequenzen einstellen und letztendlich über die Qualität der Raumakustik bestimmen, heißt es dieses Phänomen zu akzeptieren und möglichst konstruktiv damit umzugehen! Es sollte ein Längen-Breiten-Höhen Verhältnis für den Raum gewählt werden, welches eine möglichst hohe Anzahl von Moden mit gleichmäßiger Verteilung der Stützstellen erzeugt. Es geht dabei aber keineswegs darum, einen möglichst großen Raum oder einen nach bestimmten Regeln festgelegten (zum Beispiel „Golden Ratio“) Raum zu kreieren, sondern in Anbetracht der geplanten Nutzung eine sinnvolle Größen- und Dimensionskonstellation zu finden. Diese Tatsache ist deshalb erwähnenswert, da selbst sehr große Räume bei bestimmten Positionskonstellationen recht unangenehme Eigenschaften besitzen können. Man sollte also bereits im Vorfeld für eine gewählte Raumgröße die zu erwartenden Übertragungseigenschaften für die Raumnutzung überprüfen und sich nicht alleine an der Raumgröße orientieren.

Hat man die Abmessungen seines Raumes festgelegt – oder sind sie einem unveränderbar vorgegeben – kann man auf die Suche nach günstigen Positionen für die Abhörsituation gehen. In normalen rechteckigen Räumen hat man mit zwei grundsätzlichen Problemen zu tun, die direkt mit den modalen Eigenschaften des Raumes verknüpft sind. Wie man aus Abbildung 2 erkennt, erzeugen die ersten Moden eines Raumes  in der Mitte der jeweiligen Dimension einen sehr geringen Druck. An diesen Stellen ist die zu den Moden jeweils gehörende Frequenz kaum wahrnehmbar. Man steht also in dem Dilemma sich zwischen einer Ausrichtung längs oder quer im Raum entscheiden zu müssen. In beiden Fällen befindet sich der Hörplatz aufgrund seiner Lage in der Raummitte jeweils im Druckminimum einer der Grundmoden und man erhält eine Lücke im Übertragungsverhalten. In der nachfolgenden Abbildung 6 ist dieses Verhalten schematisch für eine durchschnittliche Raumgröße dargestellt.

Schematisierte Modenanregung (erste 6 Modenstützstellen) in einem günstigen, rechteckigen 30m² Raum für eine längen- oder breitenorientierte Aufstellung der Lautsprecher im Raum
Schematisierte Modenanregung (erste 6 Modenstützstellen) in einem günstigen, rechteckigen 30m² Raum für eine längen- oder breitenorientierte Aufstellung der Lautsprecher im Raum


Es ist also erforderlich, sich zwischen diesen beiden Konstellationen zu entscheiden und die Vor- und Nachteile auch unter Berücksichtigung der anderen akustischen Eigenschaften des Raumes abzuwägen.

Bisher gehen alle Überlegungen davon aus, dass eine Anregung des Raumes bei tiefen Frequenzen mit einem Lautsprecher stattfindet. Dies ist zwar grundsätzlich richtig, doch haben wir es bei Stereo nicht mit zwei Lautsprechern und bei Mehrkanalbetrieb sogar mit fünf bis sechs oder noch mehr Lautsprechern im Raum zu tun? Im „schlimmsten“ Fall regen doch alle diese Lautsprecher den Raum an oder? Was passiert dann mit den Raummoden?

Die Abbildung 7 versucht diese Situation anhand einer klassischen 5.1 Konstellation in einem Raum visuell zu veranschaulichen.

Druckverlauf einer 300 Mode in einem günstigen 30m² Raum im Kontext der Anordnung einer klassischen 5.1 Lautsprecherkonstellation
Druckverlauf einer 300 Mode in einem günstigen 30m² Raum im Kontext der Anordnung einer klassischen 5.1 Lautsprecherkonstellation


Klar und deutlich befinden sich einzelne Lautsprecher in gegensätzlichen Druckbereichen der Raumresonanz. Die gegensätzlichen Druckbereiche der Moden stellen eine sogenannte „modale Phase“ dar.  Das bedeutet zwischen dem Überdruck- und Unterdruckbauch einer Raummode besteht ein Phasenunterschied von 180° – die Positionen sind also „gegenphasig“. Da normale Lautsprecher eine Raummode im Bereich ihres Druckes am stärksten anregen, bedeutet dies, die verschiedenen Quellen befinden sich teilweise in gleich- und teilweise in gegenphasigen Bereichen des Raumes. Befinden sich die Quellen im gleichen Phasenbereich, wird die Mode entsprechend verstärkt angeregt – befinden sie sich in entgegengesetzten Phasenbereich so wird die Mode weitgehend nicht angeregt. Dies trifft zu, wenn die jeweiligen Lautsprecher „dasselbe“ Signal (also eine Monoinformation) abstrahlen. Doch was passiert, wenn dies nicht der Fall ist. Schon bei Stereo ist doch das tieffrequente Signal zwischen den beiden Lautsprechern nicht unbedingt identisch! Im Falle von mehreren Schallquellen im Raum, die gemeinsam Signale abstrahlen und die Signale dabei nicht mono, sondern dekorreliert sind, kommt es zu einer Überlagerung der modalen Phase mit der jeweiligen Signalphase. Es entsteht also eine sehr komplexe Raumanregung, die nicht vorhersagbar ist, da wir nicht wissen, welche Informationen uns der Tonmeister auf seiner Aufnahme zur Verfügung gestellt hat.

Um die ganze Angelegenheit an dieser Stelle nicht unnötig zu komplizieren, lässt sich folgende, zusammenfassende Schlussfolgerung für dieses Phänomen eines Raumes treffen: Soll bei tiefen Frequenzen eine höchstmögliche Übertragungsqualität erreicht werden und sollen wichtige Informationen des Originalraumes (dekorrelierte Signalanteile) erhalten bleiben, so muss der geometrische Einfluss der Moden sehr gering gehalten werden. Dies bedeutet in der Praxis eine sehr gute Bedämpfung aller modalen Effekte mit optimierter Positionierung. Will man den Aufwand bezüglich des Raumes stärker kontrollieren, kann man mit einer „monauralen“ Reproduktion (zum Beispiel klassische THX-Setups mit einem Sub und Satelliten) der tiefen Frequenzen im Raum negative Einflüsse reduzieren. Man handelt sich dadurch jedoch auch einen Verlust an Informationen ein!

Damit sind wir nun letztendlich bei der Frage: Mit welchen Mitteln außer der Positionswahl lässt sich die akustische Situation im modalen Bereich eines Raumes verbessern? Die verschiedenen, heute verfügbaren Methoden und Mittel sind folgende:

  • klassische passive Bedämpfung des Raumes mit geeigneten Absorbern
  • aktive tieffrequente Absorber mit adaptiver Regelung
  • elektronische Vorentzerrung der zugespielten Signale
  • Schallquellenkonstellationen zur Minimierung der Modaleffekte


Die aufgelisteten Punkte wollen wir nun etwas detaillierter betrachten und dabei ihre jeweiligen Vor- und Nachteile möglichst unvoreingenommen beurteilen.


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