Ich bin auf dem Weg zu einem wunderschönen Lautsprecher. Der SLS von Boenicke Audio. Klingen Lautsprecher besser, wenn sie gut aussehen?
Ein trüber Herbsttag in Brilon im Sauerland. An einem langen Holztisch sitzen Joachim Gerhard, die Ikone des deutschen Lautsprecher-Baus und Sven Boenicke, der Kopf der gleichnamigen Schweizer Lautsprecher-Manufaktur. Seit der High-End in München verbindet die beiden mehr als die totale Hingabe zum Lautsprecherbau. „Ich bin am Stand von Sven vorbei gekommen und dachte mir: Genau das ist es, diese Ideen könnten auch meine sein.“ Starke Worte von einem, der eine Spur im kommerziellen deutschen Lautsprecherbau hinterlassen hat wie kaum ein anderer. Legendär seine ästhetisch und akustisch richtungsweisende Arbeit unter dem Label Audio Physic und später bei Sonics. Ihm gegenüber Sven Boenicke, der noch die Schule besuchte, als Joachim Gerhards Werke schon die Welt eroberten.
Zwei Generationen, zwei unterschiedliche Klangfarben der deutschen Sprache, zwei unterschiedliche Stationen in der individuellen Lebensplanung. Und dennoch: Das Gespräch verbindet. Da können zwei miteinander, zollen sich Respekt, sind frei von Neid und Imponiergehabe. Sven Boenicke hat gerade 600 Kilometer im Auto zugebracht, um seine neuen Entwicklungen in einer speziellen Hinsicht messtechnisch beurteilen zu lassen. Zur Diskussion steht, ob seine Lautsprecher mit dem revolutionären neuen elektronischen Bass-Management von Joachim Gerhard ausgestattet werden. Keine Spur von wechselseitigem Bedürfnis nach Geheimhaltung und Eigenlob, im Dialog entstehen technische Skizzen bei Tisch, gemeinsam wird gelötet und gemessen.
„Sven Boenicke gehört für mich zu den maximal fünf Entwicklern weltweit, die derzeit den Lautsprecherbau tatsächlich innovativ voranbringen.“ Der blickt bescheiden zu Boden und schweigt. Was sollte man an Lob auch einem Mann gleichwertig zurück geben, der zu besten Audio Physic Zeiten bereits Stückzahlen an hochwertigen Schallwandlern verkauft hat, die heute noch jeden Marketing-Guru zu Freudentränen rühren.
Zum Grundvokabular des Marketings gehört das Bewusstsein, auf Alleinstellungsmerkmale zu setzen, gerne auch USPs (Unique Selling Propositions) genannt. Bei Joachim Gerhard war es seine optisch-ästhetische Designkompetenz, die ihn in Verbindung mit der technischen Brillanz seiner Lautsprecher von den Konkurrenzprodukten unterschieden hat. Das Thema Ästhetik prägt den Abend; Steaks werden gebrutzelt, eine Flasche Wein geöffnet, Joachim Gerhard greift zu Rauchwaren.
Die Assoziation zu Grundfragen von Design und Ästhetik wird auch jeden erreichen, der sich mit Boenicke Audio beschäftigt. Alleine die Fotos auf seiner Webseite, die den Fertigungsprozess seines Modells SLS dokumentieren, könnten in jeder Kunstgalerie Platz finden. Seine SLS spiegelt genau jenes intuitive Verständnis für Gestaltung wieder, das die Sehnsucht von Klangästheten und Musikern auf den Punkt trifft. Genau diese SLS ist es, die nunmehr den Weg nach Brilon gefunden hat und von Joachim Gerhard messtechnisch bezüglich seines elektronischen Bass-Managements ausgelotet wird. Jene SLS, um die sich die Kritiker reißen – ein durchaus Prominenter hat sie nicht mehr hergegeben und sogar ordentlich dafür bezahlt. Jene SLS, die bei den High-End-Messen in Zürich und Wien für Furore gesorgt hat. In Zürich rührte sie einen hart gesottenen Manager öffentlich zu Tränen, der davon so betroffen war, dass er wenige Tage später um eine private Vorführung in Boenickes Showroom in Basel bat. Als er dort neuerlich heulte, nahm er das letzte vorrätige Paar kurzer Hand an sich.