„Eine Transmission Line?“
„Genau genommen eine Mischung aus Transmission Line und Back Loaded Horn. Der Punkt ist, dass diese Struktur völlig ohne Bedämpfung auskommt. Dieses Horn ermöglicht eine Anpassung der akustischen Impedanz, die die Treiber sehen. Mit der SLS können somit verhältnismäßig große Pegel gefahren werden, ehe die Membranauslenkung ans Limit kommt.“
„Die schlanke Form der SLS macht es nötig, dass die Konustreiber seitlich montiert sind. Lautet hier der Grundsatz „Form follows aesthetics“ anstelle von „Form follows function?“
„Das ist gar nicht eindeutig zu beantworten. Je nach dem, welche klangästhetischen Vorlieben man hat, ist die seitliche Montage sogar ein großer Vorteil, der die SLS in gewissen Bereichen fast unschlagbar macht. Eine seitliche und damit eher indirekte Abstrahlung ist immer dann ein Vorteil, wenn es um geringe Hördistanzen geht. Das bedeutet, die Lautsprecher stehen frei im Raum und der Hörplatz ist recht nahe vor dem Lautsprecher. Die SLS ist dann in der Lage, akustisch zu verschwinden und somit als technisches Medium in den Hintergrund zu rücken.“
„Was ist der Nachteil dieser Konstruktion?“
„Ein Nachteil jedes indirekt strahlenden Speakers tritt bei großen Hördistanzen auf. Subjektiv ist dann eine geringere „physische“ Attacke im Grundtonbereich und Bass erfahrbar. Obwohl solch tiefe Frequenzen sich kugelförmig ausbauen, scheint es doch eine Art Energievektor zu geben, der sich geradeaus ausbreitet.“
„Was an der SLS sofort auffällt, ist die ungemein hochwertige Optik. Immer wieder kommt es vor, dass Messe-Besucher vortreten und das Massivholz der SLS haptisch im wahrsten Sinne des Wortes „begreifen“ wollen.“
„Wir legen ja auch weiße Handschuhe bei jeder Auslieferung bei, damit die geölten Oberflächen makellos bleiben.“
„Warum wählt Boenicke Audio Massivholz? Wahrscheinlich gibt es Materialien, die fertigungstechnisch weniger Risiken bergen.“
„Es hat auch eine Weile gedauert, bis wir die Produktion in den Griff bekommen haben. Das Geheimnis liegt in der Auswahl des Holzes, des Trocknungsgrades und der Art der Verleimung.“
„War die Entscheidung für Massivholz rein klanglich bedingt?“
„Definitiv. Ich bin der Auffassung, dass es so etwas wie einen spezifischen Klang jedes Materials gibt, nennen wir es Materialklang. Ich meine damit, den besonderen Klang eines Materials unabhängig von dessen Form, Dimension oder Abmessung. Und da ragt für mich im Lautsprecherbau Massivholz heraus, wir haben besonders mit Fruchtbäumen wie Kirsche, aber auch Ahorn und Nussbaum sehr erfreuliche Erfahrungen gemacht. Aluminium, Kunststoffe oder auch das im Lautsprecherbau weit verbreitete MDF fallen klanglich so deutlich ins Kalte und Technische ab, dass sie für Boenicke Audio keine Option sind.“
„Wodurch ist der spezifische Materialklang denn dann beeinflusst, wenn nicht durch Form, Dimension oder Abmessung?“
„Der Materialklang ist sicher von der inneren Spannung des Materials beeinflusst und von der Umgebungstemperatur. Wir empfehlen unseren Kunden auch, die Lautsprecher erst einige Tage „ankommen“ zu lassen. Um die Wirkung des Materialklangs zu beschreiben, führe ich meinen Kunden auch gern den Unterschied zwischen einem Mitteltöner mit einem Aluminium Phaseplug und einem Holz Phaseplug vor. Obwohl sämtliche Chassisparameter identisch sind und auch Aluminium und Holzphaseplug dieselbe Form und dieselben Masse haben, klingt die Holzvariante signifikant natürlicher und schöner in den Klangfarben. Das interessante ist, dass die Zuhörer subjektiv in der Folge auch ein Mehr an Auflösung wahrnehmen.“
„Die HiFi-Welt ist ja bekanntlich voller psychoakustischer Phänomene, die auch gerne durch geschicktes Marketing bedient werden. Wie lässt sich denn dieses Materialklang Phänomen von der Theorie her erklären?“
„Dieter Ennemoser hat mit seiner C-37 Soundtheorie die entscheidenden Erklärungshinweise geliefert. Unser Gehirn scheint Obertonresonanzstrukturen, die durch Schwingungsanregung von natürlichem Material entstehen, auf Dauer unangestrengter verarbeiten zu können. Zu den natürlichen Materialien zählen eben insbesondere Holz oder körpereigene Strukturen wie die Knochen. Ennemoser stellte fest, dass unser Ohr selbst, insbesondere die Bestandteile des Innenohrs, spezielle Resonanzstrukturen aufweist, wenn es seine Arbeit verrichtet - wenn also der Schall von der Umgebung, vom Konzert oder vom Lautsprecher aufgenommen und mechanisch weitergeleitet wird. Will das Gehirn nun aber bloß die Nutzgeräusche und Töne der Außenwelt, nicht aber die durch die Bestandteile des Ohrs selbst hinzugemischten Resonanzanteile „hören“ und verwerten, so muss das Gehirn diese Resonanz-Zugaben des Hörapparates subtrahieren, wegfiltern. Dies scheint es im Laufe der Zeit sehr gut gelernt zu haben.“