INEAR Chef Marius Schmitt stellt seine IEMs auf der CanJam mit einem Röhrenverstärker von Feliks Audio aus. Eine reizvolle und spannende Kombi. Sein Stand war direkt gegenüber von xMEMs und sein Interesse für ihre neue Technologie nicht geringer als meins.
Mit xMEMS ist ein Mikrochiphersteller aus San Francisco auf der CanJam vertreten. Mike Householder (VP of Marketing) und Michael Ricci (Senior Director) präsentieren aber weder Wandler-Chips noch sonstige ICs, sondern siliziumbasierte Miniaturlautsprecher. xMEMS ist das erste Unternehmen weltweit, das durchentwickelte Produkte dieser Herstellungsform anbietet. Nach der Präsentation auf der CES und der NAMM-Show ist die Vorstellung auf der CanJam die erste überhaupt für den audioaffinen Endverbraucher. MEMS steht für Microelectromechanical Systems. Mikrofone dieser Bauart sind weltweit bereits in sämtlichen Smartphones, Smartwatches, Laptops, Headsets, Hörgeräten und sonstigen Geräten verbaut, in denen das Platzangebot begrenzt ist. Dies war mir so nicht bewusst. Man kann also tatsächlich Mikrofone aus Silizium herstellen. xMEMS nutzen gewissermaßen das umgekehrte Prinzip um Miniaturlautsprecher herzustellen. Auf Trägerfolien, sogenannte Silizumwafer, werden piezoelektrische Materialien aufgeätzt. Wird an diese Spannung angelegt, können sie bewegt werden. In dieser speziellen Anwendung wie eine Lautsprechermembran. Das Unternehmen xMEMS besteht aus etwa 50 Mitarbeitern. Die Entwicklung findet überwiegend in San Francisco statt. Gut zwei Drittel der Mitarbeiter befinden sich in Taiwan, so sind sie näher an ihrem Produzenten TSMC. TSMC ist einer der größten Halbleiterproduzenten weltweit. Dies zeigt, dass xMEMS nicht irgendeine Experimentierschmiede ist, sondern gerade aktiv die Zukunft der Miniaturtreibertechnik und damit sehr wahrscheinlich den In-Ear-Markt komplett umkrempelt. Erste Hersteller experimentieren bereits mit ihren Treibern. Die Vorteile liegen auf der Hand. Halbleiterfertigung ist extrem präzise und muss mit JEDEC einen viel höheren Standard erfüllen als viele andere Fertigungsverfahren, die Serienstreuung ist dementsprechend gering. Die xMEMS-Treiber benötigen jedoch eine Betriebsspannung von 10 Volt. Dies ist eine Schwierigkeit, die In-Ear-Hersteller noch zu lösen haben. Für die CanJam haben Michael und seine Kollegen kurzerhand selbst zwei Prototypen mit verschiedenen xMEMS-Treibern und 3D-gedruckten Gehäusen zusammengebaut. Das weiße Modell beherbergt einen Montara Side-Firing Treiber. Die Side-Firing-Ausführung hilft dabei, die Hochtonenergie zu zähmen, die der nach oben offene Top-Firing Montara im Überfluss anbietet. Für die Nutzung in Hörgeräten macht letzteres Sinn, für die audiophile Anwendung ist die entschärfte Side-Firing Variante deutlich besser geeignet. Ein günstiges USB-C-Headsetkabel samt internem Wandler wurde zweckentfremdet intern mit passender Versorgungsspannung und angepasstem Amp versehen. So konnte jeder Besucher die Prototypen am eigenen Smartphone testen. Alle diese Kopfhörer wurden im Laufe der Messe an Besucher verschenkt. xMEMS hatte aber auch einen kleinen externen Amp dabei, mit dem man den im weißen Gehäuse verbauten Montara und den im grauen Gehäuse verbauten Montara Plus am Kopfhörerausgang eines Microsoft Surface Laptops hören konnte. In dieser rohen Ausführung war es nötig, die Treiber mit einem Equalizer nach seinem persönlichen Hörgeschmack zu zähmen. Eine schwer faszinierende Erfahrung, diese komplett neue Treibertechnologie nach seinen eigenen Wünschen anpassen zu können. Wie präzise die Treiber auf die Equalizeränderungen angesprochen haben, war gleichermaßen beeindruckend. Der normale Montara verfügte über ein dermaßen hohes Level an Details, dass ich den minderwertigen Wandler im zweckendtfremdeten USB-Dongle sofort störend wahrnehmen konnte. Anders sah dies schon an der Kopfhörerbuchse des Laptops aus. Der Montara deckt den Frequenzbereich von 20 bis 20.000 Hertz vollständig in einer Manier ab, die ich selbst vom besten Single-Driver in Etymotics In-Ears noch nie gehört habe. Unglaublich welches Potential in diesem Treiber steckt. Ich kann nur hoffen, dass Etymotic sehr bald einen auf Montara basierenden IEM herausbringt. Der Montara Plus hingegen verfügt über eine größere Beweglichkeit der Piezoelemente und damit eine viel kraftvollere Reproduktion der unteren Mitten. Er macht neugierig, wie wohl ein In-Ear mit gleich mehreren xMEMS-Treibern klingen könnte. Eine derartig impulsgetreue Wiedergabe wie mit den Montaras habe ich noch nie erleben dürfen. Natürlich haben die Prototyp-Hörer überhaupt keinen Anspruch darauf erhoben, ein fertiges Produkt zu sein, schließlich sind xMEMS in erster Linie Treiberhersteller. Die Begeisterung von Michael und Mike für diese neue Technologie und den Wunsch, dem Endverbraucher eine Möglichkeit zu geben, sie erleben zu können, kann ich nur zu gut nachvollziehen. Die IEM-Zukunft wird sehr spannend werden!