Für die diesjährige High End ist die Redaktion von Hifistatement fast vollzählig angetreten. Bis zu sieben Redaktionsmitglieder tummeln sich zeitweise vor unserem Vorführraum. Für mich geht es dieses Jahr etwas entspannter zu, mein Berichtsterritorium umfasst diesmal „nur“ das Atrium 4.2.
Beim Durchstreifen meines Messereviers habe ich mich dieses Jahr noch etwas mehr vom Gesamteindruck der Vorführungsräume leiten lassen. Ich sehe weniger das isolierte Produkt als vielmehr die gesamte Philosophie eines Herstellers. Während einige Hersteller auch in akustisch kaum behandelten Räumen überzeugende Vorführungen abliefern, haben andere gleich ein ganzes Wohnzimmer mitgebracht. Was an schniekem Interieur fehlt, wird an anderer Stelle durch persönliche und leidenschaftliche Beratung wettgemacht. Genau diese Dynamik reizt mich an HiFi und macht das Messeerlebnis besonders. Hinsichtlich der aufgerufenen Preise wird diese Dynamik auch vollends ausgereizt: Von erschwinglich bis absolut unbezahlbar ist alles vertreten. Auf der einen Seite kann das etwas frustrierend sein, denn ich werde mir in meinem Leben wohl keine Stereokette für einen Kaufpreis von rund einer halben Million Euro leisten können. Andererseits ist das auch definitiv nicht nötig. Bei der schieren Masse an Herstellern, deren Einfallsreichtum und Hingabe zu ihren Produkten, findet man auch für verhältnismäßig vernünftige Preise herausragend spielende und optisch hinreißende Systeme. Meiner Meinung nach gibt es einen gewissen Preispunkt, ab dem man nicht mehr ausschließlich für Klang, sondern auch für Prestige, Einzigartigkeit und extreme Designsprache bezahlt. Leider gibt es immer wieder auch Fälle, in denen sich diese Gesetzmäßigkeiten verklären, denn Preis ist nicht immer gleichbedeutend mit Klanggenuss. Dennoch möchte ich Ihnen einige der ganz oben mitspielenden Systeme nicht vorenthalten, die mich angesprochen haben. Auch auf der High End setzt sich der auf der hifdeluxe gewonnene Eindruck fort, die Bandbreite an Produkten für die digitale Wiedergabe wird immer größer und vollaktive Lautsprecher mit DSP sind vermehrt anzutreffen.
Dass Thorsten Loesch, bei ifi Fachmann für Schaltungen jedweder Art, ein Talent dafür hat, kurzweilige Produktpräsentationen zu moderieren, hat er auf dem letztjährigem ifi-Event bereits bewiesen. Wer hätte geahnt, dass er in Kombination mit dem Designer des neuen kabellosen Komplettsystems Aurora, Julien Haziza, bei dessen Releaseparty eine noch explosivere Präsentation abliefert? Vier 120-Millimeter-Breitbandlautsprecher, jeweils zwei davon auf der Vorderseite und zwei an den Seiten, werden von zwei 28-Millimeter-Hochtönern auf den vorderen Außenkanten ab fünf Kilohertz unterstützt. Für ein unerwartet kräftiges Bassfundament sorgen zwei große Passivmembranen auf der Unterseite. Mit einem automatischen Raumeinmesssystem (ART) erfasst Aurora über Ultraschall die akustischen Gegebenheiten ihres Aufstellungsortes und passt die an die verschiedenen Treiber gesendeten Signale dementsprechend an. Ab Sommer wird ifis Aurora für 1.500 Euro erhältlich sein und spielt Dateien bis 24 Bit und 192 Kilohertz.
Nach wie vor ist Streaming auf dem Vormarsch, auch wenn viele Hersteller von Tonband vorführen, was für mich jedes Mal aufs Neue ein Highlight ist, schließlich war das Tonband zu meiner Kindheit schon lange Geschichte. So bietet auch Naim Streaming-Devices in verschiedensten Preissegmenten an. Das größte Zugeständnis an das digitale Zeitalter dürfte aber nach wie vor der Mu-so WiFi-Speaker sein, der in der zweiten Generation für voraussichtlich 1.500 Euro über den Ladentisch gehen wird. Das multifunktionale Bedienelement auf der Oberseite bleibt erhalten und die Navigation mit ihm macht wirklich Spaß. Wie ernst es Naim mit diesem, für viele High-Ender als Spielzeug abgetanem, Gerät ist, zeigt allein, dass fast 25 Prozent der Naim zur Verfügung stehenden Mitarbeiter an der Weiterentwicklung der zweiten Generation beteiligt waren. Besonders am DSP hat sich viel getan, so ist die Software dank großzügiger Rechenleistung in der Lage, Daten bei 24 Bit und 384 Kilohertz quasi live zu bearbeiten und für die Verteilung auf die sechs verbauten Lautsprecherchassis vorzubereiten.
Bei Auralic ist ebenfalls einiges passiert, so stehen jetzt der Streaming Transporter Aries G2 (4.200 Euro) und der Upsampler Sirius G2 an der Spitze der Produktkette. Getaktet durch die Clock Leo GX (ab 6.900 Euro) und gewandelt vom DAC Vega G2 (6.300 Euro), bespielt das über Auralics hauseigenen Lightning Link verbundene Gesamtsetup zwei Spendor Classic 200 an Nagra Classic Amps.