Die weckt rein optisch keinerlei Assoziation an Studioequipment. Mit ihrer hohen, schlanken Form und der perfekten Oberfläche wirkt sie ausgesprochen elegant und hat nach meinen bisherigen Erfahrungen einen ausgesprochen hohen Wife Acceptance Factor: Statt im Flur auf ihren Einsatz im Hörraum zu warten, durften die MSMs1 auf Wunsch meiner Gattin die Zeit im Wohnzimmer verbringen, wo sie nicht nur optisch eine gute Figur machten. Selbst unter den hier nicht optimalen Bedingungen – im diesem Raum habe ich keinerlei Hifi-Hoheit – bezauberten die Manger mit einer so ungeheuer stimmigen, von jeglichen Effekten freien und detailreichen Wiedergabe, dass der unvermeidliche Umzug in den Hörraum nicht ohne einen Anflug von Trennungsschmerz vonstatten ging.
Dort steht dann eben wieder die Beschäftigung mit Hifi statt purem Musikgenuss auf dem Programm: Ich kenne keinen rationalen Grund für die Ablehnung von Aktivlautspechern. Das Signal lässt sich auf Line-Level leichter und verlustfreier in die für die einzelnen Chassis geeigneten Frequenzbereiche aufteilen. Durch die direkte Kopplung der Endstufen an die Treiber wird der volle Dämpfungsfaktor der Verstärker wirksam und selbst Frequenzgangkorrekturen sind mit geringem Aufwand möglich. Ob viele Hifi-Begeisterte der Qualität der eingebauten Verstärker nicht trauen, die Möglichkeit nicht missen möchten, ihre Anlage schrittweise durch den Austausch von Komponenten zu optimieren, oder einfach mit Kabeln und Verstärkern experimentieren wollen und deswegen Aktivboxen links liegen lassen, kann ich nicht beurteilen. Tatsache ist aber leider, dass das technisch überlegene Konzept nicht den Marktanteil hat, der ihm eigentlich gebührte. Genau so verwunderlich ist es, dass der bereits in den 70-er Jahren vorgestellte und seitdem beständig weiterentwickelte Manger-Schallwandler noch immer nicht mehr Verbreitung gefunden hat: Er deckt in seiner heutigen Version einen Frequenzbereich von 80 bis 40000 Hertz ab, auch wenn er in der MSMs1 erst ab 330 Hertz arbeitet, um höhere Pegel zu realisieren, und hat eine Anstiegszeit von nur 13 Mikrosekunden. Zudem weist der Manger-Wandler eine nahezu ideale Sprungantwort auf, die einer konventionellen Mehrwegebox prinzipbedingt verwehrt bleibt. Aber gerade Einschwingvorgänge sind für das Erkennen und Orten von Stimmen und Instrumenten von großer Bedeutung.
Wer sich auch nur ein wenig mit den verschiedenen Schallwandlerprinzipien beschäftigt hat, wird dem Manger-Wandler gewiss schon begegnet sein. Daher erspare ich Ihnen und mir eine detaillierte Funktionsbeschreibung und beschränke mich auf einige wenige Fakten: Anders die Membran eines konventionellen dynamischen Schallwandlers führt die Membran des Manger-Wandlers keine kolbenförmigen Bewegungen aus. Eine schon im Jahre 1969 patentierte Doppelschwingspule, die sich bei deutlich reduziertem Gewicht wie eine sehr lange, lineare Hübe garantierende Spule verhält, versetzt eine sogenannte „biegeweiche Platte‟ in Schwingungen, die sich vom Zentrum zum Rand der Platte ausbreiten. Die Eigenschaften der Platte sollen sich an der Basilarmembran des menschlichen Ohres orientieren: Ihre Steifigkeit nimmt von innen nach außen in einem gleichen Verhältnis zu. Bei der Platte des Manger-Wandlers laufen hohe Frequenzen im inneren Bereich der Membran schnell aus, die langen Wellen tiefer Frequenzen gelangen hingegen konzentrisch bis an den Rand der Platte zum Sterndämpfer, wo sie absorbiert werden, so dass es nicht zu Reflexionen vom Rand kommen kann.
Dieser ungewöhnliche Schallwandler wird in der MSMs1 mit einem konventiellen 20-Zentimeter-Bass-Chassis verbunden, dessen Glasfaser-Polyester-Sandwich-Membram von einer Schwingspule mit 38 Millimeter Durchmesser angetrieben wird. Die Elektronik-Einheit stellt dem Manger-Wandler 180 und dem Bass-Chassis 250 Watt zur Verfügung. An der Vielzahl der Anpassungsmöglichkeiten an unterschiedlichste akustische Raumgegebenheiten erkennt man noch, dass die MSMs1 ihre Wurzeln im Studiobereich hat. Aber weder in unserem Wohnzimmer noch im Hörraum habe ich auch nur die geringste Veranlassung gehabt, einen der Schalter oder Steller aus seiner Null-Position zu bewegen – bis auf die Pegelschalter, die in der Verbindung mit der Brinkmann Marconi für eine höhere Eingangsempfindlichkeit sorgten als zuvor beim Zusammenspiel mit der Higher Fidelity-Vorstufe. Auch bei der Aufstellung erweisen sich die MSMs1 als unkritisch: Wenn sie auf den Hörplatz oder einen Punkt etwa 50 Zentimeter davor ausgerichtet werden, erlauben sie den vollen Musikgenuss auf zwei Plätzen nebeneinander. Hier muss man nicht allein sklavisch an einem Sweetspot verharren.