Dennoch, die Phonar machen mehr daraus: Malias Gesang erklingt mit einem deutlich energischeren Ansatz, ihre Stimme bekommt zuvor nicht erlebte Kontur. Schon jetzt wird erkennbar, dass der Virtus viel mehr kann als Gelassenheit, Homogenität, Bühne und authentische Klangfarben zu vermitteln. Jetzt fasziniert mich bei der minimalen Instrumentierung der Gesang noch mehr. Die Augen zu schließen ist nicht mehr nötig, um die Interpretin mit noch klarer umrissener Gestalt und feinst artikuliertem Gesang zwischen den Boxen stehend zu erleben. A Tribute to Charlie Parker with Strings (Qobuz 44/16) von Charlie Watts mit Rolling Stones Background-Sänger Bernard Fowler als Erzähler einer originell formulierten Vita, begeistert mich sofort wegen einer bislang an den Phonar mit anderen Verstärkern kaum erlebter räumlichen Ordnung. Die Lautsprecher existieren körperlich nicht mehr. Die Bühne scheint breit aber nicht sphärisch. Denn Instrumente und Stimme stehen an ihrem Platz und sprühen vor Klangfarben und Dynamik. Ich höre das Fell der Trommeln nachschwingen. Das Altsaxophon von Solo-Star Peter King prustet kraftvoll seine satten, konturenreichen Klänge in meinen Hörraum. Ordnungssinn hat der Canor ebenso wie Esprit und ein Faible für Klitzekleinigkeiten, die manch Mitbewerber vielleicht lieber mit Opulenz überlagert. Alle Instrumente, egal ob Trompete oder Piano oder das im Hintergrund vorwärtstreibende Schlagzeugspiel von Charlie Watts wirken bestechend echt. Und das Rhythmusgefühl, der musikalische Fluss stimmen ebenso und reißen mit. Der tiefere Bass erklingt stets genauestens artikuliert, Becken des Drumsets glitzern und glänzen metallisch, offen und unaufdringlich. Die Atmosphäre, das Gefühl bei dieser Live-Aufnahme im Birminghamer Ronnie Scott´s dabei zu sein, krönt das Erlebnis.
Eigentlich möchte ich dieses mit soviel Schwung und Leichtigkeit in meinen Hörraum eingebrachte Konzert einfach genießen, zwinge mich aber doch aus des Testers Pflichtbewusstsein auf Trioden-Betriebsart umzuschalten. Dazu wähle ich bei einem Pegel von -24 Dezibel das Stück „Just Friends“ aus, da nach einer Konzertpause mit ein wenig Instrumente-Stimmen beginnt und gleich das Club-Feeling spürbar werden lässt. Die Intro-Geräuschkulisse gerät bei Triode eine Spur näher, was mich erst einmal positiv überrascht, das folgende „Just Friends“ ist etwas wärmer und dichter gezeichnet. Das mag Geschmackssache sein, wirkt auf mich aber vergleichsweise ein wenig langweilig. Auch das folgende „Cool Blues“ bestätigt diesen Eindruck deutlich. Versuche ich es mal mit Brahms Piano Quartet No.1 mit dem Fauré Quartet bei -18 Dezibel: Schon mit dem Allegro zeigt der Trioden-Modus bei dieser knochentrockenen, temperamentvollen Einspielung, wie hilfreich er sein kann. Denn er verleiht dieser sehr schönen, transparenten Aufnahme dank einer Priese Wärme mehr musikalische Geschlossenheit und fördert die Lieblichkeit der Streicher. Das alles wohl dosiert und, wie ich finde, dem Werk und seinen Interpreten nichts raubend, sondern dienlich. Also schön, dass diese Option existiert, auch wenn ich mich insgesamt als Hörstandard für Ultra-Linear entscheide und diesen auch für symphonische Musik einstelle. Meine Wahl fällt auf Gustav Mahler, Symphony No. 3 mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Mariss Jansons.
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