In meiner Anlage stehen nun mein Oladra G3 und der neue Oladra G4 nebeneinander, beide mit Audioquest Hurricane Netzkabeln am Audioquest Niagara angeschlossen. Hier gleiche Bedingungen zu schaffen, ist kein Problem. Schwieriger ist es beim USB-Kabel und bei Roon als Server- und Player-Software. Der Wechsel des USB-Kabels von einem Oladra zum anderen und auch die jeweilige Zuordnung zu Roon sind jeweils zeitraubend und erfordern manchen Neustart. Die Computer im Oladra brauchen recht lange beim Herunter- und Hochfahren. Das ist aber nur bei einem direkten Vergleich lästig, im wirklichen audiophilen Leben hat das wohl keine Bedeutung. Ich wähle für den Hörtest die USB-Anbindung an den D/A-Wandler, weil dies der gängigste Weg ist, obwohl die I2S-Schnittstzelle bei beiden Oladra noch besser klingt: Die Musik spielt greifbarer, eine Spur trockener und vor allem noch ein wenig mitreißender. Aber I2S ist nun mal kein Standard. Später werde ich USB auch mit AES/EBU vergleichen. Dafür nutze ich zwei Habst Kabel, das USB Ultra-3 und das DIII AES/EBU, zwei hinsichtlich ihres klanglichen Charakters sehr nahe Verwandte, was den Schnittstellen-Vergleich überhaupt nur sinnvoll macht.
Der neue Oladra ist inzwischen deutlich mehr als einhundert Stunden eingespielt. Mit der Zeit wird er wohl dennoch geringfügig an Homogenität zulegen, so war es zumindest bei meinem eigenen Exemplar. Die klanglichen Unterschiede sind mehr als deutlich, trotz der langwierigen Umschalterei. Eva Cassiday singt auf ihrem Live-Album Nightbird nun nicht nur mit einer glaubwürdigeren, vollbrüstigen und faszinierenden Stimme, auch die sie begleitenden Instrumente erlebe ich mit mehr Intensität im Grundton, was zu einem authentischeren Klangbild führt. Dabei verliert die Auflösung und die räumliche Darbietung, die die Akustik im Blues Alley-Jazzclub erahnen lässt, in keiner Weise. Die Musik erlebe ich über den G4 emotionaler, auch weil sie schöner, etwas schmeichelhafter klingt. Das wirkt aber nicht übertrieben und schon gar nicht einlullend, sondern scheint mir musikalisch richtig und lässt mit Leichtigkeit in diesem einmaligen Konzert ein Dabeisein-Gefühl entstehen. Ähnlich empfinde ich, wenn Eric Clapton sein „Old Love“ vom Album Unplugged (Live) zum besten gibt. Wirklichkeitsnahe Stimmwiedergabe auch hier, gepaart mit einem begeisternden farbenreichen Klang der Saiten seiner Gitarre. Dank einer wohldosierten Menge mehr an Grundton-Energie klingt der Oladra G4 plastischer und musikalisch stimmiger, so dass ich das Gefühl habe, mehr Feinheiten zu erleben. Das Upgrade scheint auch der räumlichen Darstellung noch eine Spur mehr Stabilität zu geben. Der klangliche Unterschied zwischen den beiden Oladra liegt nicht in der Größenordnung wie seinerzeit beim Vergleich K-50 mit dem ursprünglichen Oladra. Dennoch ist der G4 musikalischer und spielt faszinierender, einfach weil er noch mehr Details vermittelt und dabei auch noch ein für mein Empfinden genau richtiges Maß an Schönheit im Klangbild mitbringt. Das erlebte ich auch mit der Highres-Version von Neil Diamonds bekanntem Album Hot August Night. Der Open-Air-Live-Auftritt im Greek Theater in Los Angeles wird vom neuen G4 derart packend intoniert, dass man die vielen Nebengeräusche wahrnimmt, ohne sie als störend zu empfinden, und das Gefühl bekommt, den Bewegungen des Sängers folgen zu können. Die Atmosphäre wird in einer solchen Realitätsnähe vermittelt, dass ich das Konzert komplett hörte, obwohl dies eigentlich heute nicht mehr meine Musik ist. Was deutlich auffällt, ist bei allen Musikstücken die eindeutig realistischere Reproduktion durch die gesteigerte Grundton-Intensität. Beim Schlagzeug hört man dies stets sehr klar. Da bekommen die einzelnen Trommeln jetzt ihre typische Klangfarbe, so dass man sie nun mit Leichtigkeit identifizieren kann. Deren Bespannung klingt farbintensiver und länger nach – ganz klar ein musikalischer Fortschritt. Jetzt könnte man möglicherweise denken, dass in einer Anlage, die schon grundtonstark abgestimmt ist, der Oladra G4 zu viel des Guten tut. Das glaube ich deshalb nicht, weil die Informationsfülle und -Qualität, die den G4 im Vergleich zu seinem Vorgänger überlegen macht, in mindestens gleicher Weise überzeugt wie seine musikalische Schönheit. Beides Dinge, die kaum nachträglich generiert werden können, wenn das Quellgerät sie nicht bietet. Diese Fähigkeiten des Oladra G4 machen auch hinsichtlich des feindynamischen Empfindens einen Unterschied, einfach weil mehr Information zu hören ist oder authentischer kommuniziert wird.
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