Die bisher gezeigten Fähigkeiten im Bass sind der Grund dafür, dass ich zwei Neuerwerbungen von Qobuz erstmals mit dem Stealth darauf hin überprüfe, ob sie mich in digitaler Version ebenso begeistern können, wie das vor Jahrzehnten die LPs taten: Da wäre zum Ersten Stanley Clarks Journey To Love mit „Silly Putty“ dem packenden Zusammenspiel von Slap-Bass, Drums, Gerorge Dukes Synthys und einer neunköpfigen Bläser-Sektion: Das Stück, das ich erstmals in den Achtzigern in einem Münsteraner Hifi-Studio über eine unglaublich erwachsen klingende Minibox mit großer Passiv-Membran auf der Rückseite und danach als Testscheibe auf meinen wechselnden Ketten gehört habe, hat nichts von seiner Faszination verloren: Auch das File vermittelt die Illusion, man könne in der ungeheuren Energie von „Silly Putty“ baden – und das bei einen Kopfhörer, dem Stealth.
Das zweite Stanley-Clark-Album ist If This Bass Could Only Talk mit zwei Stücken, die mir damals wie zeitgenössische Varianten von Dick Schorys „Buck Dance“ erscheinen wollten: Auf dem Titelstück und „Basically Taps“ tritt zwar statt zweier nur ein Tapdancer auf und statt vom vielköpfigen Percussion Ensemble wird er nur von Stanley Clarks Alembic-Bass begleitet, aber Tempo und Intensität des Duos lassen die große Besetzung der berühmten RCA-Scheibe schnell vergessen – zumindest bei der LP und über ausgewachsene Lautsprecher. Anfangs ließ mich das erste Stück seltsam unberührt, beim zweiten war es vor allem die Präzision und Informationsfülle der Wiedergabe, die mich ansprach. Aber die LP hatte über Boxen emotional mehr zu bieten. Bei einen zweiten Versuch mit den relativ leisen Sound-Files stand der Pegelregler des Phonitor – trotz der Zwölf-Dezibel-Anhebung – auf fast zwei Uhr und die zuvor aktive und klanglich förderliche Crossfeed-Matrix war ausgeschaltet: So kamen die beiden Titel deutlich emotionaler rüber – auch wenn sie von der Vinylscheibe zumindest in meiner Erinnerung noch intensiver wirkten. Aber ich will hier die Analog/Digital-Diskussion nicht unnötig wiederbeleben und verzichte darauf, den Phonitor mit der Einstein Phonostufe zu verbinden.
Interessanter erscheint mir da, ob der Stealth bei symmetrischer Ansteuerung klanglich noch ein wenig zulegen kann. Freundlicherweise hatte Carsten Hicking dem Stealth ein zweites „Vivo Super-Premium Headphone Cable“ von Dan Clark Audio beigelegt, eines gehört zum Lieferumfang, das zweite steht mit knapp 330 Euro in der Preisliste. Für den Vergleich habe ich keines der teils spektakulären Teststücke ausgewählt, sondern „Deep As Love“ vom Album Changing Places des Tord Gustavsen Trios. Der ruhige, harmonische Titel hatte mich schon beim Test des Ferrum OOR mit seiner Intensität und Binnendynamik begeistert. Hier macht sich übrigens die Aktivierung der Crossfeed-Matrix des Phonitors wieder positiv bemerkbar. Schon über die unsymmetrische Verbindung verwöhnt der Stealth mit einer Woge aus Wohlklang und lässt einen in Melodien schwelgen. Bei symmetrischer Ansteuerung spielt er natürlich lauter, aber es ist recht schwer, den bisherigen Pegel wieder einzustellen, denn nun ist das Klangbild noch feiner durchgezeichnet und luftiger und die Anschläge kommen noch eine Spur druckvoller. Ich bin sicher, dass ich den Pegel in mehreren Schritten schließlich niedriger eingestellt habe als bei der unsymmetrischen Anschlussvariante. Dennoch gerät die Wiedergabe noch eine Spur lebendiger und frischer. Der Stealth macht die Qualität seiner Ansteuerung unmissverständlich klar.
Auch wenn ich das Ergebnis schon zu kennen glaube, vergleiche ich den Stealth abschließend noch einmal mit dem Peacock. Beide sind dabei direkt, also ohne die Verwendung von Adaptern, mit dem symmetrischen Ausgang des Phonitor verbunden. Zuerst höre ich mit richtig Spaß mal wieder Stevie Ray Vaughans „Tin Pan Alley“ als 176,4-Kilohertz-Version über den Peacock. Dynamik, Klangfarben und Druck im Tieftonbereich: alles bestens. Nur leider verwöhnt einen der Stealth in allen Kategorien mit noch ein wenig mehr. Einfach fantastisch! Dazu kommen noch ein paar zusätzliche Details und eine etwas bessere Durchzeichnung – auch wenn es bei diesem Song die Störgeräusche der Gitarren-Effektgeräte sind, die man auf dem linken Kanal deutlicher hört.
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