tests/17-08-21_mytek
 

Mytek Manhattan II

21.08.2017 // Dirk Sommer

Die S/PDIF Eingänge 2 und 3 lassen sich per Menu auch als SDIF-3-Eingänge für DSD-Daten konfigurieren, das Clock Signal wird dann an WKC IN angeschlossen
Die S/PDIF Eingänge 2 und 3 lassen sich per Menu auch als SDIF-3-Eingänge für DSD-Daten konfigurieren, das Clock Signal wird dann an WKC IN angeschlossen

Einen Anschluss für ein externes Netzteil braucht der Manhatten II nicht: Er verfügt, wie gesagt, ja sogar über zwei lineare Stromversorgungen. Ich benutze ihn natürlich zuerst einmal als reinen Wandler. Obwohl ich kurz zuvor noch Chord Electronics' DAVE samt BLU MkII im USB-Upscaler-Modus, also mit 705,6 Kilohertz gehört habe – fehlt mir beim nicht einmal ein Drittel so teuren Mytek rein gar nichts: Keith Jarrett, Gary Peacock und Jack DeJohnette swingen bei „God Bless The Child“ vom Album Standards, Vol. 1, als ob es kein Morgen gäbe. Ich hoffe ich habe Sie mit diesem Test-Track nicht allzu sehr gelangweilt, wenn ich ihn immer auf den Plattenteller gelegt habe. Vor kurzem habe ich die 192-Kilohertz-Variante bei HighRes-Audio heruntergeladen, war aber beim ersten Hören über die Kette im Wohnzimmer wenig begeistert von der Musik-Datei. Da fehlte es mir einfach ein wenig an Lebendigkeit, Wärme und Luftigkeit. Davon kann nun weder bei den Chords noch beim Manhattan II die Rede sein: Der Song entwickelt hier seinen unnachahmlichen Groove, so dass es schwer fällt, die Hände auf der Tastatur zu lassen, statt den Takt mit zu klopfen. Snare und Hi-Hat treiben das Geschehen voran, kommen aber ohne jeden Anflug von Nervigkeit rüber und der Bass besitzt einen derartigen Punch, dass ich das Vinyl nicht im mindesten vermisse.

Die Vorstufe des Manhattan besitzt drei Eingänge, davon einen symmetrischen. Nach Einbau der Phonoplatine wird ein paar Cinch-Buchsen zum MM/MC-Phono-Eingang
Die Vorstufe des Manhattan besitzt drei Eingänge, davon einen symmetrischen. Nach Einbau der Phonoplatine wird ein paar Cinch-Buchsen zum MM/MC-Phono-Eingang

Bevor die Klangbeschreibung zur Lobhudelei verkommt, wechsele ich lieber noch einmal zum DAVE zurück, der seine Daten jetzt wie der Manhattan II direkt vom Aries Femto bezieht: Gut, die Instrumente umgibt jetzt noch ein wenig mehr Luft, aber ganz so emotional wie der Manhattan II geht der DAVE nicht zur Sache. Ich habe das Gefühl, die Musik würde mit minimal verzögertem Tempo wiedergegeben, was einem aber auch mehr Zeit gibt, einige Feininformationen – wie etwa die über den Raum – klarer wahrzunehmen. Der deutlich teurere DAVE entspricht wohl eher den hehren Ansprüchen der High Fidelity, macht aber zumindest ohne den BLU MkII eine Spur weniger Spaß. Statt weiterer Erbsenzählerei genieße ich noch ein Stück des Albums, das Stones-Drummer Charlie Watts mit der Danish Radio Big Band eingespielt hat, und das ich kürzlich als 24/48-Datei bei HighRes-Audio erworben habe, „You Can't Always Get What You Want“: Dank des Mytek bekomme ich aber alles, was ich mir wünsche: Bläsersätze mit feinen Anblasgeräuschen, satte Klangfarben, messerscharfe Breaks, einen mächtig grummelnden E-Bass und dazwischen ein paar Hammond-Sounds: eine heftig brodelnde Melange, die rhythmisch mitreißt – und einen trotzdem mit einer Fülle von Details verwöhnt. Grob- und Feindynamik vom Feinsten – ein Hochgenuss!

Aber ich schreibe ja nicht nur zum eigenen Vergnügen und sollte Ihnen verraten, wie gut der Manhattan II als Kopfhörerverstärker agiert. Dazu verbinde ich seine XLR-Ausgänge mit dem Bryston BHA-1, der für mich in Sachen symmetrischer Verstärkung das Maß der Dinge ist. Über die beiden 6,3-Millimeter-Klinkenbuchen, an denen das Signal einmal phasenrichtig und einmal um 180 Grad gedreht anliegt, und einen Adapter kann der Manhattan II ja auch Kopfhörer mit symmetrischer Verkabelung und vierpoligem XLR-Stecker treiben. Um es ihm nicht zu leicht zu machen, wähle ich den Audeze LCD-X mit einer Impedanz von nur 20 Ohm. Da es hier nicht zuletzt um Stromlieferfähigkeit geht, wähle ich als ersten Songs „Pork Pie Hat“ von Dave Hollands Solo-Bass-Album Ones All. Der Mingus-Titel wird über den LCD-X zum Hochgenuss: Detail wie Griffgeräusche oder das Atmen Hollands gibt’s in Hülle und Fülle, die unbegrenzt wirkende Dynamik lässt einen den Bass beinahe fühlen und die Wiedergabe wirkt so offen und frei, dass man schon nach Sekunden nicht mehr davon irritiert wird, dass die Musik nicht wie bei Lautsprechern von vorne kommt. Der Manhattan II treibt den Audeze so souverän, dass ich ohne große Erwartungen zum Bryston wechsle: Der hat den LCD-X natürlich genau so fest im Griff, verleiht der Wiedergabe sogar noch einen Hauch mehr Luftigkeit. Da muss man wohl ein Kopfhörer-Aficionado sein, um für diese minimale Verbesserung in den Bryston zu investieren.


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