Historisch betrachtet wurde die Beam Power Tetrode in den 30er Jahren entwickelt um das Patent der Firma Mullard/Philips für die Pentode zu umgehen. Bei einer reinen Tetrode würden die Elektronen durch das Schirmgitter zusätzlich beschleunigt und mit hoher Geschwindigkeit auf die Anode prallen. Dies würde zu einem entgegen gesetzten Sekundärstrom führen, der den eigentlichen Anodenstrom maßgeblich behindern kann und zu einem deutlichen Knick in der Kennlinie führen würde. Um diesen Effekt zu umgehen, enthält die Beam Power Tetrode ein speziell geformtes Blech zwischen Schirmgitter und Anode, das mit der Kathode verbunden ist. Durch diese Konstruktion verschwindet der Knick in der Kennlinie, daher auch die Bezeichnung „KT“ für Kinkless Tetrode. Bei dem hier eingesetzten Modell KT88 handelt es sich um ein Design aus dem Jahre 1956. Im Scorpio sind sie in klassischer Push-Pull Konfiguration geschaltet. Ein Zweitakter sozusagen. Dies erklärt auch die relativ hohe Ausgangsleistung bei nur zwei eingesetzten Endröhren. Wobei theoretisch noch mehr drin wäre, allerdings wohl auf Kosten der Standzeiten der KT88.
Was man bei HiFi-Verstärkern mit KT88 Röhren öfter findet – oder generell bei Mehrgitterröhren - ist eine Umschaltmöglichkeit zwischen Pentoden- und Triodenbetrieb. Man kann damit innerhalb gewisser Grenzen den Klang etwas verändern. So auch hier, bewerkstelligen lässt sich dies mittels eines kleinen Druckschalters auf der Rückseite des Gerätes, die Betriebsart wird mit einer roten LED auf dem Chassis angezeigt. ABER: dieser Schalter ist eine letale Waffe zum Killen der Endröhren, ihn darf man nicht im laufenden Betrieb betätigen! Darauf weist auch das Manual ausdrücklich hin, nachdem ich aber davon ausgehe, dass Sie Manuals genauso gerne lesen wie ich... Wobei natürlich gesagt werden muss, dass sich im Triodenmodus das Schirmgitter nicht plötzlich in Luft auflöst, sondern lediglich mit der Anode verbunden wird. Üblicherweise. Jedenfalls erreichen die Verstärker im Triodenbetrieb 25 Watt Ausgangsleistung und im Pentodenbetrieb 45 Watt. Für Ayon-Verhältnisse schon fast untermotorisiert, wenn ich da an die Epsilon Modelle vom Kollegen Sommer denke. Allerdings dürfte sich die Suche nach einem passenden Lautsprecher auch mit der Scorpio deutlich vereinfachen.
Ansonsten sieht man noch eine 6189 JAN, dem amerikanischen Pendant einer ECC82 und eine 12AX7 respektive ECC83. JAN ist übrigens die Abkürzung für Joint (!) Army Navy. Joint erklärt vielleicht so manches. Jedenfalls werden diese Röhrentypen häufig als Treiber beziehungsweise in der Phasenumkehrstufe eingesetzt, so auch im Scorpio. Im Grunde genommen also nichts Ungewöhnliches, muss es ja auch nicht sein. Letztlich hängt das klangliche Ergebnis von der Ausführung und der Qualität der verwendeten Komponenten ab. Und von der Schaltung natürlich.
Nun sind Röhren Verschleißteile, die eben altern und sich somit ihr Arbeitspunkt verschiebt. Dummerweise ist der Alterungsprozess auch bei Röhren gleicher Bauart nicht gleich. Aus diesem Grunde muss man den Ruhestrom – BIAS- auf Neudeutsch immer wieder einmal nachjustieren. Nun gibt es immer wieder Liebhaber von Röhrenverstärkern, die erst gar nicht wissen wollen, dass man den BIAS einstellen kann. Für diese Fans hat Gerd Hirt etwas Passendes parat: eine Auto-BIAS Schaltung. Diese ist übrigens in allen Endverstärkern des Hauses integriert.
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