Der Taurus MKII bezieht sein Signal vom M2Tech Young DSD, der vom van-der-Graaf-Netzteil mit Energie versorgt wird. Nach einer mehrtägigen Einspielphase beginne ich mit dem unsymmetrisch verkabelten Audeze EL-8 Closed Back und Wolfgang Puschnig und Steve Swallows wunderbarer Version von „In A Sentimental Mood“ vom Quinton-Album Grey: Die innere Ruhe und Entspanntheit der Interpretation, die Schönheit der Klangbildung von akustischer, aber dennoch verstärkter Bassgitarre und Saxophon, die Intimität der Aufnahme auf der einen und der Kopfhörerwiedergabe auf der anderen Seite bringen mich der Musik so nahe, dass ich einfach nur genieße, Ihnen diese Scheibe ganz nachdrücklich ans Herz lege und mir zum Vergleichen weniger Anrührendes suche. Für den jetzt nötigen Drive sorgen Van Morrison und John Lee Hooker mit ihrer Cover-Version von Gloria auf Too Long in Exile: Den beiden erfahrenen Bühnen-Profis gelingt es ganz hervorragend, den alten wohlbekannten Song enorm spannend zu gestalten. Hookers Beginn zu sparsamer, verhaltener Begleitung, dann Morrisons Einsatz, der die Spannungskurve anzieht, und die auf dem Weg zum beinahe explosiven Refrain nach und nach hinzukommenden Instrumente erzeugen eine Dynamik, die einen zwingt, den Lautstärkeregler ein gutes Stück nach links zu drehen, wenn man den Song im Pegel ein wenig zu heftig angegangen hat. Der Auralic bietet schon im unsymmetrischen Betrieb eine Intensität, die selbst oft gehörte Songs zum Erlebnis werden lassen. Auch über den Bryston BHA-1 entfaltet der Spannungsbogen seine Wirkung, allerdings nicht mit ganz derselben Stärke wie beim Taurus, was an der einen Tick unterschiedlichen Tonalität liegen dürfte: Der Auralic ist einen Hauch heller timbriert als der Bryston, der dennoch mindesten ebensoviele Details präsentiert wie der Taurus.
Die beiden Verstärker spielen auf demselben hohen Niveau und die Unterschiede zwischen Ihnen sind deutlich geringer, als der Versuch, sie zu beschreiben, vermuten lässt. Wo ich gerade bei Van Morrison bin, ziehe ich auch noch seine Interpretation eines meiner Lieblingssong, „St. James Infimary“ vom Album What's Wrong With This Picture?, in die Amarra-Playlist. Der Bryston wirkt auch hier eine minimale Spur dunkler, aber dennoch genauso offen und feinzeichnend wie der Auralic, der Van Morrisons Vortrag mit einer Prise zusätzlicher Dramatik würzt. Für's erste hat der Bryston jetzt Pause, da ich erst einmal herausfinden muss, ob der Auralic den symmetrisch verkabelten Audeze LCD-X im symmetrischen oder unsymmetrischen Betrieb besser im Griff hat. Dazu habe ich einen recht basslastigen Track ausgesucht: Jonas Helborgs „Wounded Knee“ von der CD The Silent Life. Da bedarf es keines mehrmaligen Hin- und Herschaltens um zu erkennen, in welcher Betriebsart der Taurus die Bewegungen der großen Folien des LCD-X besser kontrolliert. Die symmetrisch arbeitenden ORFEO-Module sorgen so eindeutig für mehr Offenheit und einen präziseren Tieftonbereich und damit subjektiv auch für mehr Schnelligkeit, dass die Frage „Symmetrisch oder nicht?“ ein für alle Mal geklärt ist.
Bevor ich mich weiteren Vergleichen widme, genieße ich noch einmal „In A Sentimental Mood“, das zum Dahinschmelzen schöne Duet von Steve Swallows Bass und Wolfgang Puschnigs Saxophon. Das kommt über den symmetrisch ansteuerten LCD-X noch souveräner, lockerer und emotional ansprechender rüber. Allein das intensivere Knarzen des Basses sorgt zumindest bei einem Tiefton-Fan wie mir für noch mehr Genuss. Nein, auch jetzt werde ich diesen großartigen Song nicht zum Vergleichen missbrauchen. Dafür nehme ich lieber einen in letzter Zeit seltener benutzten Test-Klassiker: „Davy The Baby“ von Marty Krystalls Album Seeing Unknown Colors. Wie viele, wahrscheinlich unkomprimierte Aufnahmen mit viel Luft nach oben für kurze Impulse kommt der Song recht leise daher und auch nicht ganz so brillant wie ich ihn von der Wiedergabe über Lautsprecher in Erinnerung habe. In den Frequenzbereichen darunter überzeugt die Einspielung aber durch ungefilterte Dynamik und schöne, realistische Klangfarben – vom letzten Glanz der Becken einmal abgesehen. Daran ändert erwartungsgemäß auch der Wechsel auf den Bryston nichts. Die beiden Verstärker machen es einem nun wirklich nicht leicht: Sie weisen im symmetrischen Betrieb so gut wie keine Unterschiede auf. Mal erscheint der eine minimal mehr Drive zu entwickeln, mal der andere. Da entscheiden ein, zwei Grad mehr oder weniger beim Dreh am Lautstärkeregler. Und leider kann ich die Lautstärke der Kopfhörerwiedergabe nicht exakt messen. Da komme ich mit dem üblichen A/B-Vergleich nicht weiter. Nach längerem Hören der beiden Kopfhörerverstärker stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass der Bryston die Instrumente mit ein ganz klein wenig mehr Luft umgibt, der Auralic minimal spielfreudiger und dramatischer zur Sache geht. Da entscheiden Geschmacksfragen, hier geht es nicht um Qualitätsunterschiede.