Etwas schlucken muss ich bei der Ausgangsleistung. Gerade mal 27 Watt pro Kanal stemmen die KT 88. Obwohl das für die Art der Schaltung bemerkenswert viel ist und Röhrenwatt bekanntlich ja (mindestens) doppelt gerechnet werden müssen, überkamen mich Zweifel. Meine Spendor haben für heutige Verhältnisse zwar keinen besonders schlechten, mit 85 Dezibel pro Watt und Meter aber auch keinen hohen Wirkungsgrad. Fragen bezüglich der Kombination beantwortete Frau Knorn vom Vertrieb mit dem Hinweis, dass bisher keine Unverträglichkeiten mit Lautsprechern bekannt seien. Na dann ist ja gut. Aber trotzdem…
Ok, der Sinfonia möchte also wie ein normales Gerät behandelt werden, dann tun wir ihm diesen Gefallen. Mir geht ja auf die Nerven, dass reine Röhrenvollverstärker in Tests oft nur mit klassischer Musik gefüttert werden – gern kleine Besetzungen– ansonsten mit Singer/Songwritern oder altem Jazz, an besten in Mono vom alten TD-124 mit EMT- oder Ortofonarm und SPU. Nur so können sie ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten wirklich vermitteln. Soweit das gängige Vorurteil. Nichts da, ich bin eigentlich für Hifi zuständig, das Ding kostet 5000 Stecken und jetzt mal Butter bei die Fische!
Von den angeführten Klischees will der Unison tatsächlich nichts wissen. Es dauert zwar eine Minute nach dem Einschalten, bis ihm Töne entströmen, und die sind anfänglich auch noch wie aus dem Nebenraum, aber schon innerhalb von fünf Minuten hat er sich gefangen, nach 20 Minuten Aufwärmphase ist er voll da. Gemessen an einigen Konkurrenten aus dem transistorisierten Lager, wo der rechte Arbeitspunkt der Geräte erst nach mehrtägigem oder sogar -wöchigem Betrieb erreicht werden soll, gibt sich der Unison reichlich unkapriziös.
Am Anfang verfalle ich übrigens tatsächlich darauf, das Gerät ob seiner schmächtigen Leistung und all der Vorurteile mit Schonkost zu hören, was Blödsinn ist. Der Unison Sinfonia ist einfach nur ein Verstärker. Und zwar ein unglaublich guter. Punkt. Nö, nicht Punkt, sonst wäre hier Schluss.
Was die Abbildungsgröße angeht, ist das Klischee erfüllt: Der Raum vor, hinter, über und neben den Lautsprechern ist komplett gefüllt und definiert und so ausgedehnt, dass ich ihn mal „begehbar“ nenne. Alles ist realistisch groß, was bei den Spendor – man kann ihnen eigentlich nichts vorwerfen, aber groß abbildend spielen sie nicht wirklich – nicht so alltäglich ist. Dabei werfen sie einen tiefen, absolut kontrollierten Bass in den Raum, dass mir erst mal angst und bange wird. Diese schlanken, kleinen Säulchen sollten rein physikalisch nicht zu so etwas in der Lage sein. Sind sie aber und das ab Zimmerlautstärke aufwärts dank des Sinfonia, der sie an die ganz kurze Leine nimmt und ihnen scheinbar unmögliche Dinge aufzwingt. Und das scheinen die Spendor auch noch zu mögen. Um die spekulativ knappe Leistung mache ich mir inzwischen übrigens keine Sorgen mehr. Eher platzen meine Lautsprecher, als dass dem Sinfonia die Puste ausgeht. Bleiben wir gleich beim Bass. Anfänglich noch den eingebildeten Vorgaben folgend bekam der Unison Rickie Lee Jones, kleine Besetzungen von Debussy und Franck oder Bill Evans vorgesetzt. Klar kann er das und wie!
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